Menschen laufen zu abgeworfenen Hilfspaketen
APA/AFP
Luftbrücke

Erste US-Hilfspakete über Gaza abgeworfen

Nur kurz nach der offiziellen Ankündigung hat das US-Militär erstmals Hilfslieferungen aus der Luft über dem Gazastreifen abgeworfen. Laut einem Beamten wurden mehr als 35.000 Mahlzeiten abgeworfen. Israel kündigte unterdessen an, Kampfpausen für humanitäre Zwecke einzulegen. Und auch eine mögliche Waffenruhe könnte einen Schritt näher gerückt sein.

Laut zwei US-Beamten, die anonym bleiben wollten, wurden die Luftabwürfe mit drei Transportmaschinen vom Typ C-130 durchgeführt. Insgesamt seien 66 Pakete mit Zehntausenden Mahlzeiten über dem Kriegsgebiet abgeworfen worden. Der auch unter der Bezeichnung „Hercules“ bekannte Flugzeugtyp ist unter anderem auch beim Bundesheer im Einsatz. In einer offiziellen Mitteilung des Weißen Hauses hieß es, die Abwürfe hätten die Unterstützung Israels und würden in Zukunft fortgesetzt werden.

Bereits in den vergangenen Tagen und Wochen hatten andere Länder, darunter Frankreich, Großbritannien, Ägypten und Jordanien, bereits Hilfsgüter über dem Gazastreifen abgeworfen. Die abgeworfenen Lebensmittel oder Medikamente bringen eine gewisse Linderung der Not, vor allem in Gebieten, die wie der nördliche Gazastreifen mit Hilfslieferungen auf dem Landweg nur schwer oder gar nicht zu erreichen sind.

Menschen laufen zu abgeworfenen Hilfspaketen
APA/AFP
Abwürfe von Hilfspaketen können nur einen Bruchteil der benötigten Hilfe liefern

Israel kündigt Kampfpausen für humanitäre Zwecke an

UNO-Organisationen weisen allerdings darauf hin, dass die Mengen, die durch Abwürfe geliefert werden können, eher gering sind. Bei der großen Zahl der notleidenden Menschen im Gazastreifen verpuffe die Wirkung schnell, heißt es. Hinzu kommt, dass in den betroffenen Gebieten in Gaza infolge des Kriegs jegliche Ordnung zusammengebrochen ist. Um die abgeworfenen Pakete prügeln sich häufig junge Männer, um etwas für ihre Familien zu ergattern.

Gaza: USA helfen aus der Luft

Die USA haben damit begonnen, die Zivilbevölkerung in Gaza mit aus der Luft abgeworfenen Hilfsgütern zu versorgen.

Israel kündigte Samstagabend an, Militäraktivitäten für humanitäre Zwecke einzustellen. Damit sollen laut israelischem Militär Hilfslieferungen erleichtert werden. Die zeitweilige Einstellung militärischer Aktivitäten in einzelnen Gebieten des Gazastreifens würde von Samstag bis einschließlich Donnerstag jeweils von 10.00 bis 14.00 Uhr in pro Tag unterschiedlichen Vierteln der Städte Rafah und Deir al-Balah gelten, teilte ein Militärsprecher auf X (Twitter) mit. Die begrenzte Einstellung der Militäraktivitäten solle auch dazu dienen, dass Zivilisten die Verteilungsstationen für die Hilfsgüter sicher erreichen können.

UNO: Über 500.000 Menschen von Hungersnot bedroht

US-Präsident Joe Biden hatte die US-Hilfslieferungen aus der Luft bei einem Treffen mit der italienischen Regierungschefin Giorgia Meloni angekündigt. „Wir müssen mehr tun, und die Vereinigten Staaten werden mehr tun“, sagte Biden. Neben einer Luftbrücke wollen die USA laut Biden auch die Möglichkeit eines Schifffahrtskorridors prüfen, um große Mengen an Hilfsgütern in den Gazastreifen zu bringen. Die bisher in den Gazastreifen gelieferte Hilfe reiche „bei Weitem nicht aus“, sagte der US-Präsident.

