Drohnenaufnahme von Hilfslieferung in Gaza
AP/Israeli Army
Hilfsgüter in Gaza

Erste Schiffslieferung zur Verteilung bereit

Nach der Ankunft einer ersten Hilfslieferung auf dem neuen Seekorridor nach Gaza hat die US-Hilfsorganisation World Central Kitchen (WCK) am Samstag die komplette Entladung gemeldet. Nun stehen Unterstützer der notleidenden Bevölkerung im Gazastreifen vor der Aufgabe, die bitter benötigten Essensrationen an die verzweifelten Menschen zu verteilen.

Nach der Ankunft im Südwesten der Stadt Gaza wurde die Ladung auf zwölf Lastwagen verteilt. Mit den gelieferten Lebensmitteln sollen Mahlzeiten für die Bewohner Nordgazas zubereitet werden, wo die humanitäre Lage besonders prekär ist. Das Schiff „Open Arms“ hatte den Lastkahn, der nach Angaben von WCK knapp 200 Tonnen Lebensmittel geladen hatte, aus Zypern nach Gaza geschleppt.

„Wir haben es geschafft“, erklärte der Gründer von World Central Kitchen, Jose Andres, auf X (Twitter). Die Entsendung des ersten Hilfsschiffs sei ein „Test“ gewesen. „Wir können jede Woche Tausende Tonnen (Hilfsgüter) bringen“, betonte er. Die „Open Arms“ war am Dienstag vom zypriotischen Hafen Larnaka aufgebrochen, wo israelische Behörden die Ladung zuvor inspiziert hatten.

Arbeitskräfte auf Hilfsschiff in Zypern
Reuters/Yiannis Kourtoglou
Die Hilfslieferungen bei der Inspektion im Hafen von Larnaca

Zweites Schiff in Vorbereitung

Die Mission der „Open Arms“ gilt als Pilotprojekt für eine Versorgung der mehr als zwei Millionen Menschen im Gazastreifen, denen es wegen des Krieges derzeit an praktisch allem fehlt. Die Organisation, die der in den USA lebende spanische Starkoch Andres gründete, bereite derzeit in Larnaka ein weiteres Schiff mit Hilfsgütern vor, hieß es. Es werde 240 Tonnen Lebensmittel transportieren. Der Starttermin ist noch unklar.

Im Gazastreifen betreibt die Organisation zusammen mit örtlichen Partnern 60 Gemeinschaftsküchen, die Mahlzeiten für die palästinensische Bevölkerung zubereiten. Seit Beginn des Gaza-Krieges im Oktober brachte sie nach eigenen Angaben 1.500 Lastwagenladungen in das abgeriegelte Küstengebiet und stellte 37 Millionen Mahlzeiten zur Verfügung.

Erste Schiffslieferung wird in Gaza verteilt

Nach der Ankunft einer ersten Hilfslieferung auf dem Seeweg stehen Unterstützerinnen und Unterstützer der notleidenden Bevölkerung im Gazastreifen vor der Aufgabe, die benötigten Essensrationen an die Menschen zu verteilen.

Hilfe aus der Luft

Das erste Schiff war auf der Route entlang eines geplanten Hilfskorridors gekreuzt, den die EU-Kommission und Zyperns Staatsführung vor einer Woche angekündigt hatten. Unabhängig davon planen die USA einen maritimen Korridor nach Gaza, für den das US-Militär ein schwimmendes Dock nahe der Gaza-Küste errichten soll. Parallel wird internationale Hilfe aus der Luft in dem Kriegsgebiet abgeworfen – zuletzt begann die deutsche Luftwaffe ihren Hilfseinsatz.

UNO: Jedes dritte Kleinkind in Nordgaza mangelernährt

Die Gaza-Mission von „Open Arms“ und WCK genießt die Unterstützung Zyperns und der Vereinigten Arabischen Emirate (VAE). Neben der Inspektion sicherte das israelische Militär am Freitag zudem die Landestelle. Die humanitären Bemühungen erfolgen vor dem Hintergrund einer sich zuspitzenden Notlage für die Bevölkerung im Gazastreifen.

Im nördlichen Gazastreifen sind nach Erkenntnissen des UNO-Kinderhilfswerks (UNICEF) inzwischen 31 Prozent der Kinder unter zwei Jahren akut mangelernährt. Im Jänner seien es noch 15,6 Prozent der Kinder gewesen, teilte die Organisation am Freitag mit. In diesem Teil des Gazastreifens ist die Versorgungsnotlage aufgrund des anhaltenden Krieges besonders schlimm.

Bewegung bei Verhandlungen?

Ein neuer Vorschlag der Hamas im Rahmen der schleppend verlaufenden indirekten Verhandlungen über eine Waffenruhe und Freilassung von israelischen Geiseln scheint unterdessen Anlass zu vorsichtigem Optimismus zu geben. „Der Vorschlag bewegt sich grob umrissen innerhalb des Rahmens jenes Deals, an dem wir seit mehreren Monaten arbeiten“, sagte der Kommunikationsdirektor des Nationalen Sicherheitsrats der USA, John Kirby, am Freitag im Weißen Haus.

Tatsächlich hat sich die Hamas nun dahingehend bewegt, dass sie nicht mehr verlangt, dass Israel den Krieg beendet, bevor die ersten Geiseln gegen palästinensische Häftlinge in israelischen Gefängnissen ausgetauscht werden.

Dem am Donnerstag bekanntgewordenen Vorschlag zufolge würden die Islamisten die Einstellung der Kampfhandlungen durch Israel erst zur Voraussetzung für eine zweite Phase der Geiselfreilassungen machen. Damit näherte sich die Hamas den Inhalten eines mehrstufigen Plans an, den die Vermittler USA, Ägypten und Katar vor mehreren Wochen vorgelegt hatten und den Israel akzeptierte.

Netanjahu: Vorschlag „unrealistisch“

Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu tat den Vorschlag der Hamas unterdessen als „unrealistisch“ ab. Gleichzeitig hieß es, eine israelische Delegation werde nach einer Debatte des Sicherheitskabinetts über die israelische Position nach Katar reisen. Damit würden erstmals seit zwei Wochen wieder israelische Verhandler an den indirekten Gesprächen in der Hauptstadt Doha teilnehmen.

Grafik zur geplanten Offensive in Rafah
Grafik: APA/ORF; Quelle: BBC/ISW

USA fordern Details zu Israels Rafah-Plänen

Die US-Regierung rief Israel am Freitag dazu auf, ihr Pläne für eine „glaubwürdige“ und „realisierbare“ Evakuierung der im Süden des Gazastreifens an der Grenze zu Ägypten gelegenen Stadt Rafah vorzulegen, sofern dort eine israelische Militäroffensive stattfinden soll. Man habe solche Pläne bisher nicht gesehen und würde die Gelegenheit begrüßen, diese zu Gesicht zu bekommen, sagte Kirby.

„Wir können und werden keinen Plan unterstützen, der diese eineinhalb Millionen Flüchtlinge in Gaza nicht angemessen berücksichtigt“, betonte er. Es müsse einen Plan für diese Menschen geben – alles andere wäre eine „Katastrophe“, warnte er. Für die Menschen im Gazastreifen müsse es einen Ort geben, an dem sie vor den Kämpfen sicher seien.

Zuvor hatte Netanjahu nach Angaben seines Büros am Freitag die Pläne für einen Militäreinsatz in Rafah gebilligt. Die Armee bereite sich neben dem operativen Einsatz darauf vor, die Zivilbevölkerung aus dem Gebiet zu bringen, hieß es in der Mitteilung.