Blick auf Moschee Al-Aqsa in Jerusalem
Reuters/Ammar Awad
Ramadan

Israel erlaubt Gläubigen Zugang zu al-Aksa

Entgegen der Forderungen des rechtsextremen Regierungspartners hat Israels Premier Benjamin Netanjahu keine neuen Beschränkungen für Muslime, die zum Ramadan auf den Tempelberg in Jerusalem wollen, erlassen. In der ersten Woche des Fastenmonats, der am Sonntag beginnt, werde eine ähnliche Anzahl von Gläubigen in das Gelände der Al-Aksa-Moschee eingelassen wie in den Jahren zuvor, hieß es am Dienstag in einer Erklärung.

Die Sorge vor möglichen Auseinandersetzungen um den Tempelberg in Jerusalem ist angesichts der Sicherheitslage seit dem 7. Oktober enorm. Hamas-Vertreter hatten die Palästinenser in Jerusalem und im Westjordanland aufgerufen, zum Beginn des Ramadan zur Al-Aksa-Moschee zu ziehen und „jeden Tag des Fastenmonats zu einem Tag der Zusammenstöße“ zu machen.

Der rechtsextreme Polizeiminister Israels, Itamar Ben-Gvir, pochte auf weitreichende Beschränkungen für Palästinenser aus dem Westjordanland. Mitte Februar hatte er verlangt, dass Muslime aus Israel im Alter unter 70 Jahren keinen Zugang zu der Anlage haben, während er Palästinensern aus dem besetzten Westjordanland grundsätzlich verwehrt werden soll. Am Montag bekräftigte Ben-Gvir seine Forderungen.

Offenbar Geheimdienst gegen Limits

Doch Netanjahu entschied am Dienstag anders: In der ersten Woche sollen so viele Muslime kommen wie früher. Jede Woche danach werde eine neue Sicherheitsbewertung durchgeführt. Eine genaue Anzahl von Zulassungen wurde nicht kommuniziert. „Unter Berücksichtigung der Sicherheitsbedingungen werden wir alles tun, um die freie Religionsausübung auf dem Tempelberg zu gewährleisten und den Muslimen zu erlauben zu feiern“, hieß es.

Die Entscheidung war mit hochrangigen israelischen Sicherheitsbeamten getroffen worden. Medienberichten zufolge lehnen der israelische Inlandsgeheimdienst Schin Bet und das Militär strenge Auflagen ab, weil diese in der Vergangenheit zu Zusammenstößen geführt haben.

Drohungen aus Ankara

Am Montag hatte der jordanische König Abdullah II. Israel zur Mäßigung aufgerufen. Er hatte am Montag drei arabische Abgeordnete des israelischen Parlaments empfangen, die den König um Unterstützung für ungehinderten Zugang für Muslime zur Al-Aksa-Moschee baten.

Das jordanische Königshaus hat zumindest symbolisch die Schirmherrschaft für die heiligen Stätten in Jerusalem, auch wenn diese de facto seit dem Sechstagekrieg im Jahr 1967 von Israel kontrolliert werden. Abdullah II. mahnte Israel einer Mitteilung seines Büros zufolge zur Zurückhaltung. Alle Seiten müssten zu einer Deeskalation beitragen.

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan drohte Israel am Dienstag mit „sehr ernsten Konsequenzen“, sollte es palästinensischen Muslimen den Zugang zu heiligen Stätten in Jerusalem untersagen. „Die Forderungen radikaler israelischer Politiker, den Muslimen den Zugang zum Tempelberg zu beschränken, sind völliger Unsinn“, sagte er.

Heiligtum für beide Seiten

Im vergangenen Jahr war der Zugang zum Tempelberg Frauen jeden Alters, Männern wiederum nur über 55 Jahren erlaubt. Der Tempelberg mit dem Felsendom und der Al-Aksa-Moschee ist die drittheiligste Stätte im Islam. Als Maßnahme zur Deeskalation wurde in den vergangenen Jahren zudem Juden der Besuch für die letzten zehn Tage des Ramadan verboten. Der Tempelberg (arabisch: al-Haram al-Scharif) gilt auch Juden als heilig, weil es die Stätte der beiden in der Antike zerstörten jüdischen Tempel ist.

