Blühende Schneerosen
Daniel Schrott
Plus 2,8 Grad

Winter pulverisierte Temperaturrekorde

Die Klimaerwärmung schreitet voran. Nach dem wärmsten Herbst der Messgeschichte war auch der Winter 2023/2024 in Österreich außerordentlich warm. Der frühlingshafte Februar sprengte dabei fast sämtliche Rekorde. Auch sonst gab es im Winter einige Besonderheiten, etwa beim Niederschlag und bei der Sonne.

Die Wiesen sind grün, Bärlauch und Tulpen treiben aus, die Blüte der Forsythien hat begonnen und in Ostösterreich blühen sogar schon die ersten Marillenbäume. Der Frühling ist so früh wie noch nie ins Land gezogen. Nur Anfang Dezember und zeitweise im Jänner gab es in diesem meteorologischen Winter, der Dezember, Jänner und Februar umfasst, kalte Phasen.

„In der ersten Auswertung der Messdaten liegt der Winter 2023/24 nahezu gleichauf mit dem Winter 2006/07, dem bisher wärmsten der 257-jährigen Messgeschichte“, sagte GeoSphere-Klimatologe Alexander Orlik. „Ob es in der finalen Auswertung dann Platz eins oder zwei wird, ist aber mehr ein statistisches Detail und ändert nichts an der Tatsache, dass wir erneut einen so warmen Winter erlebt haben, wie er vor einigen Jahrzehnten noch völlig undenkbar war.“

Die fünf wärmsten Winter der 257-jährigen Messgeschichte von GeoSphere waren in der unmittelbaren Vergangenheit, und zwar 2006/07, 2023/24, 2019/20, 2013/14 und 2015/16. Der nun zu Ende gehende Winter liegt in der vorläufigen Auswertung im Tiefland Österreichs um 2,8 Grad über dem Mittel der Klimaperiode 1991 bis 2020, auf den Bergen ebenfalls um 2,8 Grad. Im Vergleich zur Klimaperiode 1961 bis 1990, die von der Klimaerwärmung noch nicht so stark betroffen war, rangiert er im Tiefland um vier Grad über dem Mittel und auf den Bergen um 3,9 Grad.

Rekorde unter anderem in Wien und Salzburg

In der Fläche betrachtet war nur der Winter 2006/2007 um 0,1 Grad geringfügig wärmer als dieser. An einigen Orten bilanziert der heurige Winter aber als der wärmste überhaupt, etwa in Wien, Bad Ischl, Salzburg und Innsbruck. Großen Anteil daran hatte der extrem warme Februar, der eine Vielzahl an Rekorden pulverisierte und so warm ausfiel wie normalerweise der Zeitraum Ende März, Anfang April.

Warmer Februar: Natur erwacht früher als üblich

Am Mittwoch erreichen die Temperaturen in der Stadt wieder bis zu 16 Grad, die Natur zeigt sich deutlich früher als üblich. Dieses frühe warme Wetter kann in der Landwirtschaft jedoch zu Problemen führen.

Februar so frühlingshaft wie noch nie

Der Februar war nach vorläufigen Berechnungen 5,5 Grad wärmer als im Schnitt der letzten drei Jahrzehnte, nach klimatologischen Gesichtspunkten eine Welt. Er ist der mit Abstand wärmste Februar seit Beginn der Aufzeichnungen in Österreich im Jahr 1767. Fast hat es den Anschein, als wäre das Klima im letzten halben Jahr schlagartig auf ein neues Level gehievt worden.

Drei der letzten sechs Monate waren so warm wie noch nie, neben dem Februar auch der September und Oktober. Dazu kamen ein sehr milder Dezember und Jänner, ebenfalls mit zahlreichen Rekorden. So wurden in Tirol noch nie da gewesene 17,9 Grad in Imst gemessen.

Winterliche Lichtblicke in jedem Monat

Dabei begann der Dezember flächendeckend mit Schnee, ein halber Meter türmte sich etwa im Außerfern und im Innviertel auf. In Liebenau (Oberösterreich) sank die Temperatur am 4. Dezember auf minus 25,4 Grad, der Tiefstwert des Winters im bewohnten Gebiet.

Auch im Jänner zeigte der Winter vorübergehend sein kaltes Gesicht, es gab ein paar Tage Dauerfrost. Viele Seen wie der Neusiedler See froren zu, und in Wien sank die Temperatur auf der Hohen Warte erstmals seit sechs Jahren wieder unter minus zehn Grad.

