Blick in den Ausschusssaal
ORF/Patrick Bauer
COFAG-U-Ausschuss

Signas „überstürzter Abzug“ aus Wien

Der parlamentarische COFAG-Untersuchungsausschuss hat am Donnerstag seine Befragungen fortgesetzt. Bereits am Vortag beschäftigte sich das Gremium intensiv mit Rene Benko und seiner kollabierten Signa – so wurde etwa publik, dass dieser den Verlust seines Privatjets steuerlich geltend machte. Tags darauf stand ein ehemaliger Finanzbeamter Rede und Antwort, der mit der Steuercausa Rene Benko befasst war. Er berichtete über den „überstürzten Abzug“ der Signa von Wien nach Innsbruck.

Die Auskunftsperson hat durchaus Einblicke und eine lange Karriere hinter sich: Zuletzt war er von 2012 bis 2020 Vorstand des Finanzamts Wien 1/23, danach leitete er die Dienststelle 1/23 des Finanzamts Österreich, dort war er unter anderem mit Personalangelegenheiten und der Kommunikation mit Ministerien betraut – er war also auch für Benkos Signa zuständig.

Entsprechend ging es in seiner Befragung um die Sitzverlegung der Signa Holding nach Innsbruck und den damit verbundenen Wechsel des zuständigen Finanzamts. Der Ex-Beamte sprach von einem „überstürzten Abzug aus Wien“ – die Gründe dafür könne man „nur vermuten“.

Innsbruck brachte Vorteil

Zur Erklärung: 2018 verlegte die Signa Holding ihren Sitz nach Unstimmigkeiten mit dem zuständigen Finanzamt von Wien nach Innsbruck – in Tirol konnte Benkos Signa ihre Rechtsansicht schließlich durchbringen. Die Vorteile für die Signa: eine deutlich geringere Steuerlast.

Der befragte Ex-Beamte hatte per Schreiben damals Zweifel an diesem Abzug geäußert, damit wurde er auch bei der Befragung konfrontiert. Die Umstände führte er genauer aus: Von Signa sei eine Gesellschaft nach Luxemburg verkauft worden, in dieser Gesellschaft habe sich das Goldene Quartier in Wien befunden. Diese Anteile seien ohne Gewinnaufschlag um 141 Mio. Euro verkauft worden.

Nur 36 statt 50 Mio. Euro

Nur zwei Wochen später sei die Gesellschaft von der luxemburgischen Gesellschaft um 195 Mio. Euro weiterverkauft worden. In Österreich wäre somit kein zu versteuernder Gewinn angefallen, in Luxemburg jedoch 54 Millionen Euro. „Uns waren keine Gründe bekannt, wieso in Luxemburg so eine Wertsteigerung passierte“, führte die Auskunftsperson aus. Die Steuervorschreibung wurde vorgelegt.

Man habe 50 Mio. Euro als Bemessungsgrundlage für die Versteuerung veranschlagt, Signa habe aber nur 35 Mio. Euro zahlen wollen. Freilich sei das keine Frage der Auslegung, sondern eine Sachverhaltsannahme der Finanz und somit nicht verhandelbar, so die Auskunftsperson sinngemäß. Er habe verhindern wollen, dass Österreich die Körperschaftssteuer entgeht.

Nina Tomaselli, Fraktionsvorsitzende der Grünen
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Die Grünen-Fraktionschefin Nina Tomaselli fragte, ob das Vorgehen Signas „normal“ sei

„Will keine Vermutungen anstellen“

Danach sei aber die Sitzverlegung nach Innsbruck seitens Signa in Gang gesetzt worden und damit auch eine geänderte Zuständigkeit hinsichtlich der Abgaben. In Innsbruck wurde die Steuerbemessungsgrundlage mit nur 36 Mio. Euro angesetzt. Wieso das Finanzamt Innsbruck dann eine niedrigere Bemessungsgrundlage wählte? „Das kann ich Ihnen nicht sagen“, meinte der Ex-Beamte.

Auch Vermutungen wollte er nicht anstellen, es sei ihm nur alles „zu schnell gegangen“. Zwar kämen Sitzverlegungen vor, nur seien Zeitpunkt und Tempo ungewöhnlich gewesen. Üblich sei gewesen, dass Prüfungen abgeschlossen werden. Politische Interventionen habe er aber jedenfalls in 43 Jahren Berufstätigkeit nie gehabt, hielt die Auskunftsperson fest.

„Wieso helfts Ihr dem Benko so?“

Die Auskunftsperson erzählte, dass er vom damaligen Sektionschef im Finanzministerium, Eduard Müller, kontaktiert worden sei. Er habe Müller gesagt, „dass man nicht in Luxemburg 54 Mio. Euro verdient und in Österreich nix“, schilderte die Auskunftsperson.

Er habe Müller mitgeteilt, dass sich Benko „nicht aussuchen kann, was er will“. Müller habe dann geantwortet, dass Benko „viel für Österreich getan“ habe, auch von 5.000 Arbeitsplätzen sei die Rede gewesen. Für den Ex-Beamten kein Argument: „Warum helfts Ihr dem Benko so?“, habe er dann den Finanzminister gefragt. Müller betonte dazu gegenüber dem ORF, dss Zitat sei aus dem Kontext gerissen. Der Befragte habe bei der Besprechung Benko als Spekulanten bezeichnet – und er darauf erwidert, dass er für die einen ein Spekulant, für die anderen ein Retter von Arbeitsplätzen sei. Für die Finanzverwaltung sei er aber „ein Steuerzahler wie jeder andere“, so Müller.

Der frühere Finanzbeamte sagte vor dem U-Ausschuss weiter, er habe Müller in der Besprechung auf möglichen Amtsmissbrauch hingewiesen, wenn man der plötzlichen Wertsteigerung in Luxemburg binnen weniger Wochen nicht nachgehe. Er habe gewusst, dass man „geschützt“ sei, wenn man das Wort Amtsmissbrauch gegenüber einem Vorgesetzten fallen lasse.

Christoph Matznetter, SPÖ Fraktionsmitglied
ORF/Patrick Bauer
Christoph Matznetter fragte für die SPÖ

Die erste Auskunftsperson berichtete auch davon, dass sich Müller bei ihm bei einer Besprechung sehr „aufgeregt“ habe, dass er einen elektronischen Aktenvermerk zur Causa Signa und der raschen Verlegung nach Innsbruck anlegte und das nicht per Mail kommuniziert habe. Eine Mail habe er aber nicht für sicher erachtet, so der Zeuge. Auf ORF-Anfrage betonte Müller, er habe nur kritisiert, dass der Vermerk so angelegt war, dass er für alle Ministeriumsmitarbeiter einsehbar war, obwohl darin Steuergeheimnisse enthalten waren.