Das US-Capitol in Washington
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Verbot droht

US-Gesetz gegen TikTok nimmt erste Hürde

Das US-Repräsentantenhaus hat ein Gesetz verabschiedet, das zum Verbot der populären Videoplattform TikTok in den USA führen könnte. Die Abgeordneten stimmten am Mittwoch mit großer Mehrheit für die Vorlage, in der dem chinesischen Mutterunternehmen ByteDance mit einem Verbot der App gedroht wird, wenn es diese nicht innerhalb von 180 Tagen verkauft. ByteDance steht im Verdacht, der Kommunistischen Partei Chinas Zugriff auf Nutzerdaten zu ermöglichen.

Die Gesetzesinitiative wurde im Repräsentantenhaus in einem seltenen Akt der parteiübergreifenden Geschlossenheit sowohl von den dort dominierenden oppositionellen Republikanern als auch von den Demokraten von Präsident Joe Biden unterstützt. 325 Abgeordnete votierten dafür und 65 dagegen.

Nach dem Repräsentantenhaus muss der Gesetzesentwurf noch vom Senat als zweiter Kammer angenommen und von Präsident Biden unterzeichnet werden. Einige einflussreiche Senatoren haben sich aber gegen den Gesetzesentwurf ausgesprochen. TikTok nannte den Entwurf unumwunden ein Verbot und rief die Senatoren dazu auf, „auf ihre Wähler zu hören“.

Biden will unterzeichnen

Biden machte bereits deutlich, dass er den Plan unterstützt. Sein Nationaler Sicherheitsberater Jake Sullivan sagte am Dienstag, es gehe nicht um ein „TikTok-Verbot“, sondern um einen Eigentümerwechsel. „Wollen wir, dass TikTok als Plattform im Besitz eines amerikanischen Unternehmens ist – oder China gehört?“, fragte er. „Wollen wir, dass Daten aus TikTok – Daten von Kindern und Erwachsenen – hier in Amerika bleiben oder nach China gehen?“ Das seien grundsätzliche Fragen, bei denen Biden eine klare Position habe.

In den USA besteht – wie auch in Europa – die Sorge, die App könne zum Sammeln von Informationen über Nutzerinnen und Nutzer durch chinesische Behörden oder für politische Einflussnahme missbraucht werden. Regierungen mehrerer Länder sowie die EU-Kommission untersagten die Nutzung von TikTok auf Diensthandys von Politik und Behörden.

Kritik aus Peking und von TikTok

Peking kritisierte das Gesetzesvorhaben am Mittwoch als „Mobbing-Verhalten“ und warnte in vager Form, dass dieses Vorgehen „den USA unvermeidlich noch Ärger bereiten“ würde. Das geplante Gesetz würde dem US-Präsidenten die Vollmacht verleihen, auch andere Apps als Bedrohung für die nationale Sicherheit einzustufen, wenn diese von einem Land kontrolliert werden, das von der US-Regierung als feindlich betrachtet wird.

TikTok wies Bedenken stets zurück und betonte, man sehe sich nicht als Tochter eines chinesischen Unternehmens. ByteDance sei zu 60 Prozent im Besitz westlicher Investoren. Der Firmensitz liege auf den Cayman Islands in der Karibik. Kritiker kontern, dass die chinesischen Gründer bei einem Anteil von 20 Prozent die Kontrolle dank höherer Stimmrechte hielten und ByteDance eine große Zentrale in Peking habe.

ByteDance ist laut einem Medienbericht entschlossen, erst alle rechtlichen Mittel gegen ein drohendes Verbot in den USA auszuschöpfen, bevor über einen Verkauf nachgedacht wird. Eine Trennung von TikTok werde als letzte Option gesehen, schrieb der Finanzdienst Bloomberg am Dienstag unter Berufung auf informierte Personen.

Trump jetzt gegen Verbot

Schon Trump versuchte während seiner Amtszeit als US-Präsident, mit Verbotsdrohungen einen Verkauf des US-Geschäfts von TikTok an amerikanische Investoren durchzusetzen. Doch das Vorhaben scheiterte vor allem daran, dass US-Gerichte in den Plänen für ein TikTok-Verbot einen Verstoß gegen die in der US-Verfassung verankerte Redefreiheit vermuteten. Auch ein aktuelles Gesetz im US-Staat Montana, das TikTok dort aus den App-Stores verbannen sollte, liegt deswegen auf Eis.

Trump ist inzwischen von den Verbotsforderungen abgerückt. TikTok sei ein wichtiges Gegengewicht zu Facebook, das er als einen „Feind des Volkes“ betrachte, sagte Trump jüngst im Wirtschaftssender CNBC. Die Position des Ex-Präsidenten wirft angesichts seiner Kontrolle über die Republikaner auch die Frage auf, ob das Gesetz vom Repräsentantenhaus angenommen wird, in dem sie eine knappe Mehrheit haben.

Bevor sich Biden klar positionierte, waren die Demokraten in Bezug auf TikTok stark gespalten: Denn zum einen will der Präsident eine harte Position gegenüber China einnehmen, zum anderen ist die App bei jungen Nutzern populär, deren Stimmen er für eine Wiederwahl im November braucht.

TikTok-Management kalt erwischt

Das „Wall Street Journal“ schrieb am Dienstag, das Management von TikTok sei von dem Gesetzesentwurf kalt erwischt worden. Der Dienst versucht seit Jahren, in den USA Vertrauen zu gewinnen, mit dem Plan, Informationen amerikanischer Nutzer ausschließlich im Land zu lagern und Datenbewegungen von einem US-Partner überwachen zu lassen. Doch bei Anhörungen im US-Kongress schlug TikTok-Chef Shou Chew unverändert heftiges Misstrauen entgegen.