Boeing 737 MAX
Reuters/Lindsey Wasson
Produktionsmängel

Boeing 737 Max fällt durch Drittel der Tests

Wegen wiederkehrender Probleme steht der US-Flugzeughersteller Boeing aktuell verstärkt im Blickfeld. Die US-Luftfahrtbehörde FAA führte umfangreiche Sicherheitsprüfungen am Modell 737 Max durch, von denen Boeing mehr als ein Drittel nicht bestand. Ein entscheidender Zulieferer fiel gar bei der Hälfte der Tests durch.

Nachdem Anfang Jänner eine so gut wie neue Maschine des Typs 737-9 Max im Steigflug nach dem Start einen Rumpfteil verloren hatte, untersuchte die FAA den Produktionsprozess. 33 von 89 Tests habe Boeing dabei nicht bestanden, berichtete die „New York Times“ am Montag. Auch bei dem Test, bei dem es um die Türpfropfen des geborstenen Bauteils im Jänner ging, sei Boeing durchgefallen.

Der Zulieferer Spirit AeroSystems, der den Rumpf für die 737 Max herstellt, habe nur sechs von 13 Prüfungen bestanden, heißt es in dem Bericht weiter. Spirit sei ebenfalls bei der Montage der Kabinenwandkomponente durchgefallen. Die FAA, Boeing und Spirit reagierten noch nicht auf die Testergebnisse.

Bedenken hinsichtlich der Techniker

Bei den Tests seien unter anderem Bedenken hinsichtlich der Techniker geäußert worden, da Boeing es offenbar versäumt habe, „die für den Betrieb seiner Prozesse erforderlichen Kenntnisse zu identifizieren“, schrieb die „New York Times“. Vergangene Woche teilte die FAA mit, sie habe „Verstöße bei der Kontrolle der Fertigungsprozesse, der Handhabung und Lagerung von Teilen sowie der Produktkontrolle bei Boeing“ festgestellt.

Beschädigte Boeing 737-9 Max von Alaska Airlines von innen
AP/National Transportation Safety Board
Während des Fluges klaffte plötzlich ein riesiges Loch im Rumpf einer Boeing 737 Max 9

Am 5. Jänner war in rund fünf Kilometer Höhe ein Teil der Kabinenwand einer erst wenige Wochen alten 737 Max 9 der Alaska Airlines herausgebrochen. Die 177 Menschen an Bord kamen weitgehend mit dem Schrecken davon. Experten verwiesen aber darauf, dass durch einen glücklichen Zufall die beiden Sitze an dem Loch im Rumpf leer geblieben waren.

US-Justizministerium ermittelt

Die Unfallermittlungsbehörde NTSB geht davon aus, dass vier Befestigungsbolzen an dem Rumpfteil fehlten. Es gebe Hinweise darauf, dass das Fragment immer weiter gerutscht sei, bis es beim 154. Flug herausbrach, sagte NTSB-Chefin Chefin Jennifer Homendy bei einer Anhörung im US-Senat. An der Stelle haben Varianten der 737 Max 9 mit mehr Sitzen einen Notausgang – bei der Alaska-Maschine gab es stattdessen aber eine Abdeckung der Öffnung als Rumpfelement.

Weiter Probleme mit Boeing 737 Max

Wegen wiederkehrender Probleme steht der US-Flugzeughersteller Boeing aktuell verstärkt im Blickfeld. Die US-Luftfahrtbehörde FAA führte umfangreiche Sicherheitsprüfungen am Modell 737 Max durch, von denen Boeing mehr als ein Drittel nicht bestand.

NTSB komme aber nicht an Details heran, beklagte sich Homendy. Ihre Behörde versuche seit Wochen vergeblich, Unterlagen zu den Arbeiten an dem Rumpfteil zu bekommen. „Entweder es gibt sie, und wir haben sie nicht, oder sie existieren gar nicht“, sagte Homendy. Boeing ließ die Frage unbeantwortet. Nach dem Beinahe-Unglück beim Alaska-Airlines-Flug nahm auch das US-Justizministerium Ermittlungen auf.

