Parkplatz mit Rasengittersteinen
ORF/Viviane Koth
Bodenstrategie

Länderbeschluss für Grüne kein Beschluss

Einstimmig haben die Bundesländer am Donnerstag in Linz laut eigenen Angaben die von der Österreichischen Raumordnungskonferenz (ÖROK) erarbeitete Bodenstrategie beschlossen. Während sich Landwirtschaftsminister Norbert Totschnig (ÖVP) erfreut über den „überparteilichen Konsens“ zeigte, meinte Vizekanzler Werner Kogler (Grüne): „Es wurden keine Beschlüsse gefasst.“

Oberösterreichs Raumordnungslandesrat Markus Achleitner (ÖVP) hatte alle Ressortkollegen und -kolleginnen aus den Bundesländern zur „Tagung“ nach Linz geladen. Alle neun Bundesländer hätten die Bodenstrategie im Sinne einer nachhaltigen Raumordnungspolitik beschlossen. Diese sei von „Vernunft und Pragmatismus“ und nicht von „ideologischen Luftschlössern“ geprägt, meinte Achleitner – mehr dazu in ooe.ORF.at. Begründet wurde der Alleingang nun damit, dass „die ÖROK ein Verein ist, der keine verfassungsmäßigen Kompetenzen besitzt“, diese hätten die Länder, die für die Umsetzung der Raumordnung zuständig seien.

Vizekanzler Kogler betonte, dass „keine Sitzung der ÖROK stattfand und es wurden auch keine Beschlüsse gefasst“. Die bisher nicht zustande gekommene Bodenstrategie sei eine Strategie der ÖROK, in der Länder, Gemeinden und die Bundesregierung vertreten sind. Es gilt Einstimmigkeit. Doch die Länder und der Gemeindebund lehnen das verbindliche Ziel, den Bodenverbrauch bis 2030 auf 2,5 Hektar pro Tag zu beschränken, ab.

ÖVP für „Interessenabwägung“

Die Länder beschritten nun den Alleingang ohne besagte 2,5-Hektar-Vorgabe. „Eine absolute Zahl schützt noch keinen Hektar Boden“, sagte Niederösterreichs Landeshauptmann-Stellvertreter Stephan Pernkopf (ÖVP) in der Pressekonferenz nach der „Linzer Tagung“. Alle Länder würden mit der Umsetzung der Strategie beginnen, die dem Motto „Boden schützen und Zukunft ermöglichen“ folge. Sprich, es müsse eine Interessenabwägung zwischen dem Schutz von Naturräumen und wirtschaftlicher Entwicklung geben.

Landwirtschaftsminister Norbert Totschnig und Vizekanzler Werner Kogler im Mai 2023
IMAGO/SEPA.Media/Martin Juen
Minister Totschnig zeigt sich über den Beschluss erfreut, Vizekanzler Kogler sieht keinen Beschluss

Die Bodenschutzstrategie enthält vier generelle Ziele: Schutz von Frei- und Grünland, Unterbindung der Zersiedelung, effiziente Innenentwicklung, um geeignete Baulandbestände im Siedlungsgebiet bestmöglich zu nutzen, sowie Intensivierung der Bewusstseinsbildung und Öffentlichkeitsarbeit.

In dem für die ÖROK erarbeiteten Fachpapier waren konkrete Zahlen nicht enthalten, das bereits 2002 in der Nachhaltigkeitsstrategie des Bundes festgehaltene 2,5-Hektar-Ziel wurde vergangenes Jahr noch von den Grünen hineinreklamiert, da es auch einen messbaren Indikator geben müsse.

Totschnig: „Überparteilicher Konsens“

Landwirtschaftsminister Totschnig kommentierte den Länderbeschluss so: „Es ist erfreulich, dass jetzt überparteilicher Konsens bei den für die Raumordnung zuständigen Akteuren für die erste Österreichische Bodenstrategie herrscht. Dieser Beschluss mit einem konkreten Maßnahmenkatalog zur Umsetzung ist ein wichtiger Meilenstein für den sorgsamen Umgang mit unserem wertvollen Boden.“

Vor einem Jahr meinte der Minister, die Bodenstrategie könne „nur erfolgreich sein, wenn alle beteiligten Akteure, der Bund, die Länder, die Gemeinden, der Städte- und der Gemeindebund, dahinterstehen“. Die Grünen übten scharfe Kritik. „Mit Fake News vor den Medien“ feiere sich Achleitner für „den Beschluss eines zahnlosen Papiertigers“, sagte Grünen-Generalsekretärin Olga Voglauer. Niemandem würden „Sonntagsreden und Lippenbekenntnisse“ etwas bringen.

Scharfe Kritik von WWF und Greenpeace

Und WWF-Bodenschutzsprecher Simon Pories meinte: „Das heutige Treffen hat einmal mehr gezeigt, warum Österreich den grassierenden Flächenfraß seit Jahren nicht in den Griff bekommt. Ohne ein echtes Bekenntnis der Politik zu konkreten Maßnahmen und einer fixen Obergrenze für den Bodenverbrauch werden Zersiedelung und Naturzerstörung ungebremst weitergehen.“

Auch Greenpeace nahm den oberösterreichischen Raumordnungslandesrat in einem Statement in die Kritik. Dieser torpediere Bodenschutzmaßnahmen seit Monaten und blockiere weiterhin einen konkreten Grenzwert beim Bodenverbrauch. Rein rechtlich könne er aber „als Landesrat keinen Beschluss für die Bodenstrategie fällen und dabei das Organ der Österreichischen Raumordnungskonferenz umgehen“, sagte Greenpeace-Bodenschutzsprecherin Melanie Ebner.

NEOS Oberösterreich sprach von „einem historisch schlechten Tag“ für den Bodenschutz. „Die rücksichtslosen Betonierer in den Bundesländern haben sich durchgesetzt“, so Klubobmann Felix Eypeltauer. Eine Strategie ohne konkretes Ziel und Grenzen sei nicht effektiv, meinte NEOS-Abgeordnete Karin Doppelbauer.