Nationaler Volkskongress Chinas in Peking
AP/Ng Han Guan
Volkskongress in China

„Friedliche“ Übernahme Taiwans gestrichen

Wo in früheren Berichten noch von einer „friedlichen Wiedervereinigung“ Chinas mit Taiwan die Rede war, ist dieser Ansatz nun im Rahmen des jährlichen Nationalen Volkskongresses am Dienstag gestrichen worden. China werde „die Sache der Wiedervereinigung Chinas entschlossen vorantreiben“, hieß es im ersten Arbeitsbericht von Ministerpräsident Li Qiang. Zugleich will China seine Militärausgaben erhöhen.

Laut Lis Vortrag will die Volksrepublik ihr Verteidigungsbudget bis 2024 wie im Vorjahr um 7,2 Prozent steigern. Damit sieht der Haushalt 1,67 Billionen Yuan (rund 212,50 Mrd. Euro) für Militärausgaben vor. „Es wird nicht einfach sein, die diesjährigen Ziele zu erreichen“, sagte Li den 2.872 Delegierten in der Großen Halle des Volkes in Peking. Man müsse „hart arbeiten“ und an einem Strang ziehen.

Li machte deutlich, dass die Transformation der Wirtschaft weitergehen müsse. „Wir sollten an den Prinzipien festhalten, Fortschritt zu verfolgen und gleichzeitig Stabilität zu gewährleisten, Stabilität durch Fortschritt zu fördern und Neues zu schaffen, bevor wir Altes abschaffen“, sagte Li. Die Transformation des Wachstumsmodells müsse vorangetrieben werden. Bis 11. März wollen die Abgeordneten des Volkskongresses die Pläne der Regierung von Staats- und Parteichef Xi Jinping billigen.

Ministerpräsident Li Qiang redet beim nationalen Volkskongress Chinas
Reuters/Tingshu Wang
Li stellte seine Pläne für das Verteidigungsbudget 2024 vor

Der Verteidigungshaushalt wird von Chinas Nachbarn und den USA aufmerksam beobachtet: Die Entscheidung, das Budget zu erhöhen, dürfte auch mit dem angespannten Verhältnis zu Taiwan, das China als abtrünnige Provinz betrachtet, und umstrittenen Gebietsansprüchen im Südchinesischen Meer zusammenhängen.

Philippinen werfen China erneut illegale Manöver vor

Im Südchinesischen Meer kam es indes wieder zu einem Zwischenfall zwischen China und den Philippinen. Nach philippinischen Angaben soll China vier philippinische Seeleute verletzt und zwei Boote beschädigt zu haben. Die chinesischen Schiffe hätten bei dem Versuch, eine Versorgungsmission zu behindern, Wasserwerfer eingesetzt und „gefährliche Manöver“ unternommen, sagte die zuständige Taskforce der Regierung am Dienstag. Die chinesische Küstenwache teilte ihrerseits mit, sie habe „Kontrollmaßnahmen“ gegen philippinische Schiffe ergriffen, die illegal in die Gewässer um das Ren’ai-Riff „eingedrungen“ seien.

Aus Protest gegen „aggressive“ Handlungen der chinesischen Küstenwache bestellten die Philippinen einen Vertreter Pekings ein. Das Außenministerium sagte, es habe dem Vertreter Chinas in Manila mitgeteilt, dass der Vorfall „inakzeptabel“ sei.

Größte Armee der Welt

Die Volksrepublik unterhält gemessen an den geschätzt zwei Millionen aktiven Soldaten und Soldatinnen die größte Armee der Welt. Chinas Verteidigungsbudget ist in den vergangenen Jahren immer stärker als die Gesamtausgaben gestiegen. Auch lag der Anstieg meist über der Wachstumsrate der Wirtschaft.

Chinas Volkskongress beginnt Jahrestagung

Der Nationale Volkskongress Chinas ist am Dienstag in Peking zu seiner jährlichen Tagung zusammengetreten. Ministerpräsident Li Qiang trug zum Auftakt seinen Arbeitsbericht vor und präsentierte dabei das mit Spannung erwartete Ziel für das heurige Wirtschaftswachstum. Wie schon im Vorjahr wurde es mit „rund fünf Prozent“ angegeben. Bis 11. März billigen die fast 3.000 Abgeordneten die Pläne der Regierung von Staats- und Parteichef Xi Jinping.

Die Beziehungen zwischen Taiwan und China sind angespannt, da die Volksrepublik die demokratisch regierte Insel als abtrünnige Provinz betrachtet. Im Jänner wurde der bisherige Vizepräsident Lai Ching-te trotz Drohungen aus China zum neuen Präsidenten gewählt. Er tritt für die Unabhängigkeit Taiwans ein.

Experten: Wachstum 2023 Nachholeffekt aus Pandemie

Das Wachstumsziel wird von Beobachterinnen und Beobachtern als ambitioniert angesehen. Im Vorjahr war es mit 5,2 Prozent knapp übertroffen worden, doch gibt es von Fachleuten große Zweifel an der Zuverlässigkeit der chinesischen Statistiken. 2023 spielten der Regierung Nachholeffekte nach der Coronavirus-Pandemie in die Hände, die heuer wegfallen. Jüngst litt die chinesische Wirtschaft unter schwacher globaler Nachfrage und dem schwachen Binnenkonsum. Der chinesische Aktienmarkt steht zudem stark unter Druck.

Beim diesjährigen Volkskongress gab es Anzeichen, dass Peking dem krisengeschüttelten Immobilienmarkt stärker unter die Arme greifen will. So tauchte in den am Dienstag vorgelegten Regierungsberichten erstmals seit Jahren nicht mehr die Formulierung auf, „dass Wohnungen zum Leben und nicht zum Spekulieren da sind“.

Ende des Gießkannenprinzips?

Insgesamt fehlten Beobachterinnen und Beobachtern zufolge aber Impulse, die auf ein großes Konjunkturpaket schließen lassen. Die Botschaft lautet vielmehr: Peking will Kurs halten und das Geld nicht mit der Gießkanne verteilen. Vor allem Zukunftstechnologien sollen gefördert werden. Bei der Neuverschuldung ist dagegen Zurückhaltung angesagt.

Wie aus dem Budgetentwurf hervorging, soll so das Defizit im laufenden Jahr bei drei Prozent der Wirtschaftsleistung liegen. Für 2022 waren ebenfalls drei Prozent vorgesehen, die aber später auf 3,8 Prozent angehoben wurden. Li kündigte zudem an, dass in diesem Jahr mehr als zwölf Millionen neue Arbeitsplätze in den Städten geschaffen werden sollen. Außerdem strebt die Regierung wie im Vorjahr eine Arbeitslosenquote von rund 5,5 Prozent an. Die Inflation soll bei rund drei Prozent liegen.

„Neue Produktivkräfte“

Weitere Themen der Jahrestagung dürften die Öffnung des Landes für Investitionen und Reformen sowie die von Xi zuletzt öfter prominent bei öffentlichen Reden angesprochenen „neuen Produktivkräfte“ sein – ein Begriff, mit dem China Fokus auf den Fortschritt des Landes durch digitale Technologien und künstliche Intelligenz (KI) legen will.

Der Nationale Volkskongress ist das nicht frei gewählte Parlament Chinas unter der Alleinherrschaft der Kommunistischen Partei (KPCh). Bei seiner jährlichen Sitzung segnen die Abgeordneten die Pläne und Ziele der Regierung von Staats- und Parteichef Xi und Ministerpräsident Li ab. Der Volkskongress tagt noch bis Montag.