Vida-Chef Roman Hebenstreit vor dem Umweltministerium in Wien
APA/Helmut Fohringer
Protestkundgebungen

Fahrradboten fordern bessere Löhne

Fahrradbotinnen und -boten von Essenszustelldiensten haben am Dienstag in Wien, Linz und Salzburg gegen die schleppenden Kollektivvertragsverhandlungen demonstriert. Sie werfen den Arbeitgebern vor, nicht einmal die Jahresinflation abdecken zu wollen. „Nach vier KV-Verhandlungsrunden lag das Angebot der Arbeitgeber noch immer bei nur 5,8 Prozent“, kritisiert die Gewerkschaft vida.

Kritisch werden auch die Arbeitsverhältnisse der Radlerinnen und Radler gesehen. So setze foodora zu 95 Prozent auf freie Dienstnehmerinnen und Dienstnehmer. Von foodora hieß es am Dienstag, dass man nicht Teil des Arbeitgeberverhandlungsteams sei. Schließlich seien der überwiegende Teil der Fahrer und Fahrerinnen freie Dienstnehmerinnen und Dienstnehmer – und laut foodora würden sich diese bewusst dafür entscheiden. Ein Wechsel zu einem Angestelltenverhältnis sei für „verlässliche Rider“ möglich.

Die Beschäftigten würden im Schnitt 13,20 Euro brutto die Stunde verdienen und seien kranken-, unfall-, pensions- und arbeitslosenversichert. Ein 13. und 14. Gehalt bekommen sie nicht, den jährlichen KV-Erhöhungen unterliegen sie auch nicht. Beim Mitbewerber Lieferando sind hingegen alle Fahrerinnen und Fahrer angestellt.

Vida: „Klima-Changer in Reinform“

„Unsere Fahrradbotinnen und Fahrradboten, das sind die Klima-Changer in Reinform, die auch bei widrigsten Wetterbedingungen klimaschonend liefern. Für sie muss daher mehr drin sein als ein Monatslohn, der gerade einmal 40 Euro über der Armutsgrenze liegt. Von einem Vollzeitjob muss man gut leben und eine Familie ernähren können“, forderte Roman Hebenstreit, Vorsitzender der Gewerkschaft vida, am Dienstag.

Die Bundesregierung lasse gesetzliche Schlupflöcher zu, sodass sich Unternehmen aus Kollektivverträgen auch noch herausstehlen könnten, meinte er vor den Botinnen und Boten bei der Protestkundgebung in Wien. Neben Wien wurde am Dienstagnachmittag auch in Salzburg und Linz gestreikt – mehr dazu in salzburg.orf.at und ooe.orf.at.

Essenszusteller auf einem Rad
ORF/Viviane Koth
Bei der Gewerkschaft vida fordert man eine bessere Entlohnung, um „gut leben und eine Familie ernähren zu können“

EU stimmt für mehr Arbeitnehmerrechte

Am Montag sprachen sich unterdessen die EU-Mitgliedsstaaten für neue Vorgaben für Millionen Lieferdienst- und Taxifahrer großer Onlineplattformen aus, um etwa Scheinselbstständigkeit besser zu verhindern. Das Europaparlament muss dem Vorhaben zwar noch zustimmen, eine Mehrheit gilt jedoch als wahrscheinlich.

Den Angaben der EU-Staaten zufolge arbeiten knapp 30 Millionen Menschen in der Union als „Plattformarbeiterinnen und -arbeiter“. Die neue Richtlinie soll vor allem jenen Beschäftigten helfen, die über eine Onlineplattform beispielsweise als Essenlieferanten oder Taxifahrer arbeiten.

Oft werden diese als Selbstständige geführt, wodurch sich die Betreiber der Plattformen etwa Sozialabgaben sparen. Oftmals arbeiten diese Selbstständigen dann aber wie abhängig Beschäftigte, ohne dass sie sich auf dieselben Rechte stützen können.

Gespräche immer wieder geplatzt

Die Beweispflicht, dass es sich um unabhängige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter handle, liege zukünftig bei den Plattformen: Sie müssten beweisen, dass kein Beschäftigungsverhältnis bestehe. Beschäftigte können den Angaben zufolge auch besseren Zugang zu Bezahlung bei Krankheit, Leistungen bei Arbeitslosigkeit oder Einkommensunterstützung erhalten.

Zudem soll verboten werden, dass automatisierte Überwachungs- oder Entscheidungsfindungssysteme bestimmte Daten verwenden. Dazu zählen biometrische Daten oder der emotionale oder psychologische Zustand von Mitarbeitern. Eigentlich hatten sich Unterhändler der EU-Staaten und des Parlaments bereits zweimal auf einen Kompromiss geeinigt. Die Deals platzten aber wieder, und es brauchte weitere Gespräche.