Drillstation in Wüste, Texas
Reuters/Angus Mordant
Studie zu Förderlecks

Methanemissionen als Bremser für Klimaziele

2023 sind bei der Förderung von Öl und Gas knapp 120 Millionen Tonnen Methan freigesetzt worden, was eine leichte Steigerung gegenüber dem Vorjahr bedeute, teilte die Internationale Energieagentur (IEA) am Mittwoch mit. Zum Erreichen der Klimaschutzziele müssten die Emissionen allerdings rasch gesenkt werden. Eine neue Studie zeigt, dass die Menge des entweichenden Methans bei der Förderung allerdings sogar noch deutlich unterschätzt wird.

Eine Senkung des Methanausstoßes um 75 Prozent bis 2030 sei nötig, um die Erderwärmung zu begrenzen, sagte IEA-Direktor Fatih Birol in Paris. Es komme nun darauf an, Zusagen von fast 200 Staaten auf der Weltklimakonferenz in Dubai im vergangenen Dezember auch in Taten umzusetzen. Alleine das würde den Methanausstoß bis 2030 halbieren.

Methan sei für fast ein Drittel des globalen Temperaturanstiegs seit der Industriellen Revolution verantwortlich und der Energiesektor dabei die zweitgrößte Emissionsquelle aus menschlichen Aktivitäten, erklärte die IEA. Obwohl sich Methan in der Atmosphäre schneller verflüchtige als Kohlendioxid, sei es während seiner kurzen Lebensdauer ein viel stärkeres Treibhausgas. Daher sei die Senkung der Methanemissionen eine der besten Möglichkeiten, die globale Erwärmung zu begrenzen und die Luftqualität kurzfristig zu verbessern.

Vermeidung laut IEA auch ohne Mehrkosten möglich

Wie die IEA vorrechnete, hätten rund 40 Prozent der Methanemissionen bei der Gewinnung fossiler Brennstoffe 2023 unter dem Strich ohne Mehrkosten vermieden werden können, da der Wert des abgeschiedenen Methans höher gewesen sei als die Kosten der Vermeidungsmaßnahmen. Methanemissionen entstehen in der Energiewirtschaft durch leckende Pipelines oder bei der Förderung als Beiprodukt, das oft abgefackelt wird, wobei sich aber nicht sämtliches Methan in Kohlendioxid umwandelt.

Öl- und Gaskonzerne

Die Verbrennung fossiler Rohstoffe ist die Hauptursache für die globale Erwärmung. 2018 stammten laut Weltklimarat knapp 90 Prozent der weltweiten CO2-Emissionen aus fossilen Brennstoffen. Allein die 20 größten Öl- und Gaskonzerne verursachen gemeinsam rund ein Drittel dieser Emissionen, so eine Studie des Climate Accountability Institute.

Eine am Mittwoch im Fachjournal „Nature“ veröffentlichte Analyse von sechs Förderregionen in den USA zeige, dass dort fast drei Prozent des geförderten Methans entweichen, dreimal mehr, als die US-Regierung derzeit berücksichtigt. Die Ergebnisse der Arbeit würden erneut zeigen, dass die Menge des bei Förderung und Energieerzeugung entweichenden Methans noch immer deutlich unterschätzt werde und dass es genauere Erhebungen brauche, damit man den tatsächlichen Umfang quantifizieren könne, um daran effiziente Minderungsmaßnahmen ausrichten zu können, so das deutsche Science Media Center.

Verglichen mit Methanemissionen aus der Landwirtschaft könnten diese Emissionen den Forschenden zufolge leicht reduziert oder verhindert werden. Der finanzielle Verlust für die fördernden Unternehmen beträgt laut Studie geschätzt über eine Milliarde US-Dollar. Der Erfassungsgrad von 52 Prozent der US-amerikanischen Onshore-Öl- und 29 Prozent der Gasförderungen ist laut Studie „sehr hoch“.

„Verzögerte Lernkurve“

Die Hauptemissionen stammen der Studie zufolge aus schnell expandierenden, neueren Ölfördergebieten. Das deute darauf hin, dass in den Fördergebieten von den Betreiberfirmen zwar damit begonnen werde, die Lecks aufzuspüren und zu beseitigen, so Ralf Sussmann vom Institut für Meteorologie und Klimaforschung am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) gegenüber dem SMC. Das finde allerdings in „verzögerter Lernkurve“ statt. „Staatliche Auflagen könnten und sollten hier angreifen und darauf abzielen, dass unverzüglich schon während der Inbetriebnahme gleichermaßen Kontrollanalysen und Behebungsmaßnahmen gerade auch der seltenen, aber großen Leckagen eingeleitet werden.“

Laut Lena Höglund Isaksson vom Internationalen Institut für angewandte Systemanalyse (IIASA) in Laxenburg könnten die höheren Emissionen bei neueren Anlagen auch damit zusammenhängen, dass die starke Ausweitung der Gasförderung in den USA in den vergangenen 15 Jahren aus unkonventionellen Schiefergasbohrungen erfolgt sei. Die Methode zur Gewinnung von Schiefergas unterscheide sich von der konventionellen Gasförderung, weil deutlich mehr Bohrlöcher gebohrt werden müssten, die nur für einen kurzen Zeitraum Gas fördern.

Emissionen in Europa wesentlich lückenhafter dokumentiert

Höglund Isaksson wies auch darauf hin, dass die Methanemissionen in Europa bei Weitem noch nicht so gut untersucht seien. „Europa ist im Vergleich zu den USA ein kleiner Öl- und Gasproduzent, aber die Gasinfrastruktur ist gut entwickelt. Würden in Europa ähnlich umfassende Studien durchgeführt, wäre es möglich, dass wir auch hier eine ähnliche Verteilung der Emissionen vorfinden würden, bei der nur wenige Lecks für einen Großteil verantwortlich sind.“

Die Forscherin wies auch darauf hin, dass es keine verpflichtende Berichterstattung über Methanemissionen von Öl und Gas produzierenden Unternehmen gebe. „Es gibt nur ein freiwilliges Programm OGMP2.0, das von der UNO geleitet wird. Die UNO hat jedoch keine rechtliche Befugnis, Unternehmen zur Messung und Meldung von Emissionen zu zwingen.“ Es sei daher sehr wichtig, dass nationale Regierungen oder zwischenstaatliche Organisationen mit rechtlicher Befugnis, wie die Europäische Union, rechtsverbindliche Vorschriften zur Kontrolle der Methanemissionen einführen.