Litauische Polizisten in Vilnius
AP/Mindaugas Kulbis
Angriff auf Nawalny-Vertrauten

Litauen deutet Richtung Moskau

In der Nähe seines Hauses im litauischen Exil in Vilnius ist der russische Oppositionelle Leonid Wolkow Dienstagabend angegriffen und verletzt worden. Der litauische Präsident Gitanas Nauseda geht von einer vorsätzlichen Tat aus. Die litauische Spionageabwehr wurde noch deutlicher. Der Angriff sei „wahrscheinlich von Russland organisiert und ausgeführt“ worden.

„Es ist klar, dass solche Dinge geplant sind, und wir sollten uns nicht wundern. Aber ich möchte ganz klar sagen: Die zuständigen Behörden ermitteln und werden hoffentlich die Schuldigen finden“, sagte Nauseda am Mittwoch. Er geht davon aus, dass der Anschlag in Zusammenhang mit anderen Provokationen gegen Litauen steht.

Russlands Präsident Wladimir Putin teilte Nauseda gleich eine Botschaft mit: „Hier hat niemand Angst vor dir.“ Die Spionageabwehr sieht bei dem Angriff mögliche Verbindungen mit der Ende der Woche beginnenden russischen Präsidentschaftswahl. Schon zuvor hatte sich der litauische Außenminister Gabrielius Landesbergis zu Wort gemeldet und den Vorfall als „schockierend“ bezeichnet.

Litauens Präsident Gitanas Nauseda
APA/AFP/Miguel Medina
Der litauische Präsident Nauseda geht von einer geplanten Tat aus

„Werden nicht aufgeben“

Wolkow ist ein enger Vertrauter von Alexej Nawalny, der vor knapp einem Monat in russischer Haft verstorben ist. Wolkow war zeitweise sein Stabschef, leitete bis 2023 die von Nawalny gegründete Antikorruptionsstiftung und ging nach dem Beginn von Ermittlungen gegen die Stiftung gemeinsam mit anderen Nawalny-Verbündeten nach Litauen ins Exil.

Der Angriff von Dienstagabend ist die erste Attacke, seit Nawalnys Verbündete Russland verlassen haben. Die meisten von Nawalnys engsten Verbündeten stehen auf der Fahndungsliste Moskaus und würden bei einer Einreise nach Russland mit langjährigen Haftstrafen rechnen müssen. Wolkow will sich von dem Angriff nicht einschüchtern lassen: „Wir werden arbeiten und wir werden nicht aufgeben.“

„Typischer“ Angriff von Putins Schergen

Laut Nawalnys früherer Sprecherin Kira Jarmisch wurde Wolkow zunächst in seinem Auto angegriffen. „Jemand hat ein Autofenster zerschlagen und Tränengas in seine Augen gesprüht“, schrieb sie im Kurzbotschaftendienst X (Twitter). „Danach hat der Angreifer begonnen, Leonid mit einem Hammer anzugreifen.“

„Sie wollten buchstäblich Schnitzel aus mir machen“, sagte Wolkow in einem Mittwochfrüh auf Telegram veröffentlichten Video. Das sei ein „typischer“ Angriff der Schergen des russischen Präsidenten Wladimir Putin gewesen. Wolkow wurde unter anderem der Arm gebrochen. Jemand habe ihm bei dem Angriff „etwa 15-mal auf das Bein geschlagen“.

„Das Bein ist irgendwie okay. Beim Gehen tut es weh. (…) Aber mein Arm ist gebrochen.“ Wolkow wurde vorübergehend in ein Krankenhaus eingeliefert, später aber wieder entlassen. Wolkows Ehefrau verbreitete Fotos ihres verletzten Ehemannes. Auf ihnen war unter anderem zu sehen, dass der 43-Jährige ein blaues Auge und Blut am Bein hatte, das durch seine Jeans drang.

Großaufgebot der Polizei

Die litauische Polizei bestätigte, dass ein russischer Staatsbürger am späten Dienstagabend nahe seines Hauses in der litauischen Hauptstadt Vilnius angegriffen wurde. Die Untersuchungen laufen – es werde in mehrere Richtungen ermittelt, so die Polizei.

Die Täter konnten noch nicht identifiziert werden. Die litauische Polizei setze „enorme Ressourcen“ ein, um den Angriff auf Wolkow zu untersuchen, hieß es am Mittwoch vom litauischen Polizeipräsidenten Renatas Pozela.

Angriff wenige Tage vor Wahl

Nur wenige Stunden vor dem Angriff gegen ihn hatte Wolkow gegenüber der russischen Nachrichtenseite Medusa mitgeteilt, dass er nach Nawalnys Tod auch um seine Sicherheit fürchte. „Das große Risiko ist jetzt, dass wir alle getötet werden. Warum, ist ziemlich offensichtlich.“ Auf Onlineplattformen hatte er am Tag vor dem Angriff noch ganz eindeutig Putin die Schuld an Nawalnys Tod zugeschrieben: „Putin hat Nawalny getötet. Und davor viele andere.“

Der Ex-Mitarbeiter von Alexej Nawalny, Leonid Wolkow
Reuters/Gerhard Mey
Wolkow gibt Putin Schuld an Nawalnys Tod

Der Angriff auf den russischen Oppositionellen im Exil erfolgt nur knapp einen Monat nach dem Tod Nawalnys und wenige Tage vor dem Urnengang, bei dem sich Putin wieder zum russischen Präsidenten wählen lassen möchte.

Die US-Botschafterin in Litauen, Kara McDonald, würdigte Wolkows „Widerstandsfähigkeit und Mut angesichts der jüngsten Versuche, ihn zum Schweigen zu bringen und einzuschüchtern“. Diese seien für andere Menschen inspirierend. „Das Nawalny-Team bleibt eine deutliche Stimme gegen die Unterdrückung und Brutalität des Kreml.“