Winterbild aus Bad Goisern
Daniel Schrott
In Bad Goisern hat es im Februar kaum geschneit

Selbst im Februar gab der Winter zumindest in den Alpen ein Lebenszeichen, 60 Zentimeter Neuschnee sorgten letzten Freitag am Brenner für ein Verkehrschaos. Für die meisten Täler war der Wintereinbruch aber kaum mehr als eine Eintagsfliege, Innsbruck war die einzige Landeshauptstadt mit Schnee im Februar.

An 29 Tagen über 15 Grad

Die meiste Zeit des Winters war es viel zu mild, an 68 der 91 Wintertage wurden in Österreich zehn Grad und mehr gemessen, an 29 Tagen wurde die Schwelle von frühlingshaften 15 Grad überschritten. Die höchste Temperatur des Winters wurde am 5. Februar auf dem Grazer Flughafen mit 21,3 Grad registriert.

Die Luft kam in den letzten Monaten fast ausnahmslos vom Atlantik nach Österreich. Der Atlantik fungiert im Winter wie eine Wärmepumpe für Europa. Seit Monaten ist der Atlantik aber so warm ist wie noch nie, damit sind die auch hierzulande extrem hohen Temperaturen kein Zufall.

Wenig Frost, wenig Schnee in tiefen Lagen

Sämtliche Kennzahlen, die die Strenge des Winters beschreiben, blieben unter den langjährigen Mittelwerten. In Golling (Salzburg) war nur jede vierte Nacht im Winter frostig. In Bregenz und Wien gab es im ganzen Februar überhaupt keinen Frost, ein Novum für einen Wintermonat. Linz kam im Februar auf zwei Frostnächte, auch ein Negativrekord.

In den Niederungen war auch die Schneeausbeute unterdurchschnittlich. Nach dem tiefwinterlichen Start in den Dezember war Innsbruck im weiteren Verlauf des Winters nur noch an sechs Tagen weiß. In Wien fielen von den immerhin 30 Zentimetern Neuschnee alleine im ersten Dezemberdrittel 27. Der Winter hat in tiefen Lagen schon früh sein Pulver verschossen.

So viel Niederschlag wie lange nicht

Skigebiete hatten spätestens in den Semesterferien mit der Wärme zu kämpfen, manche mussten schließen, in vielen durchzogen im Februar die weißen Bänder der Talabfahrten eine grünbraune Landschaft. Im Hochgebirge sammelte sich aber viel Schnee an.

Der Winter war nämlich einer der niederschlagsreichsten in Österreich seit 1951. Davon konnten, was den Schnee angeht, aber nur die Berge profitieren, und das passt ins Bild der Klimakrise, denn mit der Erwärmung steigt die Schneefallgrenze. Sogar in Höhen über 1.500 Metern regnete es das eine oder andere Mal.

Stürmische und sonnige Zeiten

Besonders extrem war dabei die Wetterlage kurz vor Weihnachten mit großen Regenmengen, wie sie für Dezember untypisch sind, und mit Sturmböen in der Nähe von absoluten Extremwerten. 135 Kilometer pro Stunde wurden etwa in Mariazell gemessen. In einigen Wäldern zeugen umgerissene Bäume noch jetzt von der Wucht des Sturms „Zoltan“. Stürmisch ging es im Jänner weiter, wovon die Windkraft profitierte und sich über Rekorde bei der Stromgewinnung freute.

Spuren des Sturms vor Weihnachten
Daniel Schrott
Sturmschäden, hier in Bad Goisern

Daneben war der Winter im Flachland einer der sonnigsten, seit gemessen wird, denn Nebel war von Dezember bis Februar ein seltener Gast. In den Bergen aber schien die Sonne aufgrund des vielen Niederschlags weniger als normal. So kommt es zur ungewöhnlichen Situation, dass Wien sonniger war als Innsbruck.

Spätfrost kann problematisch werden

Der Winter hat die Böden heuer ausreichend mit Feuchtigkeit versorgt, die Speicher wurden aufgefüllt. Auch der Neusiedler See steht deutlich höher als in den letzten beiden Jahren. Das Problem der Frühlingstrockenheit sollte Österreich damit heuer nicht so schnell blühen.

Trotzdem kann der Winter Österreich noch teuer zu stehen kommen. Klimatologe Orlik: „Die Auswirkungen des warmen Februars sind in der Natur überdeutlich sichtbar und Schäden auch jetzt noch nicht absehbar, vor allem wenn noch ein markanter Kaltlufteinbruch im März oder April kommen sollte.“