Wald
ORF/Georg Hummer
Ökosystem

„Buntem“ Wald gehört die Zukunft

Die Waldfläche hat in Österreich in den vergangenen Jahren stetig zugenommen, ebenso die Herausforderungen durch die Klimakrise. Das zeigt ein Blick auf die Lage am Internationalen Tag des Waldes am Donnerstag. Eine zentrale Maßnahme, um die Wälder fit zu halten, ist die Wahl der Baumarten. Der Wald der Zukunft ist „bunt“, sagt Peter Mayer, Direktor des Bundesforschungszentrums für Wald (BFW).

Seit den 1960er Jahren ist die Waldfläche hierzulande um die Größe des oberösterreichischen Mühlviertels gestiegen. Fast 48 Prozent des Bundesgebiets sind bewaldet. Dass in Österreich mehr Wald wächst, als genutzt wird, sei an sich ein „positives Zeichen“, sagt Mayer im Gespräch mit ORF.at.

Die flächenmäßige Zunahme verdankt sich einerseits der Aufforstungsbemühungen. Die Österreichischen Bundesforste (ÖBf) etwa planen, heuer rund 1,4 Millionen Jungbäume in ihren zwölf Forstbetrieben zu pflanzen. Andererseits erobert der Wald frühere landwirtschaftliche Flächen zurück, beispielsweise aufgegebene Almen.

Fichtenwald
ORF/Georg Hummer
Fichten tun sich besonders in niedrigen Lagen mit den klimatischen Veränderungen schwer

Eine große Rolle spielen klimatische Veränderungen. „Das mildere Klima verschiebt die Waldgrenze nach oben, dadurch entstehen Waldregionen in höheren Lagen“, sagt Mayer. Zudem ist die Vegetationsperiode in Europa in den vergangenen 50 Jahren laut Österreichischem Waldbericht um durchschnittlich zehn Tage länger geworden, die Bäume hätten also mehr Zeit zu wachsen. Und wegen der erhöhten Kohlendioxidkonzentration in der Luft, die zu einer höheren Photosyntheserate führe, seien die Pflanzen auch produktiver.

Trockenheit als Herausforderung

Eine Auswirkung der Klimakrise ist die Zunahme von längeren Phasen der Trockenheit. Im Westen sei die Lage aktuell nach ausreichenden Niederschlägen nicht so dramatisch, sagt Mayer, im Osten gebe es regionale Unterschiede. Ausgedehnte Trockenperioden und die Zunahme von Hitzetagen begünstigen laut Umweltbundesamt die Feuerausbreitung bei Waldbränden.

Besonders Brände mit einer Fläche von unter einem Hektar haben in Österreich der Behörde zufolge deutlich zugenommen. In den 2000er Jahren habe es durchschnittlich 130 Brände im Jahr gegeben, zwischen 2011 und 2021 seien es jährlich im Durchschnitt etwa 220 gewesen, so das Umweltbundesamt mit Verweis auf die österreichische Waldbranddatenbank.

Borkenkäfer auf dem Vormarsch

Ein weitaus größeres Problem als die Feuer stellt hierzulande der Borkenkäfer dar. Anhaltende Trockenheit schwächt die Bäume und macht sie anfälliger für Schädlingsbefall. „Durch das veränderte Klima gelangt der Borkenkäfer auch in höhere Lagen, als das früher der Fall war“, so BFW-Direktor Mayer.

Totholz im Nationalpark Kalkalpen
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Österreichs Wälder hatten in den vergangenen Jahren vielerorts mit zunehmendem Schädlingsbefall zu kämpfen

Gerade auf den steilen Hängen in höheren Lagen ist der Abtransport von Schadholz nach Schnee- oder Sturmschäden schwierig. Die umgeknickten Bäume bieten eine optimale Brutstätte für die verschiedenen Borkenkäferarten. Nicht zuletzt deshalb waren Kärnten und Osttirol in jüngster Zeit Borkenkäfer-Hotspots. Über das gesamte Bundesgebiet betrachtet, gibt es laut Mayer regionale Unterschiede, „die Gesamtmenge bleibt aber auf relativ hohem Niveau, was mit dem Klimawandel zu tun hat“.

Für heuer sei bereits demnächst mit dem Schwärmbeginn der Borkenkäfer zu rechnen, teilte das Borkenkäfer-Monitoring des Instituts für Waldschutz in der Vorwoche mit. Grund seien die hohen, rekordhaltigen Temperaturen, die der Winter und vor allem die Monate Februar und März gebracht hätten. In einigen Regionen sei das Jahr zudem bisher zu trocken verlaufen. Bis zur „Hauptschwärmphase“ sollten Käferbäume aus dem Vorjahr sowie Schneebruch und Windwürfe umgehend entfernt werden.

„Risiko streuen“

Am BFW versucht man zu prognostizieren, wie sich der Wald angesichts der Klimakrise in den nächsten 100 Jahren verändern wird. Die wichtigste Empfehlung: Der Wald der Zukunft soll „bunt“ sein, wie Mayer sagt. Gemeint ist der Fokus auf Mischwald. Sollte eine Baumart ausfallen, bricht nicht gleich der gesamte Wald zusammen. „Es geht darum, wie bei einem Aktienportfolio das Risiko zu streuen“, so der BFW-Direktor, „und nicht alles auf eine Karte, also eine Baumart, zu setzen, sondern mehrere Baumarten, die für die jeweilige Region oder den jeweiligen Standard passend sind, zu wählen“.

Bei der Beratung für die künftige Gestaltung der Wälder setzt das BFW laut Mayer auf zwei Tools. Zum einen auf ein „Ampelsystem“, das auf Basis von Klimamodellen je nach Region und Höhenlage bei der Wahl der Baumarten helfen soll.

Das andere Angebot läuft unter dem Titel „Waldtypisierung“ und richtet sich an die Bundesländer. Auf Basis von detaillierten Klima- und Bodendaten werden thematische Karten erstellt, mit denen es möglich werden soll, die sich verändernden Umweltbedingungen in naher und ferner Zukunft darzustellen. In der Steiermark wurde laut Mayer bereits ein entsprechendes Projekt durchgeführt, aktuell läuft die „Waldtypisierung“ in Ober- und Niederösterreich sowie im Burgenland.

Laubbäume profitieren von Klimaveränderung

Unter den Baumarten profitieren vor allem Laubbäume von den klimatischen Veränderungen, allen voran die Eiche, die eine „Gewinnerin des Klimawandels“ sei, wie Mayer sagt. Auch Ahorn, Buche und Birke kommen mit den geänderten Gegebenheiten gut zurecht. Gewinner bei den Nadelhölzern in höheren Lagen sind Weißtanne und Lärche. Letztere gilt aufgrund ihres Wurzelsystems als besonders sturmstabil.

Reine Nadelholzbestände haben laut Österreichischem Waldbericht im vergangenen Jahrzehnt um sechs Prozent abgenommen. Die Laubbaummischbestände seien im selben Zeitraum um denselben Prozentsatz gewachsen.

Lärchenwald
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Lärchen kommen mit den klimatischen Änderungen besser zurecht als Fichten

Das hat auch mit der Lage der Fichte zu tun. Die Klimakrise bereitet Österreichs mit Abstand häufigster im Wald zu findender Baumart besondere Probleme. Durch den Klimawandel habe sie in niedrigen Seehöhen Teile ihrer Verbreitung zwischen 600 bis 800 Metern verloren, heißt es im Report. Diese Entwicklung werde in Zukunft weitergehen.