Eine Frau versorgt Kinder mit Essen
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Pflege, Kinderbetreuung

„Halbe-halbe“ kommt kaum vom Fleck

„Ganze Männer machen halbe-halbe“, hieß es Mitte der 1990er Jahre, als man mit einer vieldiskutierten Kampagne für eine gleichmäßigere Aufteilung von Tätigkeiten abseits der Erwerbsarbeit warb. Geht es nach aktuellen Zahlen, kommt die Idee hierzulande weiter nur sehr schleppend vom Fleck, hieß es bei einem Pressegespräch am Mittwoch.

Untermauert wird das mit der von der Statistik Austria vor Kurzem veröffentlichten Zeitverwendungserhebung 2021/22, der zufolge Männer im untersuchten Zeitraum 37 Prozent der unbezahlten Arbeit – und damit kaum mehr als noch 2008/09 – verrichteten.

In Österreich bewege sich etwas „in Richtung mehr Egalität“, dieser Prozess laufe „allerdings in sehr kleinen Schritten“ ab, erklärte die Soziologin Caroline Berghammer von der Universität Wien und vom Institut für Demografie der Akademie der Wissenschaften (ÖAW) in einem vom Wissenschaftsnetz Diskurs organisierten Pressegespräch.

Großteil weiter in Verantwortung von Frauen

Um nur drei Prozentpunkte verschob sich die Verantwortung in Richtung Männer: von 34 Prozent im Erhebungszeitraum 2008/09 auf nun 37 Prozent. Bei insgesamt in etwa gleich hoher Gesamtarbeitszeit bleibt der Großteil der unbezahlten Arbeit wie etwa die Kinderbetreuung weiter in weiblicher Hand bzw. Verantwortung. Das gelte vor allem in den mittleren Bereichen der Lebenszeit, wenn bei vielen Menschen kleine Kinder zu versorgen sind, betonte Berghammer im Vorfeld des am Donnerstag begangenen Equal Care Day.

Die Daten würden zeigen: Wirklich in Richtung halbe-halbe geht es in den Haushalten erst, wenn Frauen merklich mehr Erwerbsarbeit leisten als ihre männlichen Partner.

Vor allem „klassische weibliche Tätigkeiten“ wie Kochen und Küchenarbeit, das Putzen und die Wäsche bleiben an Frauen hängen. Garten- und Haustierversorgung sind wiederum eher gleich verteilt, während etwa Reparaturen großteils von Männerhand erledigt werden. Wie es um die „mentale Last“ – also die Verantwortung für das Denken an wichtige Besorgungen für die Familie oder etwa Arztbesuche – steht, darüber könne man nicht so genaue Aussagen treffen. Es dürften aber auch hier Frauen eher in der Ziehung sein, hieß es.

Ruf nach Vollzeit greift zu kurz

Ein durchgehender, vor allem in Österreich prominenter Trend ist die nochmalige Zunahme an Teilzeitbeschäftigungen bei Frauen vor allem, wenn Kinder oder Angehörige zu versorgen sind. Da Männer unter diesen Umständen höchst selten ihre Erwerbsarbeit reduzieren, liegt das Risiko der Armutsgefährdung nach Trennungen stark aufseiten der Frauen.

Der oft eindimensionale politische Ruf nach mehr Vollzeit greife aber zu kurz, da Frauen, die Arbeitszeit aufstocken, dann eher nur noch mehr Gesamtarbeit blüht, weil nämlich viele Männer weiterhin nicht mehr unbezahlte Tätigkeiten verrichten.

Fördert man nun Vollzeitbeschäftigung politisch, sollte man genau darüber nachdenken, was das in den Familien mit sich bringen kann, meinte Berghammer. Will man vor allem Frauen mehr in der Erwerbsarbeit halten, dann wäre man gut beraten, die Qualität der Kinderbetreuung zu erhöhen, so die Wissenschaftlerin.

Auch Angehörigenpflege „meistens weiblich“

Geht es nach Martin Nagl-Kubal vom Institut für Pflegewissenschaft der Universität Wien, ist mit „gut 70 Prozent“ schließlich auch die Angehörigenpflege nach wie vor „meistens weiblich“. Untersuchungen zeigten, dass diese Rolle oft schon in der Kindheit festgelegt wird, Frauen dadurch dann mitunter Bildungschancen nicht offenstehen und sie dann wieder in solchen Familienstrukturen mit sehr traditionellen Rollenbildern und Tätigkeitsverteilungen landen können.

Aus solchen für Frau und Mann mitunter sehr belastenden Umständen komme man am ehesten durch die Inanspruchnahme von formeller Unterstützung heraus. Studien zeigten aber, dass Frauen beim Annehmen selbiger tendenziell zurückhaltender sind als Männer.

Will die Politik hier etwas bewegen, müsse man mehr Überlegungen zum Thema „Vereinbarkeitsthema von Pflege und Beruf“ anstellen, so Nagl-Kupal. So brauche es „viel mehr Geld“ für professionelle Unterstützung, weil das pflegende Angehörige am stärksten entlastet. Während man hier in Skandinavien schon recht flexibel ist, sei man in Österreich oft mit dem „Gesamtpaket“ mit allen Pflegeaufgaben von früh bis spät konfrontiert.

„Von echten Fortschritten kann nicht die Rede sein“

„Frauen tragen – neben der Hausarbeit – immer noch den Großteil der unbezahlten Care-Arbeit, sowohl bei der Pflege von Angehörigen als auch bei der Kinderbetreuung“, stellt zum Equal Care Day indes auch der Österreichische Gewerkschaftsbund (ÖGB) außer Frage. Wie die Vizepräsidentin und Frauenvorsitzenden des Gewerkschaftsbundes, Korinna Schumann, festhält, tue sich hinsichtlich der Gleichstellung von Mann und Frau weiter kaum etwas. „Von echten Fortschritten kann nicht die Rede sein.“

So wie der ÖGB verweist zum Equal Care Day etwa auch der Städtebund auf die vielfach „unsichtbar“ Großteils von Frauen verrichtete unbezahlte Arbeit. „Egal, ob es um die Erziehung von Kindern, das Putzen der eigenen Wohnung oder die Betreuung von pflegebedürftigen Angehörigen geht, der Großteil dieser Arbeit liegt bei den Frauen“, so Städtebund-Generalsekretär Thomas Weninger, und das sei „schlichtweg unfair und muss sich ändern“.