Mit „Back to Basics“ und Mafia-Mania stehen einander bei den Modewochen, die am Dienstag in Paris zu Ende gehen, zwei besonders konträre Trends gegenüber. Jener namens „Mob Wife“, bei dem die Ästhetik von Mafia-Bräuten glorifiziert wird, geistert bereits seit Wochen durch soziale Netzwerke und Medien. Im Kern vereint dieser an die Protagonistinnen der Kultserie „Die Sopranos“ erinnernde Trend animalische Prints, voluminöses Haar, dunkles Make-up, Leder, übergroße Mäntel und opulenten Goldschmuck.
Glaubt man den Modewochen in Paris und Mailand, dann dürfte der Hype noch zumindest bis Herbst beziehungsweise Winter 2025 anhalten: Dior schickte kürzlich „Mafia-Mamas“ in Matrosenjacken samt Leopardenprint über den Laufsteg. In dieselbe Kerbe schlug die Kollektion von Blumarine. Bei Stella McCartney erinnerten vor allem bodenlange Plüschmäntel an den Mafia-Trend. Eine punkigere Variante präsentierte Versace: Leopardenmuster war hier ebenso Fixstarter wie die Farbe Rot und Leder.
Tradition statt Skandal?
Aufseiten der Basic-Fraktion dominierte hingegen Altbewährtes – am auffälligsten ist dabei die Häufung von Trenchcoats, Blazern und Sakkos, auf die nicht nur Traditionshäuser wie Burberry und Balmain setzten, sondern auch das Skandallabel Alexander McQueen.
Dem neuen Chefdesigner und Sarah-Burton-Nachfolger Sean McGirr gelang es mit Ledermänteln, Nadelstreifanzügen und üppigen Strickpullovern allerdings nicht, den hohen Erwartungen der Kritik gerecht zu werden. „Im Großen und Ganzen handelte es sich eher um eine Art Abschlussarbeit an einer Kunsthochschule, zu leichtfertig, um uns davon zu überzeugen, dass diese Kreaturen wirklich unappetitliche Außenseiter waren“, schrieb etwa Rachel Tashjian für die „Washington Post“ in Anspielung an die Ära McQueen.
Ein Hauch von Braun
Große Aufreger ließen bei den Modeschauen in den vergangenen Wochen generell auf sich warten. Die transparenten Designs bei Saint Laurent entlockten „New York Times“-Kritikerin Vanessa Friedman die müde Ansage „genug mit den Brüsten“. „Von den 48 Looks, die in der Saint-Laurent-Show auf nadelspitzen Stilettos herumtanzten, hatten nur zwölf keine Brüste im Mittelpunkt“, schrieb sie weiter.
Überraschen dürfte bei den Modewochen abgesehen davon am ehesten noch die Farbpalette: Beige- und Brauntöne, die so mancher nach Jahren der Dominanz schon auf dem absteigenden Ast wähnte, halten sich hartnäckig – nicht nur bei Saint Laurent, sondern auch bei Dior, Chloe und Ferragamo. Valentino zelebrierte wiederum die Farbe Schwarz.
Laufstege im Bann der „Nepobabys“
Ebenso hartnäckig ist die Dominanz von Promikindern auf den Laufstegen: Zu etablierten Supermodels wie Gigi und Bella Hadid (Töchter des Immobilienmoguls Mohammed Hadid), Kendall Jenner (Tochter von „Momager“ Kris Jenner und Sportikone Caitlyn Jenner) sowie Kaia Gerber (Tochter von Cindy Crawford) gesellten sich heuer unter anderem „Nepobabys“ wie Maya Wigram, Lennon Gallagher, Deva Cassel, Iris Law und Scarlett Stallone.
Nepo ist die Kurzform von Nepotismus, also Freunderlwirtschaft beziehungsweise Vetternwirtschaft. Der Begriff „Nepobaby“ wird für Kinder von Promis verwendet, die dank des Erfolgs der Eltern selbst im Rampenlicht stehen.
Wigram, die Tochter von Stardesignerin Phoebe Philo, durfte den letzten Look der Burberry-Kollektion präsentieren. Ebenso bei Burberry über den Laufsteg flanierte Lennon Gallagher, der Sohn von Oasis-Sänger Liam Gallagher. Gesicht der Marke ist Iris Law, die Tochter von Schauspieler Jude Law. Deva Cassel, die Tochter der Schauspieler Monica Bellucci und Vincent Cassel, modelte für Alberta Ferretti. Scarlet Stallone, Tochter von Sylvester Stallone, wurde wiederum für die Tommy-Hilfiger-Schau in New York engagiert. Weiters waren Steve Jobs’ Tochter Eve und Beckham-Sohn Romeo auf den Laufstegen zu sehen.
Für Modehäuser macht sich das bezahlt. „Klicks sind die neue Werbung“, sagte der ehemalige Casting-Direktor James Scully der „New York Times“. „Nepobabys lenken große Mengen an Online-Traffic und Engagement, unabhängig davon, wie groß sie sind oder wie gut sie laufen können.“