Leere Wohnung
ORF.at/Christian Öser
Wohnungsnot

Leerstandsabgabe weckt Hoffnungen

Die Länder sollen die Möglichkeit erhalten, Leerstandsabgaben einzuheben, um zumindest einen Teil der einen Million leerstehenden Wohnungen auf den Markt zu bringen. Details sind noch offen, auch gibt es Stimmen, die den Effekt einer solchen Abgabe bezweifeln. Andere sehen „großes Potenzial“, wie der Fachmann Wolfgang Amann sagt – auch wenn manche Klippe umschifft werden müsse.

Im frisch von der Bundesregierung vorgestellten Wohnpaket sorgte besonders der Punkt Leerstandsabgabe für Staunen. Jahrelang hatten die Länder die Möglichkeit gefordert, eine solche Abgabe einheben zu dürfen, nun soll es endlich so weit sein. Die Länder sollen sie künftig einführen dürfen, ebenso wie Freizeitwohnungs- und Nebenwohnsitzabgaben. Dabei muss der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gewahrt werden, wie es im Ministerratsvortrag heißt.

Dafür müsste allerdings mit dem „Volkswohnwesen“ ein Verfassungsgesetz geändert werden. ÖVP und Grüne brauchen dafür eine Zweidrittelmehrheit, also die Unterstützung durch entweder die SPÖ oder die FPÖ. Mittwochabend wurde im Nationalrat auch ein Fristsetzungsantrag der Koalition angenommen, der als „Trägerrakete“ u. a. für eine Reform der Leerstandsabgabe dienen soll, aber bisher noch nicht mit abschließenden Inhalten versehen ist.

SPÖ „gesprächsbereit“

Von der SPÖ hieß es am Mittwoch gegenüber ORF.at, man sei grundsätzlich gesprächsbereit, solange die „Regierung nicht nur Überschriften produziert“. Die SPÖ habe selbst schon vor Langem die Forderung nach einer solchen Abgabe erhoben, hieß es aus dem Büro von Parteichef Andreas Babler. Der FPÖ-Parlamentsklub ließ auf Anfrage wissen, dass man einer Leerstandsabgabe grundsätzlich ablehnend gegenüberstehe, „da diese das Grundproblem nicht behebt“.

Weitere Details zum neuen Baupaket

Nach den großen Pfeilern des neuen Baupakets der Bundesregierung, die am Dienstag vorgestellt wurden, haben ÖVP und Grüne am Mittwoch mehr Details genannt. Neben der Milliarde, die in die Aufstockung von Wohnraum fließen soll, gibt es weitere Förderungen und Hilfen.

In der Vergangenheit war die Leerstandsabgabe eine Bundesmaterie. Wien etwa hatte schon vor Jahrzehnten eine entsprechende Abgabe, diese wurde aber 1985 vom Verfassungsgerichtshof aufgehoben, ein Alleingang sei rechtlich nicht möglich, hieß es damals. Möglich war zuletzt eine Leerstandsabgabe in den Ländern, aber nur derart, dass Eigentümerinnen und Eigentümer nicht gezwungen sind, ihre Wohnungen zu vermieten. Der Effekt war daher auch überschaubar, wie der Verfassungsjurist Peter Bußjäger dem Ö1-Radio sagte.

Bisher enges Regelkorsett

Drei Bundesländer (Salzburg, Tirol und die Steiermark) haben bisher dennoch vor zwei Jahren eigene Leerstandsabgaben eingehoben, eben entlang der engen Grenzen der bestehenden Gesetze. In der Steiermark gilt die Abgabe etwa dann, wenn in der Wohnung in mehr als 26 Kalenderwochen im Jahr weder eine Meldung als Hauptwohnsitz noch als sonstiger Wohnsitz vorliegt. Die Abgabe ist gedeckelt, zudem bestehen viele Ausnahmegründe, etwa wenn es sich um eine Vorsorgewohnung für die Kinder der Eigentümer handelt.

Derzeit müsse man im Schnitt im Fall einer Eigentumswohnung mit zwei Euro pro Quadratmeter für Betriebskosten rechnen, zudem mit einem Euro pro Quadratmeter für die Rücklage, erklärte Amann vom Institut für Immobilien, Bauen und Wohnen (IIBW) gegenüber ORF.at.

In der Steiermark, Salzburg und Tirol käme hier noch einmal je ein Euro für Leerstand dazu. „Das ist schon schmerzhaft und hilft gegen das Horten von Wohnungen“, so Amann. Erhalten die Länder nun wie angekündigt mehr Kompetenzen, könnte es in Richtung zwei bis drei Euro gehen. „Das macht das Instrument griffig“ und würde einen Mobilisierungseffekt bringen, so Amann.

Es gebe rund eine Million Wohnungen im Land ohne Hauptwohnsitzmeldung, die Aktivierung eines Teils davon hätte großes Potenzial, so der Forscher und Sachverständige. „Finanzielle Anreize sind ein probates Mittel. Es gibt kein Verbot von Zweit- oder Drittwohnungen, aber einen Preis dafür. Ich denke, das ist im Wesentlichen konsensfähig.“

Gemeinden müssten ran

Doch tun sich auch Probleme auf, wie Amann anhand des Beispiels Niederösterreich aufzeigte. „In Scheibbs gibt es das Problem nicht. Wenn hier etwas länger leer steht, dann weil es keine Nachfrage gibt. Man kann die Leute dort nicht bestrafen, wenn sie ihre Wohnungen nicht vermieten können.“ Eine flächendeckende Leerstandsabgabe im Bundesland mache daher keinen Sinn, so Amann, „das muss man den Gemeinden überlassen“. In teureren Gemeinden wie Mödling wiederum sei es fraglich, ob dort das Interesse besteht, eine Abgabe einzuführen.

Auch sei die Überprüfung schwierig, ob eine Wohnung tatsächlich leer steht. Mögliches Mittel wäre die Kontrolle des Stromverbrauchs, doch diese Methode wäre nicht sehr verlässlich. Amann sprach sich für den Weg über ein Deklarationsverfahren aus: Eigentümerinnen und Eigentümer müssten einen Leerstand wahrheitsgemäß angeben. Eine Strafe würde dann nur drohen, wenn man erwischt wird. Der Teufel wird daher im Detail liegen, wie lange die Gesetzwerdung dauert, ist offen.