Kaleen im Vorfeld des ESC 2024
ORF/Roman Zach-Kiesling
Song veröffentlicht

Eurodance-Kracher für den Song Contest

Auf völlig neues Terrain wagt sich heuer Österreich beim Eurovision Song Contest: Sängerin Kaleen tritt mit dem eingängigen und schnörkellosen Dance-Kracher „We Will Rave“ an. Und der Titel ist Programm: Mit dem am Freitag im „Ö3-Wecker“ erstmals präsentierten Song und einer „extremen Tanzperformance“ soll der Bewerb ordentlich zum Kochen gebracht werden. Ganz allein steht Österreich mit der Idee aber nicht da.

„Ich bin die Rave-Queen und werde ordentlich Gas geben“, versprach die Sängerin bei der Präsentation des Liedes am Donnerstag im Wiener Ronacher. „Der Song geht in die Füße“, meinte Andi Knoll: „Wir werden das Europa ins Hirn nageln.“ Mit dem treibenden Beat, Techno-Sound und eingängigen Refrain mit recht reduziertem Wortanteil ist „We Will Rave“ eine Hommage an 90er-Eurodance-Nummern im zeitgenössischen Gewand.

Der Song stammt aus der Feder eines dänisch-schwedischen Teams, dessen Mitglieder auch schon teils hinter Song-Contest-Ikonen wie Loreen und Emmelie de Forest standen. Und auch für die Bühnenchoreografie des Songs wird ein internationales Team verantwortlich zeichnen. Der Song wurde am Freitag im „Ö3-Wecker“ präsentiert, am offiziellen Video wurde offenbar noch bis zuletzt – und länger – geschraubt.

„Extreme Tanzperformance“ versprochen

Und gerade vom Bühnenauftritt werde einiges zu erwarten sein, versprach ORF-Programmdirektorin Stefanie Groiss-Horowitz: „Es wird eine extreme Tanzperformance geben – das hat es aus Österreich noch nie gegeben.“ Tatsächlich ist Tanz ja Kaleens angestammtes Metier mit mehr als 100 Staats- und Europa- sowie fünf Weltmeistertiteln. Auch als Choreografin hat sie – sogar schon beim Song Contest – gearbeitet.

Erahnen lassen sich ausgedehnte Tanzszenen schon im Song: Schon im Vorjahr hatten einige Teilnehmerländer ungewöhnlich lange Instrumentalpassagen, die für beeindruckende Tanzperformances Zeit ließen. Ähnlich will es wohl Kaleen anlegen. Sie tritt im zweiten Semifinale am 9. Mai an und hofft, sich dort für das Finale am Samstag qualifizieren zu können. Das sollte sich auch ausgehen: Bei den Buchmachern rangiert „We Will Rave“ derzeit um Platz zwölf.

Talk mit Song-Contest-Teilnehmerin Kaleen

Marie-Sophie Kreissl alias Kaleen wird für Österreich beim Song Contest teilnehmen. Die Künstlerin ist zu Gast im Studio.

Hohe Frauendichte im Bewerb

Ein Blick auf die bereits veröffentlichten Songs zeigt, dass auch andere Länder ähnliche Ideen hatten: Balladen sind eher rar gesät, und die Frauendichte im Feld scheint heuer besonders hoch, etliche Teilnehmerinnen versuchen zudem, dem Auftritt eine leicht avantgardistische Note zu verpassen – nicht immer zum Vorteil des Songs. Derzeit als Favorit gehandelt wird – wieder einmal – der ukrainische Beitrag „Teresa & Maria“, für den sich die Rapperin Alyona Alyona und die Sängerin Jerry Heil zusammengetan haben.

Finnen wieder lustig

Für den meisten Gesprächsstoff sorgt das finnische Nerd-Trash-Duo Windows95man, das die schräge Performance und den zweiten Platz ihres Landsmanns Käärijä offenbar noch überbieten will – unter anderem mit einem Unterhosenfeuerwerk. Sehr stark am finnischen Beitrag vom Vorjahr hat sich heuer auch Kroatien orientiert, auch die finnische Vorliebe für „interessante“ Künstlernamen teilt Baby Lasagna, der in den Wettbüros mittlerweile sehr hoch gehandelt wird. Und ebenfalls spaßig geht es Joost Klein mit „Europapa“ für die Niederlande an.

Qualitätsarbeit und Geheimtipps

Die Zahl der mitteilenswerten musikalischen Gedanken ist beim bisher bekannten Starterfeld überschaubar. Italien liefert mit Angelina Mango verlässlich Qualitätsarbeit, für Belgien könnte Sänger Mustii mit „Before the Party’s Over“ einen Überraschungshit landen. Und die tschechische Sängerin Aiko liefert mit „Pedestal“ eine eingängige Poppunk-Nummer.

Großbritannien schickt mit Olly Alexander einen bekannten Namen zum Bewerb, und abzuwarten bleibt, wie Austragungsland Schweden seinen Titel in Malmö verteidigen will. Das leidgeprüfte Deutschland versucht es diesmal mit der kräftigen Stimme von Sänger Isaak. Mit Spannung erwartet wird das Finale der isländischen Vorausscheidung am Samstag: Dort tritt nämlich der palästinensische Sänger Bashar Murad an – und hat gute Chancen, das Land zu vertreten.

Weiter Streit über israelischen Beitrag

Damit wäre die Kontroverse, die den Song Contest bisher überschattet, um ein Detail reicher: Seit Wochen ist der israelische Beitrag umstritten. Derzeit prüft die Europäische Rundfunkunion (EBU), ob der Text des Liedes „October Rain“ der Sängerin Eden Golan als zu politisch gegen das Regelwerk verstößt.

Der Song bezieht sich laut israelischen Medienberichten auf die Opfer des Hamas-Angriffs auf Israel vom 7. Oktober. Nach Angaben der Zeitung „Israel Hajom“ enthält das Lied am Ende die auf Hebräisch gesungenen Zeilen „Es gibt keine Luft mehr zum Atmen“ und „Sie waren alle gute Kinder, jedes einzelne von ihnen“.

In Israel ist man ob der Prüfung verärgert und droht mit einem Rückzug, sollte der Song verändert werden müssen. Gerüchten zufolge wurde mittlerweile ein zweiter eingereichter Song abgelehnt. Sogar Staatspräsident Jizchak Herzog meldete sich zuletzt zu Wort. Tatsächlich gab es wohl schon weit politischere Songs beim Bewerb.