Heinz-Christian Strache
APA/Eva Manhart
Strache-Chats

U-Ausschüsse werfen erste Schatten voraus

Die für März geplanten Untersuchungsausschüsse werfen ihren Schatten voraus. Aus den Unterlagen des von der ÖVP beantragten Untersuchungsausschusses zum „rot-blauen Machtmissbrauch“ sind nun Chats von Ex-FPÖ-Vizekanzler Heinz-Christian Strache an die Öffentlichkeit gekommen. Anhand dieser Nachrichten ortet die ÖVP nun Inseratenkorruption bei den Freiheitlichen, berichtete das Ö1-Mittagsjournal. Und auch ein offenbar geplantes österreichisch-russisches Beamtentreffen sorgt für Wirbel.

Aufgetaucht sind Chatnachrichten, die Strache im Jahr 2019 an andere damalige FPÖ-Regierungsmitglieder schrieb. Im April ärgerte sich Strache, dass der ehemalige FPÖ-Politiker Ewald Stadler in einer Diskussionssendung von Oe24.tv zu Gast war – obwohl Medienmanager Wolfgang Fellner ihm zugesagt habe, Stadler nicht mehr einzuladen.

Fellner wolle er „klarmachen, dass wir ihn nicht mit Inseraten füttern, damit er permanent vorbestrafte FPÖ-Hasser einlädt und gegen uns anschreibt“. Vier Tage später scheint der Streit geklärt. „Bitte weiter bei Fellner schalten. Wir haben es geklärt! Er kommt uns entgegen! Lg“, schreibt Strache in eine Chatgruppe.

Hanger vermutet Regierungsinserate

Der ÖVP-Fraktionsführer im Untersuchungsausschuss, Andreas Hanger, meinte gegenüber Ö1: „Nachdem alle FPÖ-Regierungsmitglieder in diese Gruppe sind, gehe ich davon aus, dass es sich hier um Regierungsinserate gehandelt hat.“ Weiters nimmt er an, dass der aktuelle Parteichef Hebert Kickl als Teil der Chatgruppe auch informiert gewesen sei.

FPÖ-Inserate als Druckmittel gegen Oe24.tv

Im Untersuchungsausschuss veröffentlichte Chats von Ex-Vizekanzler Strache (FPÖ) sollen zeigen, dass dieser via Inserate versucht haben soll, Einfluss auf das Programm von Oe24.tv zu nehmen.

Allerdings scheint die Korruptionsstaatsanwaltschaft keinen Anfangsverdacht der Korruption im strafrechtlichen Sinne zu sehen. Es gibt keine Ermittlungsverfahren – anders als beim „Beinschab-Österreich-Tool“, bei dem unter anderem gegen Ex-ÖVP-Kanzler Sebastian Kurz und Thomas Schmid, den Ex-Generalsekretär im Finanzministerium, ermittelt wird.

Strache: FPÖ-Minister auch FPÖ-Präsidiumsmitglieder

Darauf verweist auch Strache in seiner Reaktion gegenüber Ö1. Sämtliche FPÖ-Minister seien auch FPÖ-Präsidiumsmitglieder gewesen, so Strache, der damit andeutet, es sei um Parteiinserate und nicht Regierungsinserate gegangen. Parteiinserate jedenfalls könne die FPÖ schalten, wo sie es für sinnvoll erachtet, so der Ex-Parteichef.

Aus der FPÖ heißt es, Strache sei immer für seine Emotionalität bekannt gewesen. Was auch immer konkret gemeint war in den Chats, Fakt sei, so die FPÖ, dass seine Nachricht keinerlei Auswirkungen gehabt habe.

Niki Fellner, Geschäftsführer von Oe24.tv, wies gegenüber dem ORF den Vorwurf der Inseratenkorruption „schärfstens zurück“: Für „irgendwelche wirren Chatnachrichten“ von Strache sei die Mediengruppe Österreich nicht verantwortlich.

