Logo des EVP-Kongresses in Bukarest
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Vor EU-Wahl

ÖVP will EVP-Wahlprogramm nicht zustimmen

In Bukarest sollen am Mittwoch und Donnerstag die EVP-Spitzenkandidatin für die EU-Kommissionspräsidentschaft, Ursula von der Leyen, gewählt und das Wahlprogramm der Europäischen Volkspartei (EVP) beschlossen werden. Die ÖVP wolle diesem „EVP-Manifesto“ aber nicht zustimmen, teilte Generalsekretär Christian Stocker Mittwochvormittag mit. Es gebe „einige rote Linien“, die die ÖVP nicht mittragen könne.

Deshalb werden die ÖVP-Delegierten das EVP-Programm nicht annehmen. Es gebe „viele gute Vorschläge und wichtige Punkte im Manifesto“, so Stocker, aber es gebe Punkte, denen die ÖVP nicht zustimmen können. Konkret handelt es sich um eine geforderte Zustimmung zur Kernenergie, zur Schengen-Erweiterung und zur Abschaffung des Einstimmigkeitsprinzips in der gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik. ÖVP-Chef Karl Nehammer sprach am Mittwoch nach dem Ministerrat von „Unschärfen“ im Programm.

„Wir haben klare Positionen und eine klare Haltung als Volkspartei auch in Europa, dazu stehen wir und dabei können wir auch nicht abweichen“, hielt Stocker fest. Österreich könne der Kernenergie nicht zustimmen. Auch mit der geforderten Aufnahme von Rumänien und Bulgarien in den Schengen-Raum kann der ÖVP-Generalsekretär wenig anfangen: „Das Schengen-System ist kaputt. Wir müssen das System reparieren und dürfen es nicht schönreden.“ EVP-Vorsitzender Manfred Weber sagte zur angekündigten österreichischen Enthaltung, dass die EVP eine breite, demokratische Partei mit unterschiedlichen Meinungen sei.

Nehammer-Rede am Donnerstag

Positiv bewertete Stocker, dass einige ÖVP-Forderungen im Kampf gegen illegale Migration zum Konzept des sicheren Drittstaates enthalten seien. Nehammer hatte bereits beim EVP-Kongress im Juni 2022 mit scharfen Tönen bei der Migrationspolitik aufhorchen lassen. Man dürfe angesichts des Ukraine-Krieges nicht auf dieses Thema vergessen. Probleme wie illegale Migration, Terrorismus und organisierte Kriminalität bestünden „vollumfänglich weiter“.

Nehammer wird am Donnerstag in Bukarest sprechen. Auch Reinhold Lopatka, ÖVP-Spitzenkandidat für die EU-Wahl, kommt am zweiten Tag. Bereits am Mittwoch sind Europaministerin Karoline Edtstadler sowie die EU-Abgeordneten Othmar Karas und Christian Sagartz (alle ÖVP) beim EVP-Kongress. Auch Kommissar Johannes Hahn, zugleich EVP-Vizepräsident, nimmt teil. Er ließ wissen: „Ich werde in meiner Funktion als EVP-Vizepräsident natürlich für das EVP-Wahlprogramm stimmen, aber zuvor mit der österreichischen Delegation über ihre Einwände sprechen.“

Auch ÖVP-Abgeordneter Othmar Karas will dem Manifest trotzdem zustimmen: „Meine inhaltlichen Positionen sind bekannt: Ich halte das Schengen-Veto für einen Fehler, es behindert auch eine sichere gemeinsame Außengrenze. Das Ende der Einstimmigkeit in Fragen der Außen-, Sicherheits- und Verteidigungspolitik wäre gerade in diesen Zeiten ein starkes Signal für mehr Handlungsfähigkeit.“

ÖVP für von der Leyen: „Derzeit kein anderer Plan“

Das Wahlmanifest, bestehend aus den beiden Pfeilern Wohlstand und Sicherheit, soll am Mittwoch von rund 2.000 Delegierten aus 44 Ländern verabschiedet werden. Aufgrund des sich in Umfragen abzeichnenden Rechtsrucks bei der EU-Wahl im Juni wollen sich auch Teile der EVP deutlich weiter rechts positionieren. Laut Weber stehen die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit und Wirtschaft sowie die Sicherung des Friedens und der Stärkung der militärischen Kraft Europas im Zentrum. Er bekräftigte zudem die Unterstützung für die „vollständige Schengen-Erweiterung“.

EVP-Chef Manfred Weber
AP/Andreea Alexandru
EVP-Chef Manfred Weber will am Mittwoch über das Wahlprogramm abstimmen lassen

Bei der Wahl zur Spitzenkandidatin kann sich von der Leyen als einzige Kandidatin eine klare Zustimmung erwarten. Auch die ÖVP will die amtierende Kommissionspräsidentin unterstützen. „Ja, wir haben derzeit keinen anderen Plan“, sagte Nehammer kürzlich.

Kritik an Klimapolitik

Ablehnender zeigte sich bereits im Vorfeld die französische Partei Les Republicains (LR). Die Bilanz von der Leyens entspreche nicht dem, was Europa heute erwarte. LR-Spitzenkandidat Francois Xavier-Bellamy nahm dabei Bezug auf das EU-Renaturierungsgesetz, das ein wesentlicher Pfeiler des von der Kommissionspräsidentin initiierten „Green Deal“ ist, wogegen aber innerhalb der EVP verbreitet Ablehnung herrscht.

Auch Nehammer kritisierte die Klimapolitik in der Amtszeit von der Leyens. Zuletzt habe sie aber „wichtige Signale gesetzt, was den Verbrennungsmotor betrifft“. Von der Leyen will nun das ab 2035 geplante Verbot für Neuwagen prüfen lassen.