Immer wieder war der Tempelberg in der Jerusalemer Altstadt Schauplatz von Provokationen im israelisch-palästinensischen Konflikt und von Gewaltausbrüchen. So hatte etwa der zweite Palästinenseraufstand (Intifada) im Jahr 2000 nach einem demonstrativen Besuch von Israels damaligem Oppositionsführer Ariel Scharon auf dem Tempelberg begonnen.

Gespräche über Waffenruhe gehen weiter

Die Gespräche in Kairo über eine vorübergehende Waffenruhe im Gaza-Krieg werden indes nach Angaben ägyptischer Sicherheitskreise fortgesetzt, wie die dpa meldete. Dort verhandeln Vertreter aus den Vermittlerstaaten USA, Katar und Ägypten mit der Hamas, Israel nimmt nicht direkt an den Gesprächen teil.

Den Informationen zufolge sollen die Gespräche sogar in einem fortgeschrittenen Stadium sein. Sie könnten innerhalb von Tagen eine Waffenruhe sowie den Austausch von israelischen Geiseln gegen palästinensische Häftlinge bringen, hieß es. Die Hamas fordert einen Waffenstillstand und einen „Rückzug der Besatzungstruppen“. Die Terrororganisation bekräftigte am Mittwoch aber ihre Bereitschaft zu einem Deal mit Israel.

Israel lehnt einen umfassenden Waffenstillstand bisher ab und strebt weiterhin eine Zerstörung der Hamas an. Aus israelischer Sicht ist daher im Rahmen einer Vereinbarung nur eine vorübergehende Feuerpause denkbar.

USA für UNO-Resolution mit sofortigem Waffenstillstand

Die USA setzen im Ringen um eine Feuerpause auch auf den UNO-Sicherheitsrat. In einem aktuellen Resolutionsentwurf drängen die USA auf „einen sofortigen Waffenstillstand von etwa sechs Wochen im Gazastreifen verbunden mit der Freilassung aller Geiseln“.

Im ursprünglichen Entwurf war nur von einem „vorübergehenden Waffenstillstand“ die Rede gewesen. Damit steigt der Druck auf Israel, einer Vereinbarung mit der Hamas zuzustimmen. Um die Resolution zu verabschieden, sind mindestens neun Stimmen und kein Veto der USA, Frankreichs, Großbritanniens, Russlands und Chinas erforderlich.

Unklarheit über Geiseln

US-Außenminister Antony Blinken betonte am Rande eines Treffens mit dem katarischen Ministerpräsidenten Mohammed bin Abdulrahman Al Thani in Washington, es liege an der Hamas, sich auf eine Waffenruhe einzulassen. Die Lage der Menschen in Gaza „im von der Hamas ausgelösten Kreuzfeuer“ bezeichnete Blinken als „inakzeptabel und unhaltbar“. Israel müsse „alle möglichen Mittel und Methoden maximieren, um denjenigen Menschen Hilfe zukommen zu lassen, die sie brauchen“.

US-Präsident Joe Biden betonte, dass er eine vorübergehende Waffenruhe vor dem Ramadan für dringend notwendig hält. „Wenn wir in Umstände geraten, unter denen das bis Ramadan weitergeht, dann könnte es sehr, sehr gefährlich werden“, sagte Biden am Dienstag. „Der Geiseldeal ist im Moment in den Händen der Hamas“.

Netanjahu fordert von der Terrororganisation unter anderem, eine Liste mit den Namen der noch lebenden Geiseln in ihrer Gewalt vorzulegen. Hamas-Vertreter gaben jedoch an, wegen der israelischen Angriffe nicht sagen zu können, welche der aus Israel entführten Geiseln noch am Leben sind.