Bitcoin-Logo vor Palmen
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Kursrekord

Vergessene Turbulenzen bei Bitcoin

Unzählige Male totgesagt, befindet sich die Kryptowährung Bitcoin (BTC) aktuell auf einem Höhenflug. Der Kurs stieg am Dienstag auf einen neuen Höchststand von über 69.000 Dollar (knapp 66.600 Euro) und stellte damit den bisherigen Rekord von Ende 2021 ein. Skandale und Turbulenzen auf dem Markt für Kryptowährungen, etwa die Pleite der Handelsplattform FTX, scheinen vergessen.

Die mittlerweile älteste und wichtigste Kryptowährung gibt es seit 2009, anfangs bewegte sich der Kurs entlang oder knapp über der Nulllinie, 2017 wurde er erstmals vierstellig und stieg bis zum Frühjahr 2021 auf über 60.000 Dollar.

Wie enorm volatil die virtuelle Währung ist, zeigte sich danach in einem Absturz um knapp 40 Prozent ihres Werts binnen weniger Monate. Im November 2021 erreichte Bitcoin dann den bis dato höchsten Kurs von knapp 69.000 Dollar. Im nächsten Jahr ging es wieder rasant bergab.

Enorme Kurssteigerungen seit Jahresbeginn

In den letzten zwei Monaten stieg der Kurs stark an, am Dienstag erreichte er zwischenzeitlich 69.200 Dollar und damit einen historischen Höchststand. Gründe für die Ralley wurden mehrere genannt, als einer davon gilt die Zulassung von Indexfonds, Exchange Traded Funds (ETFs), auf die Kryptowährung durch die US-Börsenaufsicht United States Securities and Exchange Commission (SEC). ETFs werden an den Börsen gehandelt, bilden den Kurs eines Basiswerts nach und erlauben es, in diesen zu investieren, ohne etwa im konkreten Fall selbst Bitcoins kaufen zu müssen.

Zwei Techniker vor einer Bitcoin-Miningfarm
APA/AFP/Lars Hagberg
Das „Schürfen“ („Mining“) von Bitcoins braucht enorme Rechenkapazitäten in Computernetzwerken

Angebot und Nachfrage ist alles

Schon die Aussicht auf die Zulassung der ETFs in den USA habe den Kurs der Kryptowährung stark steigen lassen, hieß es zuletzt, Anfang Jänner war er auf über 45.000 Dollar geklettert, den höchsten Wert seit April 2022. Als ein weiterer Grund für den rasant steigenden Kurs gilt das „Halving“ der Währung. Das bedeutet eine Reduktion der Ausgabegeschwindigkeit neuer Einheiten, indem die Belohnung für das „Schürfen“ („Mining“) von Bitcoins halbiert wird.

Das geschieht ca. alle vier Jahre, zuletzt war es 2020 der Fall, das „Halving“ hat in der Regel Kurssteigerungen zur Folge. Die Menge an Bitcoins ist mit 21 Millionen begrenzt, dieses Angebot ist über die Nachfrage Kern des Wertversprechens der Kryptowährung. Einen realen Basiswert hat sie nicht.

Kritische Stimmen

Die US-Börsenaufsicht SEC ist kein Freund der virtuellen Währungen. Sie verwies mehrfach auf Risiken, die Investments in Bitcoin und Co. bzw. deren Derivate (Wetten auf steigende oder fallende Kurse) mit sich bringen. SEC-Vorsitzender Gery Gensler warnte anlässlich der Genehmigung der Bitcoin-Indexfonds eindringlich vor Anlagen in die Kryptowährung.

Diese sei „spekulativ und stark schwankend“ und schon für Geldwäsche und andere illegale Aktivitäten und Terrorfinanzierung genutzt worden, so Gensler. Anleger sollten vorsichtig sein – es gebe eine „Unzahl“ von Risiken, hieß es in einer Aussendung der SEC vom 10. Jänner. Sie erteilte die Genehmigung für die ETFs nicht ganz freiwillig, sondern musste es nach einem Gerichtsurteil tun.

