Aufsichtsturm am Strand von Jesolo
IMAGO/Michael Kristen
Personalnot am Strand

Italien fehlen 4.000 Bademeister

Im roten T-Shirt und mit ihrem roten Ruderboot sind Italiens Bademeister Kult an den Stränden von Lignano bis Sizilien. Doch der Sommerjob ist kaum noch begehrt. Heuer soll der Personalmangel besonders dramatisch werden. 4.000 Bagnini würden fehlen, schreiben die Zeitungen.

Die Inhaber vieler italienischer Strandbäder schlagen Alarm. Sie befürchten, dass sie dieses Jahr nicht in der Lage sein werden, genug qualifizierte Bademeister zu finden. Noch hat die Badesaison zwar nicht begonnen, Tausende Bagnini werden aber bereits jetzt italienweit gesucht – nicht nur im Inland, auch im Ausland.

Auf vielen Internetportalen, auf denen nach Personal für den Tourismus gesucht wird, sind die Bagnini die am meisten gefragte Berufsgruppe. „Die Jagd auf Bademeister ist offiziell eröffnet, eine Tierart, die seit mehreren Jahren vom Aussterben bedroht ist“, schrieb etwa die Zeitung „La Nazione“. „Praktisch ausgestorben wie die Mönchsrobben“, formulierte die Zeitung „La Repubblica“ es ähnlich. Mindestens 4.000 Bagnini fehlen den Berichten zufolge.

Neue Hürden

Ein Grund für den Personalmangel ist unter anderem eine Vorschrift, die ab dem 1. April 2024 gelten soll. Beschlossen wurde sie zwar schon 2016, aber nie umgesetzt. Nun läuft die Verlängerungsfrist für die alte Regel endgültig aus. Künftig darf erst ab 18 Jahren als Bagnino gearbeitet werden statt wie bisher ab 16.

Rettungsboot an der italienischen Riviera
IMAGO/Pond5 Images
Der Beruf des Bagnino wird immer unbeliebter

Außerdem muss eine Ausbildung absolviert werden, deren Dauer von 30 auf 100 Stunden verlängert wird. Um Bademeister zu werden, muss eine Lizenz erworben werden, die am Ende eines Ausbildungskurses mit abschließender Prüfung erteilt wird. Dafür müssen ca. 500 Euro bezahlt werden. Die Hürden für einen klassischen Ferienjob junger Schulabgänger werden damit stark erhöht.

Gehalt wenig attraktiv

Das Monatsgehalt bei zwölf Arbeitsstunden pro Tag schwankt zwischen 1.400 und 1.800 Euro und ist nicht besonders attraktiv. Früher wurde den Bagnini zudem Verpflegung und Unterkunft gratis geboten, aber auch das ist nun nicht mehr garantiert. Kein Wunder, wenn vor allem Jugendliche nicht gewillt seien, den Sommerjob in den hochpreisigen Badeorten zu ergreifen, so die „Repubblica“.

„Viele junge Menschen wollen nicht mehr an Wochenenden und im Urlaubsmonat August arbeiten“, sagte der Präsident des Gewerkschaftsverbands der Strandanlagenbetreiber, Antonio Capocchione. Hinzu komme, dass Saisonkräfte in allen Wirtschaftssektoren schwer zu finden seien, sodass sich viele Bagnini rentablere und sicherere Jobs mit geregelten Arbeitszeiten suchen.

Nicht nur Lebensretter

Außerdem muss künftig alle fünf Jahre die Lebensretterprüfung wiederholt werden. Bisher reichte ein ärztliches Attest für die Verlängerung der entsprechenden Dokumente. Das könnte dazu führen, dass erfahrene Bademeister aus dem Dienst ausscheiden. „Ein erfahrener Retter, der weiß, wie man in rauer See das rettende Ruderboot manövriert, schafft es vielleicht nicht mehr, in den erforderlichen Sekunden die vorgegebene Strecke im Pool zurückzulegen“, zitierte „La Nazione“ den Bagnini-Trainer Luca Genovali.

Der italienische Schwimmverband verteidigte die Lizenz, indem er die damit verbundenen Vorteile hervorhob: Sie stelle eine berufliche Qualifikation dar. Doch die Praxis sehe oft anders aus, schrieb die Zeitung „Il Fatto Quotidiano“. Bagnini müssten nicht nur bei brenzligen Situationen eingreifen und lebensrettende Sofortmaßnahmen ergreifen. Oft würden sie auch zu anderen Arbeiten herangezogen wie den jeweiligen Strandabschnitt sauber halten, Gästen ihre Sonnenschirme und Liegebetten bringen, Touristen betreuen, verlorene Sachen suchen und kleine Wunden und Quallenstiche verarzten.

Ein Bagnino alle 180 Meter

Früher genügte an Stränden ein Bademeister alle 600 Meter. Heute verlangen die neuen Vorschriften einen alle 180 Meter. Ziel dieser Maßnahme ist es, mehr Sicherheit am Strand zu gewährleisten. Das führte jedoch unweigerlich zu einer Lücke beim Personal, die die Einrichtungen nur schwer füllen können. Heuer wird die Herausforderung noch größer. Ohne Bademeister im roten Dress droht den Strandbädern aber die Schließung.