Personen demonstrieren gegen gleichgeschlechtliche Ehe
AP/Yorgos Karahalis
Griechenland

Kirche schäumt über gleichgeschlechtliche Ehe

Trotz heftigen Widerstands der mächtigen griechisch-orthodoxen Kirche und von Abgeordneten der eigenen Partei hat der konservative griechische Ministerpräsident Kyriakos Mitsotakis die Möglichkeit zu heiraten und das Adoptionsrecht für gleichgeschlechtliche Paare auf den Weg gebracht. Kleriker sind empört über die „dämonische“ Entscheidung im Parlament und fordern Strafmaßnahmen gegen die Abgeordneten.

Mitte Februar stimmte eine Mehrheit von 176 der 300 Abgeordneten für die Legalisierung der gleichgeschlechtlichen Ehe – erstmals in einem christlich-orthodoxen Land. Am Wochenende fand die erste Eheschließung eines gleichgeschlechtlichen Paares in Athen statt. Die Wut der griechisch-orthodoxen Kirche, die schon vor der Parlamentsabstimmung einen „Heiligen Krieg“ gegen das Gesetz angekündigt hatte, wuchs nach der Verabschiedung weiter.

Sie befürchtet, dass Kinder gleichgeschlechtlicher Paare in einem „Umfeld der Verwirrung“ aufwachsen würden. Kirchenvertreter riefen dazu auf, „unmoralische Gesetzgeber“ aus der Kirche auszuschließen. Bischof Ambrosios schrieb in einem offenen Brief, dass er Mitsotakis und die 176 Abgeordneten exkommunizieren wolle: „Unsere orthodoxe Kirche wird belagert (…). Es sollte eine Revolution gegen all jene ausgerufen werden, die das Gesetz Gottes verwässern.“

Personen demonstrieren gegen gleichgeschlechtliche Ehe
Reuters/Louisa Gouliamaki
Die Kirche machte schon vor Beschluss des Gesetzes im Parlament dagegen mobil

Buße von Abgeordneten gefordert

Auf Korfu wurde nun zwei Abgeordneten, die bei der Parlamentsabstimmung für das Gesetz gestimmt hatten, ein Verbot religiöser Rituale wie des Abendmahls in Aussicht gestellt. Das Bistum der Insel forderte die Parlamentarier auf, Buße zu tun, da sie durch die Unterstützung des Gesetzesentwurfs „den tiefsten geistlichen und moralischen Fehler“ begangen hätten, berichtete die Agentur AP von der Reaktion der Kleriker auf Korfu. Die linke PASOK, der einer der beiden kritisierten Abgeordneten auf Korfu angehört, bezeichnete die Entscheidung des Bistums als „inakzeptabel“.

Die Kirche könnte eine Volksabstimmung initiieren. Erzbischof Hieronymos II. hatte den Gesetzesentwurf als „reines Übel“ bezeichnet. Er schlug vor, das Volk zu befragen. Umfragen zufolge befürwortet nur eine knappe Mehrheit der Bevölkerung die Gleichstellung im Eherecht. Noch wenige Tage vor der Parlamentsabstimmung protestierten rund 4.000 Menschen mit Ikonen und Kruzifixen gegen die Reform. Auch die konservative Regierungspartei Nea Dimokratia (ND) von Premier Mitsotakis ist skeptisch.

Griechischer Premierminister Kyriakos Mitsotakis
Reuters/Louisa Gouliamaki
Mitsotakis forcierte das Gesetz zur Einführung der gleichgeschlechtlichen Ehe trotz heftigen Widerstands

„Meilenstein der Menschenrechte“

Mitsotakis hatte daher den Mandataren seiner Partei freigestellt, nach ihrem Gewissen abzustimmen. Einige ND-Abgeordnete enthielten sich, nahmen an der Sitzung nicht teil oder stimmten dagegen wie auch mehrere Abgeordnete der linken Opposition. Die Mehrheit kam aufgrund einer seltenen parteiübergreifenden Übereinstimmung von linken, sozialdemokratischen und konservativen Parlamentariern und Parlamentarierinnen zustande. Mitsotakis bezeichnete die Annahme des Gesetzesentwurfs als „Meilenstein für die Menschenrechte“. Die Organisation Regenbogenfamilien Griechenland sprach von einem „Tag der Freude“.

Menschenmenge vor dem griechischen Parlament jubelt nach Gesetzesbeschluss
Reuters/Louisa Gouliamaki
Menschen feierten die Legalisierung der gleichgeschlechtlichen Ehe nach dem Beschluss im Parlament

Kirche auf Konfrontationskurs zur Politik

Die griechisch-orthodoxe Kirche befürchtet, dass mit dem Gesetz gleichgeschlechtliche Paare andere Rechte einfordern und der „Zusammenhalt des Vaterlands korrumpiert“ würde. Sie befindet sich auf Konfrontationskurs zur Politik. Ein Gottesdienst am 24. März, einer der höchsten Feiertage der östlichen orthodoxen Kirche, wurde von der Kathedrale in Athen in eine kleinere Kirche verlegt, Präsidentin Katerina Sakellaropoulou wurde nicht wie sonst üblich eingeladen.

Der Erzbischof und andere führende Kleriker kündigten auch an, eine Essenseinladung der Präsidentin, an der üblicherweise weltliche und geistliche Führer Griechenlands teilnehmen, abzulehnen, berichtete der „Guardian“ am Donnerstag.

Mit dem Gesetz wurde nicht nur die gleichgeschlechtliche Ehe legalisiert, sondern diesen Partnerschaften mit Kindern auch volle Elternrechte eingeräumt. Elternschaft durch Leihmütter bleibt allerdings weiterhin verboten. Weltweit ist eine Adoption für gleichgeschlechtliche Eltern in 36 Ländern möglich, darunter 16 EU-Staaten. In Österreich ist die Adoption durch gleichgeschlechtliche Paare seit 2016 erlaubt.