General Roberto Vannacci
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Italien

General stolpert über eigenes Skandalbuch

Mit seinem Bestseller wirbelt der hochrangige General Roberto Vannacci seit Monaten viel Staub in Italien auf. Viele sind über die homophoben und ausländerfeindlichen Ausführungen des Autors erzürnt, Exponenten der Rechten bekunden aber auch Sympathien. Am Mittwoch wurde der General vom Dienst suspendiert.

Vannacci wurde auf Entscheidung von Verteidigungsminister Guido Crosetto von der rechten Regierungspartei Fratelli d’Italia für elf Monate freigestellt, wie sein Anwalt Giorgio Carta am Mittwoch mitteilte. Zudem werden seine Bezüge in dieser Zeit um die Hälfte gekürzt. Seit 3. Dezember 2023 läuft aufgrund der von ihm verfassten Äußerungen in seinem Buch „Il mondo al contrario“ ein Disziplinarverfahren gegen Vannacci.

Das Buch verletze das Prinzip der Neutralität der Streitkräfte und beeinträchtige den Ruf des Heeres. Es habe eine „störende und spaltende Wirkung innerhalb der militärischen Struktur erzeugt“, so die Begründung für die Suspendierung am Mittwoch. Vannacci kündigte Berufung dagegen an und verwies auf das Recht auf freie Meinungsäußerung, das allen Bürgerinnen und Bürgern, auch Militärangehörigen, zustehe.

Ermittlungen wegen „Anstiftung zum Rassenhass“

Bereits zwei Tage zuvor hatte die Staatsanwaltschaft in Rom Ermittlungen wegen vermeintlicher „Anstiftung zum Rassenhass“ angeordnet, nachdem mehrere Bürgerrechtsorganisationen und die Militärgewerkschaft Anzeige erstattet hatten. Zudem laufen Untersuchungen wegen des Verdachts auf Betrug und Veruntreuung in Vannaccis Zeit als Militärattache der italienischen Botschaft in Moskau.

General Roberto Vannacci in Uniform
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Mit einem ressentimentgeladenen Skandalbuch landete General Roberto Vannacci einen Bestseller

Der General hatte vergangenes Jahr ohne Wissen von Verteidigungsminister und Armeeführung das 357-seitige Buch – eine Mischung aus Autobiografie und politisch-historischen Betrachtungen – veröffentlicht. Darin bezeichnet er Homosexuelle als „nicht normal“. Feministinnen gelten ihm als „Hexen“, muslimische Migranten würden die italienische Kultur unterminieren.

Vannacci wettert außerdem gegen die „Diktatur der Minderheiten“ und die angeblich immer mächtiger werdende „internationale Schwulenlobby“. Über die schwarze italienische Starvolleyballerin Paola Egonu schrieb der General, „dass ihre Gesichtszüge nicht italienisch sind“. Nur weißhäutige Menschen könnten echte Italiener sein, so der General. Diese Aussagen brachten ihm am Mittwoch auch eine Klage von Egonu ein.

Spannungen innerhalb der Rechten

Das Buch, von dem es inzwischen auch eine deutschsprachige Ausgabe unter dem Titel „Verdrehte Welt“ gibt, gehörte in Italien vorübergehend zu den meistverkauften Titeln. Rund eine Viertelmillion Exemplare wanderten über den Ladentisch, knapp eine Million wurden digital verkauft. Eine Welle empörter Reaktionen bei linksgerichteten Politikern folgte, während Abgeordnete der Rechten und der extremen Rechten zu dem Vorfall schwiegen. Im Dezember wurde Vannacci von der rechten Regierung von Giorgia Meloni sogar befördert.

Der Lega-Vorsitzende und Vizeregierungschef Matteo Salvini kommentierte die Suspendierung am Mittwoch auf X (Twitter): „Jeden Tag eine Untersuchung, das ist lächerlich. Wie gruselig ist der General? Es lebe die Gedanken- und Redefreiheit, es lebe die Armee und die Polizei, es leben die Männer und Frauen, die jeden Tag die Ehre, Freiheit und Sicherheit der Italiener verteidigen.“ Seit längerer Zeit wird spekuliert, dass Vannacci bei der Europawahl im Juni für die Partei Lega antreten könnte.

Der Wirbel um ihn ist ein Symptom für die Spannungen innerhalb der italienischen Rechten. Während Salvini ihm Sympathien entgegenbringt, ist er für Meloni ein Ärgernis. Einerseits sagt Vannacci mehr oder weniger, wofür auch Meloni einsteht. Sie legt großen Wert auf traditionelle Familienwerte, gibt sich als Hardlinerin und äußert sich homophob und ausländerfeindlich. Andererseits kollidieren ihre Sprüche schlicht mit der Realität und zwangen ausgerechnet Melonis Parteifreund Crosetto dazu, gegen Vannacci vorzugehen.

Zahlreiche Auslandseinsätze

Der 55-jährige Vannacci war für die italienische Armee an vielen Auslandseinsätzen beteiligt, etwa in Somalia, Ruanda, Bosnien und im Jemen. Er führte Einheiten in mehreren Spezialoperationen in Afghanistan und im Irak. Von 2020 bis 2022 war er Militärattache an der italienischen Botschaft in Moskau, bis er infolge der russischen Invasion der Ukraine ausgewiesen wurde.

Danach war Vannacci für kurze Zeit Leiter des Militärgeografischen Instituts in Florenz, bevor er zum Chef des Generalstabes der operativen Landstreitkräfte befördert wurde. Zuletzt hatte ihm die rechtsextreme Partei Forza Nuova eine Kandidatur bei der Nachwahl für den vakanten Sitz des im Juni verstorbenen früheren Ministerpräsidenten Silvio Berlusconi angeboten. Vannacci lehnte jedoch ab.