Jordanische Armee bereitet Hilfspakete für den Abwurf vor
Reuters/Jordanian Armed Forces
Die jordanische Armee wirft schon länger Hilfslieferungen über Gaza ab

„Unschuldige Menschenleben stehen auf dem Spiel, Kinderleben stehen auf dem Spiel“, sagte Biden. Nach Angaben des UNO-Büros für die Koordinierung humanitärer Angelegenheiten sind mindestens 576.000 Menschen im Gazastreifen – ein Viertel der Bevölkerung – von einer Hungersnot bedroht.

Rufe nach Aufklärung von tödlichem Zwischenfall

Der US-Präsident tätigte seine Aussagen einen Tag nachdem in Gaza-Stadt zahlreiche Menschen bei einem Zwischenfall rund um einen Hilfskonvoi getötet worden waren. Am Donnerstag hatten Tausende Menschen sich um einen Konvoi von 38 Hilfstransportern versammelt. Dabei habe es Dutzende Tote und Verletzte gegeben, von denen einige von Lastwagen überfahren worden seien, erklärte das israelische Militär. Ein Armeevertreter räumte eine „begrenzte“ Zahl von Schüssen durch israelische Soldaten ein, die sich „bedroht“ gefühlt hätten.

Die radikalislamische Hamas sprach von einem „Massaker“, bei dem mindestens 115 Menschen getötet und mehr als 750 weitere Menschen verletzt worden seien. Eine unabhängige Bestätigung gibt es nicht. Ein Team der Vereinten Nationen berichtete am Freitag, bei einem Besuch des Al-Schifa-Krankenhauses in Gaza „zahlreiche“ Menschen mit „Schussverletzungen“ gesehen zu haben, wie der Sprecher von UNO-Generalsekretär Antonio Guterres, Stephane Dujarric, sagte.

Israels Armee kündigt Untersuchung an

Am Samstag hieß es auch vom diplomatischen Dienst der EU, dass viele der Palästinenser, die in dem Chaos getötet oder verletzt wurden, von der israelischen Armee beschossen worden seien. Der tödliche Vorfall sorgte international für Entsetzen und Kritik. Vielfach wurden Rufe nach einer genauen Untersuchung laut, unter anderem von Frankreich, Großbritannien und der Afrikanischen Union. Auch der diplomatische Dienst der EU forderte am Samstag eine solche ein.

Samstagabend kündigte die israelische Armee eine gründliche Untersuchung des Vorfalls an. Das Militär habe alle Beweismittel sichergestellt, um den Sachverhalt aufzuklären, sagte Konteradmiral Daniel Hagari auf einer Pressekonferenz. Die Armee werde die Ergebnisse vorlegen. „Die Behauptung, wir hätten den Konvoi vorsätzlich angegriffen und Menschen vorsätzlich Schaden zugefügt, entbehrt jeder Grundlage“, fügte er hinzu.

US-Verhandler: Rahmen für Waffenruhe steht

Zugleich wurden die Rufe nach einer Waffenruhe im Gazastreifen erneut lauter. Unter Vermittlung der USA, Ägyptens und Katars wird seit Tagen um eine solche gerungen. Ziel ist es, eine Einigung noch vor Beginn des Fastenmonats Ramadan rund um den 10. und 11. März zu erreichen. Man arbeite „hart“ an einer Waffenruhe. Noch sei man aber nicht so weit, so der US-Präsident am Freitag.

Am Samstag zitierte die Nachrichtenagentur Reuters einen hochrangigen US-Vertreter damit, dass der Rahmen für eine sechswöchige Waffenruhe im Gazastreifen stehe. Israel habe bereits zugestimmt, es hänge jedoch davon ab, ob die radikal-islamische Hamas einer Freilassung der Geiseln zustimme. „Der Deal ist im Grunde schon da. Aber ich möchte keine Erwartungen in die eine oder andere Richtung wecken“, so der namentlich nicht genannte Insider.

Zuvor hatte es geheißen, Israel wolle an keiner neuen Runde der von Ägypten, Katar und den USA vermittelten Gespräche teilnehmen, solange die Hamas keine Liste der noch lebenden Geiseln vorlegt, berichtete das Nachrichtenportal Axios. Auch habe die Hamas noch keine Antwort zu der von den Vermittlern vorgeschlagenen Zahl von palästinensischen Häftlingen in israelischen Gefängnissen erteilt, die Israel im Gegenzug für die Freilassung einer bestimmten Zahl von Geiseln in die Freiheit entlassen würde.