Pannenserie reißt nicht ab

Die Boeing 737 Max hatte Boeing bereits in vergangenen Jahren große Probleme beschert. Nach zwei Flugzeugabstürzen in Indonesien und Äthiopien mit insgesamt 346 Toten wurde im März 2019 ein weltweites Flugverbot für die Maschinen dieses Typs verhängt, das erst Ende 2020 nach technischen Überarbeitungen aufgehoben wurde.

Die Pannenserie riss auch zuletzt nicht ab. Ein „technisches Problem“ am Montag auf einem Flug zwischen dem australischen Sydney und der neuseeländischen Stadt Auckland an Bord einer Boeing 787 „Dreamliner“ habe eine heftige Turbulenz ausgelöst, berichtete der Sender Radio New Zealand (RNZ). Dabei seien 50 Menschen, darunter auch mehrere Crewmitglieder, verletzt worden. Die Maschine habe aber planmäßig landen können.

Hilfe im Krisenfall

Berichte über (mögliche) Suizide können bei Personen, die sich in einer Krise befinden, die Situation verschlimmern. Österreichweit und in den Bundesländern gibt es Anlaufstellen, die Rat und Unterstützung im Krisenfall anbieten.

Die österreichweite Telefonseelsorge ist ebenfalls jederzeit unter 142 gratis zu erreichen. Hilfe für Jugendliche und junge Erwachsene bietet auch Rat auf Draht unter der Nummer 147.

Am Donnerstag verlor eine Boeing 777 der Fluggesellschaft United Airlines beim Start in San Francisco ein Rad. Die Maschine mit rund 250 Menschen an Bord, die nach Japan fliegen sollte, landete wenig später problemlos in Los Angeles.

Boeing-Whistleblower tot aufgefunden

Am Montag meldete die BBC den Suizid des ehemaligen Boeing-Mitarbeiters John Barnett, der als Whistleblower überregional bekannt war. Er hatte von hohem Druck auf die Mitarbeiter berichtet, die Teile in Flugzeuge einbauten, die nicht den Standards entsprechen würden. So habe es Probleme mit den Sauerstoffmasken bei der 787 „Dreamliner“ gegeben. Tests ergaben eine Ausfallrate von 25 Prozent.

Auch nach dem Zwischenfall beim Alaska-Airlines-Flug im Jänner gab Barnett weitere Warnungen zur Arbeitskultur und mangelnden Sicherheit der Boeing-Maschinen heraus. Zum Zeitpunkt seines Todes befand sich Barnett zu juristischen Anhörungen im Zusammenhang mit seiner Klage gegen Boeing wegen Rufschädigung in Charleston im US-Bundesstaat South Carolina. Bis zu seiner Pensionierung im Jahr 2017 hatte er 32 Jahre lang bei Boeing gearbeitet.

United Airlines überlegt Wechsel zu Airbus

Die US-Fluggesellschaft United Airlines überlegt unterdessen, wegen der Probleme von Boeing teilweise zu dessen Rivalen Airbus zu wechseln. Boeing solle für United vorerst keine Mittelstreckenjets in der Langversion 737-10 Max mehr bauen und unterdessen auf die kürzere 737-9 Max umsteigen, so United-Chef Scott Kirby.

Er bestätigte nun die Überlegungen, einen Teil der Boeing-Bestellungen an Airbus umzuwidmen. „Wenn wir einen Deal bekommen, bei dem die Wirtschaftlichkeit stimmt, werden wir etwas tun“, sagte er nun. Allerdings ist die Produktion der Airbus-Jets aus der Modellfamilie A320neo nach jüngsten Aussagen der Airbus-Führung bis Ende des Jahrzehnts ausgebucht.