Gedankenaustausch mit russischen Beamten

Ebenfalls 2019 soll Strache als Vizekanzler und Beamtenminister ein österreichisch-russisches Beamtentreffen geplant haben. Aus einem Chatverlauf zwischen ihm und dem Generalsekretär seines Ministeriums, der der APA vorliegt, geht hervor, dass es aus Russland den Wunsch nach einem solchen Gedankenaustausch gab. Ein Termin sei zumindest geplant gewesen.

Im Jahr 2019 galten bereits die infolge der Krim-Annexion 2014 verhängten Sanktionen der EU gegen Moskau. Die Beziehungen zwischen Österreich und Russland galten dennoch als ausgesprochen gut, wie auch mehrere hochrangige bilaterale Treffen zeigen.

„Wird vorbereitet“

Russland ersuche um Gedankenaustausch mit jungen Beamten in Österreich, schrieb Strache im April 2019, „über die Verwaltungsakademie muss hier ja etwas möglich sein“. Der einstige Generalsekretär im Vizekanzleramt, Roland Weinert, antwortete daraufhin, einen Anruf getätigt zu haben, und schrieb: „Wird vorbereitet. Wir werden uns treffen.“

Die FPÖ hatte am 19. Dezember 2016 einen „Freundschaftsvertrag“ mit Wladimir Putins Partei Geeintes Russland unterschrieben. Dieser wurde nach Angaben der Freiheitlichen mittlerweile aufgekündigt.

Grüne: Kickl in Erklärungsnot

Die grüne Fraktionsführerin im von der ÖVP initiierten U-Ausschuss zum „rot-blauen Machtmissbrauch“, Meri Disoski, schrieb auf X (Twitter), „alle Akten aus der Regierungsära Kurz-Strache-Kickl mit Russland- und FPÖ-Bezug in den Untersuchungsausschuss holen“ zu wollen. Die neuen Informationen würden FPÖ-Chef Kickl in „Erklärungsnot“ bringen, meinte sie: „Was wusste er von all dem? Bleibt er bei der Aussage, der Vertrag habe keinerlei Auswirkungen gehabt? Weigert er sich weiterhin, den Vertrag offenzulegen?“

Wenig überrascht davon zeigte sich NEOS, schließlich stehe „FPÖ für Freunde Putins Österreich“, sagte NEOS-Generalsekretär Douglas Hoyos. Zudem verwies er auf den Freundschaftsvertrag mit der Partei Putins, den der nunmehrige freiheitliche Spitzenkandidat Harald Vilimsky mitunterzeichnet habe. Auch der Dritte Nationalratspräsident Norbert Hofer und Kickl seien „betroffen“ und könnten sich nicht aus der Verantwortung nehmen.

Die SPÖ zeigte sich „entsetzt über die Verantwortungslosigkeit der FPÖ im Umgang mit der österreichischen Staatssicherheit“ zu ihrer Regierungszeit. „Im besten Falle war das ein extrem fahrlässiger Umgang mit der österreichischen Staatssicherheit, im schlechtesten Fall eine bewusste Gefährdung dieser“, kritisierte Sicherheitssprecher Reinhold Einwallner.

FPÖ sieht ÖVP-„Schmutzkübelkampagnen“

Die Chats wollte die FPÖ nicht kommentieren. Während die Partei in der Bundesregierung war, habe es zwischen ihr und Russland jedenfalls nur „die üblichen Beziehungen im Rahmen der Regierung“ gegeben, wie es auf APA-Anfrage seitens der Freiheitlichen hieß.

Die FPÖ beklagte aber „Schmutzkübelkampagnen“ der ÖVP in Zusammenhang mit Russland-Vorwürfen. Bestärkt sahen sich die Freiheitlichen durch ein am Donnerstag verkündetes Gerichtsurteil. Das Oberlandesgericht Wien habe eine Berufung von ÖVP-Bundespartei und -Parlamentsklub verworfen, weshalb es nun ein rechtskräftiges Urteil wegen übler Nachrede gegenüber dem FPÖ-Abgeordneten Axel Kassegger gebe, teilte die Partei in einer Aussendung mit.