Nvidia-Logo auf einem HGX-KI-Supercomputer
Reuters/Ann Wang
„Woodstock der KI“

Ungewohnter Hype um Chip von Nvidia

Am Montag hat der Technologieriese Nvidia seine neueste Entwicklung, den auf Anwendungen von künstlicher Intelligenz (KI) spezialisierten Chip GB200, präsentiert. Das Interesse war enorm – ungewohnt für einen Chip, den man auf normalem Weg weder verwenden noch erwerben kann. Im Vorfeld wurde die Präsentation von Fachleuten gar als „Woodstock der KI“ betitelt. Der Konzern will mit dem neuen Chip seine Position als Marktführer zementieren.

Mit beinahe ähnlich viel Wirbel wie bei der Veröffentlichung eines neuen iPhone hat Nvidia-Chef Jensen Huang in Kalifornien am Montagnachmittag (Ortszeit) den GB200 vorgestellt. Der „Superchip“ bestehend aus mehreren Komponenten soll um ein Vielfaches schneller sein als sein Vorgänger – und dabei energiesparender. Für die KI-Welt ist das eine große Ankündigung: Denn der bisher stärkste H100-Chip steckt hinter dem Erfolg von praktisch allen populären KI-Anwendungen, vom Chatbot bis zur Spracherkennung.

Details zu Preis und Erhältlichkeit wurden bisher nicht genannt, es wird erwartet, dass der Chip noch dieses Jahr erhältlich sein wird. Das spielt aber ohnehin nur eine untergeordnete Rolle, denn anders als die Ankündigungen von anderen Tech-Riesen wie Apple hat der neue Chip für normale Anwenderinnen und Anwender praktisch keine Bedeutung. Im Einzelhandel kann man den GB200 nicht erwerben, der Vorgänger kostet mehrere zehntausend Euro.

Kein ChatGPT ohne Nvidia

Und: Der Chip war zuletzt praktisch nicht erhältlich, weil die Nachfrage so enorm war. Er ist dafür verantwortlich, dass KI-Modelle „trainiert“ und verwendet werden können. Um Werkzeuge wie ChatGPT zu betreiben, sind unzählige dieser Chips nötig – in der Entwicklung sind diese oft wochenlang im Dauereinsatz, um die gewünschten Ergebnisse zu erzielen.

Nvidia-CEO Jensen Huang
Reuters/Edgar Su
Nvidia-Chef Jensen Huang präsentierte den neuen Chip GB200

Das gibt Nvidia eine einzigartige marktbeherrschende Position. Egal ob ChatGPT oder Midjourney, ob Microsoft, Google oder Amazon: Geht es um KI, stecken im Normalfall Chips von Nvidia dahinter, oft Tausende. Laut der Nachrichtenagentur Reuters hat das Unternehmen in Rechenzentren beim Thema KI einen Marktanteil von rund 80 Prozent.

Roboter im Blick

Huang zeigte sich überzeugt, dass in Zukunft die meisten Inhalte nicht vorgefertigt aus Speichern abgerufen werden, sondern dass KI-Software sie ausgehend von der aktuellen Situation frisch erzeugen werde. Mit dem neuen Chip wolle Nvidia auch den Einsatz „digitaler Zwillinge“ vorantreiben, in denen Unternehmen ihr gesamtes Geschäft im Computer simulieren können.

Nvidia setzt auch auf Roboter. „Alles, was sich bewegt, wird robotisch sein“, sagte Huang. Das Ziel sei, dass Roboter allein dadurch lernen können, dass sie Menschen beobachten. „Der ChatGPT-Moment für Robotik könnte unmittelbar bevorstehen“, so Huang. Der neue Chip ist nach dem amerikanischen Mathematiker David Blackwell benannt.

Börsenkurs steigt ohne absehbares Ende

Die zentrale Rolle bei der Entwicklung von Anwendungen mit künstlicher Intelligenz hat im vergangenen Jahr dazu geführt, dass sich der Aktienkurs des Konzerns verdreifachte. Auch dieses Jahr legte Nvidia noch einmal kräftig zu. Abzuwarten bleibt, wie die neueste Ankündigung an der Börse aufgenommen wird.

Zwar gibt es Konkurrenz, doch diese hinkt – zumindest noch – hinterher. Es sind vor allem klassische Chiphersteller, die verhältnismäßig schleppend auf die Nachfrage im KI-Bereich reagieren. AMD spielt mittlerweile eine Rolle, Unternehmen wie Intel und Qualcomm holen langsam, aber sicher auf. Nicht außer Acht zu lassen sind Gerüchte, dass etwa der ChatGPT-Entwickler OpenAI gleich ganz eigene Chips entwickeln will. Doch all das ist aktuell noch keine Bedrohung für die Marktmacht Nvidias, weshalb Fachleute erwarten, dass der Börsenwert des Unternehmens weiter steigen wird.

Langer Weg von Gaming zu KI

Nvidia wurde von Huang vor 31 Jahren gegründet. Der Konzern ist seit jeher auf Grafikkarten, die etwa für das Spielen von Computerspielen benötigt werden, spezialisiert. Doch seit den frühen 2000er Jahren wurde die Nvidia-Hardware auch in anderen Branchen nützlich, weil die Chips für manche Einsatzzwecke leistungsfähiger als herkömmliche Computerprozessoren sind.

Zu spüren bekam das der Markt erstmals mit dem Hype um Kryptowährungen: Hier wurden die Grafikkarten von Nvidia zum Berechnen dieser Währungen, dem „Schürfen“, eingesetzt. Sehr zum Unmut von Gamerinnen und Gamern, weil die Nachfrage das Angebot um ein Vielfaches übertraf und es monatelang zu Lieferengpässen kam. Aufbauend auf diesen Entwicklungen spielen Nvidias Chips nun eben auch bei KI-Anwendungen eine zentrale Rolle.