Gewalt in Haiti: Banden griffen Regierungsgebäude an

Nach Tagen heftiger Bandengewalt in Haitis Hauptstadt Port-au-Prince sind nach Medienberichten mehrere Gebäude im Regierungsviertel angegriffen worden. Zu den Zielen der mutmaßlichen Banditen gehörten gestern Abend (Ortszeit) der Nationalpalast, das Innenministerium und ein regionales Hauptquartier der Polizei, wie haitianische und US-Medien meldeten. Nutzerinnen und Nutzer sozialer Netzwerke berichteten von heftigen Schusswechseln.

Bereits seit gut einer Woche legt Gewalt Port-au-Prince lahm. Polizeiwachen wurden angegriffen, auch auf dem Flughafen fielen Schüsse – alle Flüge fielen aus. Das Gesundheitssystem stand nach Angaben des UNO-Hochkommissars für Menschenrechte, Volker Türk, vom Mittwoch am Rande des Zusammenbruchs. Bei Angriffen auf zwei Gefängnisse vergangenen Samstag waren diesem zufolge mehr als 4.500 Häftlinge ausgebrochen.

Angespannte humanitäre Lage

Die humanitäre Lage in Haiti war schon zuvor sehr angespannt. Laut UNO litt fast die Hälfte der elf Millionen Bewohnerinnen und Bewohner des Karibikstaats unter akutem Hunger, verschiedene brutal agierende Banden kontrollierten insgesamt rund 80 Prozent von Port-au-Prince.

Nun schlossen sich die zwei wichtigsten bewaffneten Gruppen zusammen. Ihr Anführer, Jimmy „Barbecue“ Cherizier, drohte mit einem Bürgerkrieg, wenn der interimistische Premierminister Ariel Henry nicht zurücktrete. Dieser hatte sich bereiterklärt, bis Ende August 2025 Wahlen abzuhalten.

Es wären die ersten in Haiti, seit Henry kurz nach der Ermordung des Präsidenten Jovenel Moise im Juli 2021 die Regierungsgeschäfte übernahm. Von einer Auslandsreise kehrte Henry offenbar wegen der Sicherheitslage bisher nicht zurück. Die US-Regierung forderte ihn auf, den Prozess in Richtung Wahlen zu beschleunigen. UNO-Generalsekretär Antonio Guterres rief dazu auf, eine bereits vom UNO-Sicherheitsrat genehmigte multinationale Sicherheitsmission in Haiti zu finanzieren.