Wahlplakate in Salzburg
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Salzburg und Bund

Protestpotenzial auch auf linker Seite

Nach den Gemeindewahlen in Salzburg am Sonntag stellt die ÖVP weiterhin die meisten Bürgermeister. In der Landeshauptstadt musste die Volkspartei aber eine Niederlage einstecken – hier gehen SPÖ-Kandidat Bernhard Auinger und KPÖ-plus-Gemeinderat Kay-Michael Dankl in die Stichwahl um das Amt des Stadtchefs. Für den Politikanalysten Thomas Hofer zeigt Dankls Abschneiden mit Blick auf den Bund, dass sich das „Potenzial der Unzufriedenen auch links entladen kann“.

Die KPÖ plus konnte in der Stadt Salzburg um mehr als 19 Prozent zulegen. Auf Platz eins kam die SPÖ mit einem leichten Minus. Die ÖVP, die bisher den Bürgermeister stellte, stürzte auf Platz drei ab. Das schwache Abschneiden der Volkspartei hat laut Hofer eine „hausgemachte“ Komponente: Der bisherige ÖVP-Bürgermeister Harald Preuner trat nicht mehr an, Spitzenkandidat Florian Kreibich ging ohne Amtsbonus in die Wahl – mehr dazu in salzburg.ORF.at .

Zudem erinnert Hofer gegenüber ORF.at daran, dass Salzburg „nie eine bürgerliche Stadt“ war. 20 Jahre lang regierte der Sozialdemokrat Heinz Schaden. 2019 dann eroberte die ÖVP das Bürgermeisteramt, laut Hofer auch getragen von der Popularität des damaligen Bundeskanzlers Sebastian Kurz.

ÖVP landesweit vorn

Salzburgweit betrachtet bleibt die Volkspartei tonangebende Kraft. Sie verlor zwar landesweit 7,7 Prozentpunkte, blieb aber mit 39,9 Prozent unangefochten stärkste Partei auf kommunaler Ebene. Landeshauptmann Wilfried Haslauer (ÖVP) sprach dennoch von einem „durchwachsenen“ Ergebnis – mehr dazu in salzburg.ORF.at .

Die SPÖ konnte ihr Ergebnis von 2019 mit 26,8 Prozent (minus 0,7) halten, die FPÖ legte 3,3 Punkte auf 13,3 Prozent zu, die Grünen kamen auf 7,1 Prozent (minus 0,3), NEOS auf 0,8 (minus 0,8), die KPÖ Plus schaffte 5,4 Prozent (plus 4,6), der Rest entfiel auf Namen- oder Gemeinschaftslisten.

Schwerer Stand für Regierende

Dennoch lässt sich aus der Wahl in der Stadt Salzburg laut Hofer auch für die Bundespolitik einiges ableiten. „Regierende sind aufgrund der aktuellen Themenlage grundsätzlich verwundbar“, so Hofer. Er verweist auf eine aktuelle Umfrage, bei der rund zwei Drittel der Befragten angaben, Österreich entwickle sich in eine falsche Richtung, und auf die schlechten Zustimmungsraten der schwarz-grünen Bundesregierung. Das Potenzial der Unzufriedenen sei groß, und anhand von Salzburg sehe man, „dass es sich auch links entladen kann“, sagte Hofer.

Stadt Salzburg: Stichwahl zwischen SPÖ und KPÖ

Bei den Gemeinderatswahlen gibt es in der Stadt Salzburg einen politischen Knalleffekt: Die SPÖ landet vor der KPÖ plus auf Platz eins, die ÖVP stürzt ab.

Zentral für den Erfolg sei die Person Dankl gewesen. Wie die kommunistische Bürgermeisterin von Graz, Elke Kahr, sei auch Dankl ein „sehr guter Kommunikator, der die harten Kanten des K im Parteinamen, das historisch und aktuell schwer belastet ist, ein bisschen abgeschmirgelt hat“.

Die KPÖ plus sei unter Dankls Führung „eher in Richtung Lebenshilfe als in Richtung Ideologie“ gegangen, so Hofer. Dankls politischer Schwerpunkt liegt seit Jahren auf dem Thema Wohnen. Das habe ihn in Stadtteile geführt, in denen viele Nichtwählerinnen und Nichtwähler leben, die Dankl mobilisieren konnte, so Hofer.

Buhlen um linke Wählerschaft

Direkt auf die Bundesebene umgelegt werden könne das Ergebnis aber nicht. Auf Bundesebene verfügt die KPÖ plus nicht über einen Kandidaten wie Dankl. Zudem könnte den Kommunisten bei der Nationalratswahl starke Konkurrenz von links erwachsen. So fischt auch die Bierpartei von Dominik Wlazny im linken Wählerpool.

Für die SPÖ tut sich angesichts des starken Abschneidens der KPÖ plus ein Dilemma auf. Zwar sei die Sozialdemokratie unter Parteichef Andreas Babler besser gerüstet, als es unter Hans Peter Doskozil der Fall gewesen wäre. Die „staatstragend positionierte“ SPÖ müsse sich aber Sorgen machen, „ob sie das eigene Potenzial voll ausschöpfen kann“, so Hofer.

Ebenfalls betroffen sein könnten die Grünen. Das Klimathema sei die „Lebensversicherung“ der Partei, sagt Hofer, bei anderen Themen hätten die Grünen in der Regierung allerdings Federn lassen müssen.

„Blaue Bäume wachsen nicht in den Himmel“

Die FPÖ unter Spitzenkandidat Paul Dürnberger konnte das Protestpotenzial in der Stadt Salzburg nicht abgreifen. „Wenn man mit einem nicht so bekannten Kandidaten antritt und es eine populistische Alternative gibt, wachsen die blauen Bäume nicht in den Himmel“, sagt Hofer. Für den Bund, wo die FPÖ in Umfragen derzeit deutlich voran liegt, heiße das aber nichts, denn dort seien die Freiheitlichen „hervorragend positioniert“.

Freude bei Bundesparteien

Bei den Bundesparteien zeigte man sich weitgehend erfreut über die Ergebnisse. ÖVP-Generalsekretär Christian Stocker sagte, seiner Partei sei es trotz Gegenwinds gelungen, den Großteil der Bürgermeistersessel zu halten. Das Ergebnis in der Landeshauptstadt nannte Stocker einen „schmerzlichen Wermutstropfen“, bewertete es aber als „isoliertes Ereignis“, bei dem „lokale Gegebenheiten und Themen ausschlaggebend waren“.

SPÖ-Bundesgeschäftsführer Klaus Seltenheim sah ein „eindrucksvollen Ergebnis“. Die Menschen in Salzburg hätten sich einen politischen Wechsel gewünscht. Offenbar trauten die Menschen der SPÖ zu, Probleme zu lösen, egal ob es ums Wohnen, um die Gesundheitsversorgung oder um die Zukunft von Salzburg gehe.

Zufrieden zeigten sich auch die Grünen. Generalsekretärin Olga Voglauer freute sich über den in der Stadt Salzburg gehaltenen Sitz in der Stadtregierung. Zudem verwies sie darauf, dass in allen 31 Gemeinden, in denen die Grünen oder grünennahe Listen angetreten waren, diese dort auch vertreten seien. Die KPÖ-Bundespartei zeigte sich angesichts des Erfolgs in der Landeshauptstadt erfreut. Deren Bundessprecher und Spitzenkandidat für die Nationalratswahl, Tobias Schweiger, sieht einen thematischen Rückenwind für das laufende Wahljahr.