WKStA: 770 Verfahren abgeschlossen, 1.000 neue

Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) hat heute zu einem ihrer raren Medientermine geladen, zur jährlichen Bilanzpressekonferenz. Dabei gab sie einen Überblick über vergangene und künftige Herausforderungen, die vielfach im Bereich des Cybercrime liegen. On- und offline würden die Sachverhalte zunehmend komplexer, so WKStA-Leiterin Ilse-Maria Vrabl-Sanda. Der Bearbeitungsaufwand wachse stetig, schon während eines Ermittlungsverfahrens gebe es für Verdächtige zahllose Einspruchsmöglichkeiten. „Wir sind hier sehr gefordert, die WKStA leistet Pionierarbeit“, so Vrabl-Sanda.

Derzeit arbeiten bei der Behörde 45 Staatsanwältinnen und -anwälte, diese werden unterstützt von zehn Wirtschaftsfachleuten und IT-Expertinnen und -Experten der Justiz. 770 Ermittlungsverfahren seien bisher abgeschlossen worden, mit Stand 2023 kamen aber auch rund 1.000 neue dazu.

„Begebe mich nicht in die politische Arena“

Dafür sei es wichtig, spezialisiert zu sein und ausreichend Ressourcen zu haben. Die WKStA habe in den vergangenen Jahren gezeigt, dass sie auch unter Druck und schwierigen Bedingungen arbeite. „Ich bin überzeugt, dass es diese Staatsanwaltschaft braucht, mehr denn je“, so Vrabl-Sanda. „Niemand steht über dem Gesetz, egal wie viel Geld und Einfluss dahintersteckt.“

Zu den laufenden, clamorosen – also aufsehenerregenden – Fällen, etwa die ÖVP-Inseratencausa – wollte Vrabl-Sanda nichts sagen. In politische Debatten wolle sie sich auch nicht hineinziehen lassen, selbst bei Vorwürfen prominenter Ex-Politiker. „Ich trete nicht in die politische Arena, schon gar nicht mit einem Beschuldigten“, so Vrabl-Sanda. Auf die Nachfrage von ORF.at, wieso die Vergabe eines Kronzeugenstatus in manchen Fällen schnell, in manchen Fällen sehr langsam gewährt wird, hieß es, es komme stets auf den Inhalt an. Man müsse eben alles erst prüfen. Die Zahl der derzeitigen Personen, die unter die Kronzeugenregelung fallen, sei zudem schwer zu beziffern.

Whistleblower-System seit zehn Jahren

In die Zuständigkeit der WKStA fällt auch das anonyme Hinweisgebersystem zur Aufklärung von Korruption und Wirtschaftsstrafsachen. Hier habe man zehn Jahre Erfahrungswerte, so die zuständige Staatsanwältin Elisabeth Täubl. Seit Bestehen des Systems habe es rund 130 Anklagen und Strafanträge gegeben und etwa 90 Verurteilungen. Insgesamt seien im Lauf der Jahre etwa 16.000 Hinweise eingegangen. „Die Öffentlichkeit ist das erste Mittel gegen Korruption“, sagte Täubel. „Die Menschen müssen wissen, wohin sie sich wenden können.“

Hunderte Mio. Schaden durch Cyberdelikte

Die Behörde beschäftigte sich zuletzt vermehrt mit Delikten wie Betrug und Geldwäsche im Netz, wenn großer Schaden entsteht bzw. wenn es besonders viele Opfer gibt. Dabei geht es um Anlagebetrugsfälle, etwa mit Kryptowährungen, die inzwischen hochprofessionell und grenzüberschreitend vonstattengehen. Die Verbrecher agierten dabei wie internationale Unternehmen mit genauer Aufgabenteilung.

Auch Fälle von Notlagebetrug fallen darunter, wenn Furcht und Mitgefühl der Opfer ausgenutzt werden, etwa bei Fake-Anrufen vermeintlicher Verwandter. Diese seien inzwischen durch künstliche Intelligenz nur mehr schwer zu erkennen, so Staatsanwalt Matthias Purkart: „Das Entwicklungstempo ist hier enorm.“

Schon ein Drittel der WKStA-Großverfahren sei im Bereich Cybercrime angesiedelt, national ein Schaden von rund 300 Mio. Euro anhängig. Dagegen sollen Kompetenzstellen in den Staatsanwaltschaften sowie ein eigenes Forensikzentrum abhelfen. Denn in Österreich gebe es Zehntausende von Cybercrime betroffene Opfer, viele würden sich aber gar nicht erst melden. „Es trifft nicht nur Leichtgläubige“, so Purkart. „Und es ist keine Schande, zur Polizei zu gehen“, so sein Appell.