Margrethe Vestager, Josep Borrell und Thierry Breton
Reuters/Yves Herman
Mehr Waffen „made in Europe“

EU-Pläne für Ausbau der Rüstungsindustrie

Die EU-Kommission hat am Dienstagvormittag Vorschläge für eine europäische Verteidigungsstrategie gemacht. Im Zentrum stehen gemeinsame Rüstungsprojekte und a la longue eine gemeinsame Verteidigungsindustrie. Die Ambition ist da, die Notwendigkeit sowieso, bedingt durch den Krieg, den Russland in der Ukraine führt, aber die künftige Finanzierung der gemeinsamen Verteidigung und die Rollenverteilung zwischen der Kommission und den EU-Mitgliedern werfen noch viele Fragen auf.

Die Munitionsbeschaffung zugunsten der Ukraine oder besser das Scheitern der Beschaffung machte das Defizit in Europa vor Kurzem für alle Welt offenkundig. Zugesagt hatten die europäischen Staaten eine Million Artilleriegranaten, geliefert wurde zum versprochenen Zeitpunkt gerade die Hälfte. Die Bestände waren leer, die Neuproduktion kam nicht nach. Die Ukraine geriet in die Defensive, während Russland aus allen Rohren weiterfeuerte.

Tschechien, Frankreich und andere EU-Länder versuchen derzeit, die Munition doch noch schnell aufzutreiben, aber der Eindruck der Unzulänglichkeit bleibt. „Europa ist in Gefahr“, sagte der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell heute bei der gemeinsamen Vorstellung der Rüstungsinitiative in Brüssel, „der Krieg an unserer Grenze.“ Die EU müsse die Verteidigungskapazität ausbauen, und das schnell.

EU-Kommission für Ausbau der Rüstungsindustrie

Die EU-Kommission hat am Dienstagvormittag Vorschläge für eine europäische Verteidigungsstrategie gemacht. Im Zentrum stehen gemeinsame Rüstungsprojekte und a la longue eine gemeinsame Verteidigungsindustrie.

Europa soll in Verteidigungsfragen unabhängiger werden

1,5 Milliarden Euro sieht die EU-Kommission für die nächsten drei Jahre für gemeinsame Verteidigungsvorhaben aus dem gemeinsamen Haushalt vor, 500 Millionen pro Jahr. Mehr ging kurzfristig nicht, der mehrjährige Haushalt war bereits davor vereinbart worden. Die Summe wirkt arg bescheiden, vor allem wenn man sie in ein Verhältnis setzt zu dem, was der französische EU-Industriekommissar Thiery Breton erst kürzlich für nötig erachtet hatte: nämlich 100 Milliarden pro Jahr.

Zukünftige Rheinmetall-Fabrik
Reuters/Fabian Bimmer
Ausbau der Rüstungsproduktion a la Rheinmetall. Die Firma baut im deutschen Unterlüß eine neue Fabrik.

Größere Anstrengungen, eigene und gemeinsame Projekte zu lancieren, stehen im Fokus der Kommission. Das Ziel: Bis zum Jahr 2030 sollen 40 Prozent der Rüstungsgüter in der EU aus gemeinsamer europäischer Produktion stammen. Im Moment sind es nur 20 Prozent, die USA sind dominant. Die heute ausgegebene Losung: „mehr, besser, gemeinsam und europäisch“ produzieren, ob Munition, Drohnen, Artillerie oder Flugzeuge.

Die EIB soll eine Rolle bei der Finanzierung übernehmen

Weil Geld immer knapp ist, soll die Europäische Investitionsbank (EIB) künftig bei der Finanzierung von Rüstungsprojekten helfen. Die Bank ist mehr als 500 Milliarden Euro schwer und gehört quasi den 27 EU-Mitgliedsländern. Aber das Mandat der Bank müsste geändert werden. Rüstungsgeschäfte liegen außerhalb ihrer Zuständigkeit.

Europäische Investitionsbank
Reuters/Eric Vidal
Die EIB, die Bank der EU, soll künftig auch in nachhaltige Rüstung investieren

Die Kommission könnte demnächst auch Ernst machen mit dem Vorhaben, die Erträge von eingefrorenem russischen Vermögen zu nutzen – zum Kauf für Waffen für die Ukraine. Es spießt sich aber anscheinend noch. Neue Details gibt es nicht.

Zuständigkeitskonflikte programmiert

Bei allem gegenwärtigen Gleichklang der grundsätzlichen politischen Absichten, die Einigkeit in der Union könnte schnell vorbei sein. Die Staaten werden der EU-Kommission keinen freien Lauf lassen und sind im Übrigen selber in strategischen Fragen oft uneinig.