Den Weg dazu freigemacht hatten Frankreichs Senatorinnen und Senatoren vergangenen Mittwoch durch Verabschiedung eines entsprechenden Gesetzesentwurfs. Präsident Emmanuel Macron hatte mit dem Vorschlag 2022 auf Einschnitte in das Abtreibungsrecht in den USA reagiert.
Die Aufnahme in die Verfassung hat in erster Linie symbolischen Charakter. Der Schwangerschaftsabbruch auf Krankenschein ist in Frankreich bis zur 14. Woche gesetzlich gewährleistet. Nach einer Umfrage von Ende 2022 befürworten 86 Prozent der Französinnen und Franzosen die Aufnahme in die Verfassung.
Kein Recht auf Abtreibung
Der nun vorgestellte Gesetzesentwurf erwähnt die „Freiheit zum“, nicht aber das „Recht auf“ einen Schwangerschaftsabbruch, was eine rechtlich schwächere Formulierung ist. Um die Verfassung zu ändern, müssen Nationalversammlung und Senat im sogenannten Kongress zusammentreten und den Text zu drei Fünfteln verabschieden. Die frühere Gesundheitsministerin Simone Veil hatte 1975 den Weg zum legalen Schwangerschaftsabbruch freigemacht. Im vergangenen Jahr wurden in Frankreich gut 234.000 Schwangerschaftsabbrüche vorgenommen.
Erhält die Verfassungsänderung die erwartete Dreifünftelmehrheit, wäre das die erst 25. Änderung der Verfassung der 5. Republik – und die erste seit 2008.
Kein nennenswerter Widerstand
Kritik kam erwartungsgemäß von Abtreibungsgegnerinnen und -gegnern. Die Vereinigung Alliance Vita bezeichnete die geplante Verfassungsänderung als „Unsinn“. Es sei dringender nötig denn je, eine Politik umzusetzen, die ungewollte Schwangerschaften verhindere, betonte die Organisation.
Im Parlament gab und gibt es allerdings keinen nennenswerten Widerstand gegen die Verfassungsänderung. Kritiker warfen Macron lediglich vor, das Thema Abtreibung für innenpolitische Manöver zu missbrauchen. Macron hat keine Mehrheit mehr im Parlament und muss bei jedem Gesetz eine Allianz mit Oppositionsparteien bilden. Einerseits versucht Macron wohl, den eher linksgerichteten oder liberalen Teil seiner Anhängerschaft bei der Stange zu halten.
Andererseits hatte Macron wohl auch gehofft, die Konservativen und die Rechtsaußenpartei Rassemblement National von Marine Le Pen vor ein Dilemma zu stellen. Hätten sie gegen die Verfassungsänderung gestimmt, hätte Macron sie schon bei der Europa-Wahl im Juni als reaktionäre Kräfte hinstellen können. Die Abgeordneten wurden vom Klubzwang befreit, und die meisten rechtsgerichteten Abgeordneten stimmten für die Verfassungsänderung.