Masern Virus
picturedesk.com/Science Photo Library
„Spitzenjahr“

Masernwelle ebbt nicht ab

Die Masernwelle in Österreich rollt und rollt. Binnen einer Woche stieg die Zahl der Fälle um fast 50 auf mittlerweile 267 Erkrankungen. Die Komplikationsrate beträgt 20 Prozent. Der Virologe Lukas Weseslindtner rät zur Impfung, „bevor uns das um die Ohren fliegt“.

15.500 Kinder unter einem Jahr hätten 2022 überhaupt keine Masernimpfung erhalten. Das erklärten Mittwochabbend Experten und Expertinnen online bei einer Fortbildungsveranstaltung der Österreichischen Impfakademie. „Der Zeitpunkt für die Impfung wäre jetzt, bevor uns das um die Ohren fliegt“, warnte Weseslindtner vom Nationalen Referenzzentrum für Masern an der MedUni Wien: „Wir sind in einem Spitzenmasernjahr.“

2021 und 2022 wurden in Österreich jeweils nur 0,1 Masernfälle pro eine Million Einwohner und Einwohnerinnen registriert. Im Jahr 2023 stieg die Häufigkeit der hoch ansteckenden Viruserkrankung auf 20,4 Fälle pro Million Einwohner (insgesamt 186 Fälle innerhalb eines Jahres). Mit Stand Dienstag liegt Österreich bei 23,8 Erkrankungen pro Million Menschen.

Viele Komplikationen

Die Masern sind laut Weseslindtner sehr gefährlich. Zu den Komplikationen zählen unter anderem Mittelohrentzündungen und schwere Lungenentzündungen. 20 Prozent der Betroffenen erleiden Komplikationen. Im Kindes- und Jugendalter erkrankt einer von 1.000 bis 2.000 Betroffenen an einer Masernenzephalitis (Häufigkeit von bleibenden Schäden: 30 Prozent). Bei einer Infektion im Alter unter einem Jahr liegt die Häufigkeit einer Jahre später auftretenden subakuten sklerosierenden Panenzephalitis, die immer tödlich endet, bei eins zu 600.

Erste Impfung ab neun Monaten empfohlen

Die Impfung wird für alle Kinder ab neun Monaten dringend empfohlen. Nur mit einer zweiten Impfung (bei Kindern mit Erstimpfung im ersten Lebensjahr drei Monate später, nach erster Impfung ab dem ersten Lebensjahr in einem Abstand von nur vier Wochen) gibt es einen Schutz von mehr als 95 Prozent (98 odere 99 Prozent). Aber jeder Mensch sollte geschützt sein.

Deshalb werde in ganz Österreich die Masernimpfung derzeit gratis für alle Personen ohne Altersbeschränkung angeboten, betonte die Leiterin der Abteilung für das Impfwesen im Gesundheitsministerium, Maria Paulke-Korinek.

18 Prozent der unter Einjährigen ungeimpft

Doch die Situation bei den Kindern hierzulande ist laut Fachleuten bedenklich. „Unter den Einjährigen sind 18 Prozent, also 15.500 Kinder, völlig ungeimpft. Idealerweise sollte bereits in dieser Altersgruppe eine Durchimpfungsrate von 95 Prozent bei der zweiten Teilimpfung erreicht sein“, hieß es dazu im Kurzbericht Masern für das Jahr 2022 des Gesundheitsministeriums (aktuellste vorhandene Zahlen). 32.000 Kinder im ersten Lebensjahr hätten statt der zwei empfohlenen Masernimpfungen nur eine gehabt, sagte die Expertin.