Niederländischer Rechtspopulist Geert Wilders
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Niederlande

Weg frei für Rechtsregierung ohne Wilders

Nachdem der rechtspopulistische Wahlsieger Geert Wilders auf den Posten des niederländischen Premierministers verzichtet hat, soll nun ein loses Regierungsbündnis rechter Parteien auf der Grundlage eines knappen Programms gebildet werden. Offen ist, wer Regierungschef werden soll. Auch ohne ihn in der Regierung bringe das für Wilders aber Vorteile, meinen Beobachter.

Vier Monate nach der Parlamentswahl verständigten sich die Führer der rechtspopulistischen Freiheitspartei von Wilders (PVV), der rechtsliberalen VVD des scheidenden Ministerpräsidenten Mark Rutte, der Mitte-rechts-Partei NSC und der Bauern-Bürger-Bewegung (BBB) auf die Bildung des losen Bündnisses. Das geht aus dem Bericht hervor, den der vom Parlament beauftragte Sondierer am Donnerstag in Den Haag vorlegte.

Die Bildung einer gewöhnlichen Mehrheits- und einer Minderheitsregierung mit den vier Parteien sei nicht realistisch, sagte der Sondierer, der Sozialdemokrat Kim Putters. Möglich ist laut seinen Worten ein „Programmkabinett“, dem auch Minister aus anderen Parteien oder parteilose Experten angehören sollen. Die Führer der vier Parteien selbst – darunter auch Wilders – werden nicht dabei sein.

Wilders: „Unfair und undemokratisch“

Bei der vorgezogenen Parlamentswahl im November war Wilders PVV mit Abstand stärkste Fraktion geworden, brauchte aber mindestens zwei weitere Parteien, um eine Mehrheit im 150 Sitze umfassenden Parlament zu bilden. Doch die VVD und NSC hatten es abgelehnt, unter Wilders eine Koalition zu bilden.

Niederlande: Wilders gibt auf

Der niederländische Rechtpopulist Geert Wilders, dessen Freiheitspartei im Herbst die Parlamentswahlen klar für sich entscheiden konnte, ist an der Regierungsbildung gescheitert.

„Wir sind die größte Partei geworden – ich denke, ich hätte Premierminister werden sollen“, sagte Wilders am Donnerstag den lokalen Medien. Es sei „unfair, undemokratisch und verfassungswidrig“, gegen seinen Versuch, die nächste Regierung zu führen, ein Veto einzulegen, wenn seine Partei 37 Sitze innehat, zwölf mehr als die nächstgrößte Partei.

Für die Bildung einer Regierung hatte Wilders sogar einen Großteil seines Parteiprogramms auf Eis gelegt. So hatte er Gesetzesvorschläge zu einem Verbot des Korans und von Moscheen sowie den Entzug von Bürgerrechten für Menschen mit doppelter Staatsangehörigkeit wieder zurückgezogen. Auch gab er seinen Widerstand gegen weitere Militärhilfe für die Ukraine auf.

„Wenn nicht morgen, dann übermorgen Premier“

Wilders hatte am Mittwoch seinen Verzicht auf das Amt des Premierministers bekanntgegeben. Als Premier habe er nicht die Unterstützung seiner möglichen Koalitionspartner, schrieb er auf X (Twitter). Er mache den Weg frei für eine rechte Koalition und eine Politik, die auf weniger Immigration und Asyl ziele. Dafür verzichte er auf das Amt. „Ich kann nur Premier werden, wenn alle Parteien in der Koalition das unterstützen“, schrieb er auf X. „Das war nicht so.“

Seinen Plan, Regierungschef zu werden, gab er dennoch nicht ganz auf. „Vergesst nicht: Ich werde noch Premier der Niederlande werden“, so Wilders auf X. „Mit der Unterstützung von noch mehr Niederländern. Und ist es nicht morgen, dann übermorgen. Denn die Stimme von Millionen Niederländern wird gehört werden.“

Verzicht kein großes Opfer

Die jetzigen Koalitionsverhandlungen verschärfen die Frage nach der politischen Ausrichtung der fünftgrößten Volkswirtschaft der EU. Wilders’ Äußerungen vom Donnerstag würden darauf hindeuten, dass „böses Blut“ aus den Verhandlungen das Funktionieren der nächsten Regierung beeinträchtigen und eine anhaltende Quelle der Instabilität sein könnte, meinen politische Beobachter.

Wilders selbst bringe mit seinem Verzicht kein großes Opfer. Er kann nämlich weiter als Fraktionsvorsitzender aus dem Parlament heraus seine kritische Rolle spielen und muss nicht nach außen Verantwortung tragen. Wilders ist auch einziges Mitglied seiner Partei und will die Kontrolle über seine Fraktion behalten. Die besteht nun aus 37 der 150 Abgeordneten, die meisten sind neu und politisch unerfahren.

Das letzte außerparlamentarische Kabinett gab es unter dem Sozialdemokraten Joop den Uyl zwischen 1973 und 1977. In der Praxis funktionierte die Zusammenarbeit recht gut, die Regierung setzte weitreichende Sozialreformen durch. In jüngerer Zeit gab es in der Provinz Limburg ein außerparlamentarisches Kabinett.