Einige heftige Turbulenzen

In ihrer rund 15-jährigen Geschichte hat die virtuelle Währung einige Turbulenzen erlebt. Eine Reihe von Skandalen ließ mehrfach den Kurs einbrechen, der letzte und mutmaßlich größte war die Insolvenz der weltweit zweitgrößten Handelsplattform für Kryptowährungen und andere hochspekulative Finanzprodukte, FTX, im November 2022.

Verhaftung von FTX-Gründer Sam Bankman-Fried in Nassau (Bahamas)
Reuters/Dante Carrer
Samuel Bankman-Fried droht nach der Pleite der Handelsplattform FTX eine mehr als lebenslange Haftstrafe

Über die Handelsplattform mit Sitz auf den Bahamas liefen vor ihrer Pleite mehrere Milliarden Dollar pro Tag, sie hatte mehr als eine Million Nutzer. Gründer und Vorstandschef Samuel Bankman-Fried wurde festgenommen und Ende 2022 an die USA ausgeliefert. Ihm drohen theoretisch bis zu 110 Jahre Haft, ein Urteil wird Ende März erwartet. Angeklagt war Bankman-Fried in sieben Punkten, darunter Veruntreuung und Betrug.

Skandale beschäftigen Justiz

Einen weiteren Schatten auf die Welt des virtuellen Geldes warf ein Skandal bei der weltweit größten Kryptowährungsbörse Binance. Der Gründer und seinerzeitige Chef der Plattform und Multimilliardär Changpeng Zhao wurde in den USA wegen Vorwürfen der Geldwäsche angeklagt. Er bekannte sich schuldig, musste als Vorstandschef von Binance zurücktreten, das Unternehmen eine Strafe in Milliardenhöhe bezahlen.

Im März letzten Jahres wurde der südkoreanische Unternehmer Do Kwon, Mastermind hinter der Kryptowährung Luna, festgenommen, gleichfalls im Juli 2023 Alex Mashinsky, der Gründer der Kryptoplattform Celsius Network.

Totgesagte leben länger

Nach der Insolvenz von FTX und einem Kurseinbruch von über 60 Prozent bei Bitcoin hatten Ulrich Bindseil, Generaldirektor für Marktinfrastrukturen und Zahlungsverkehr in der Europäischen Zentralbank (EZB), und Jürgen Schaaf, Berater in der EZB-Sparte, die Kryptowährung – nicht zum ersten und letzten Mal – für praktisch tot erklärt.

Im November 2022 schrieben sie in einem Beitrag für die Notenbank, der auch im deutschen „Handelsblatt“ veröffentlicht wurde, unter dem Titel „Der Bitcoin ist auf dem Weg in die Irrelevanz“ von einem „letzten Aufbäumen“ auf dem Weg dorthin.

Marktkapitalisierung auf Rekordniveau

Damals waren auch die Kurse anderer Cyberwährungen wie Ethereum bzw. Ether und Ripple stark eingebrochen. Rufe nach einer Reglementierung des Markts für Kryptowährungen wurden laut. Bindseil und Schaaf nannten Bitcoin „fragwürdig“ und „nicht als Zahlungssystem oder Anlageform“ geeignet. Schaaf ist auch heute noch kein Freund von Bitcoin.

Nach der Zulassung der ETFs in den USA schrieb er Ende Februar auf X (Twitter), diese bedeute nicht, dass die Kryptowährung sicher und risikolos sei. Die Investoren kümmert das offenbar wenig. Laut Angaben der US-Wirtschaftsnachrichtenagentur Bloomberg vom Donnerstag erreichte als Folge der Kursralley auch die Marktkapitalisierung der Cyberwährung mittlerweile ein Rekordniveau von 1,35 Billionen Dollar.