Flüchtlinge überqueren den  Fluss Rio Bravo
APA/AFP/Herika Martinez
Texas

Berufungsgericht stoppt Migrationsgesetz

Erst am Dienstag hat das US-Höchstgericht das Inkrafttreten eines umstrittenen Migrationsgesetzes im US-Bundesstaat Texas genehmigt. Nur wenige Stunden später legte ein Bundesberufungsgericht das Einwanderungsgesetz aber auf Eis. Schon Mittwochfrüh (Ortszeit) soll das Berufungsgericht einen Antrag aus Texas verhandeln, das Gesetz wieder zur Geltung zu bringen.

Das Gesetz gibt den Behörden in Texas weitreichende Befugnisse an der Grenze zu Mexiko. Das als Senate Bill 4 (SB4) bekannte Gesetz kriminalisiert die irreguläre Migration in die USA auf Ebene des Bundesstaates Texas. Es erlaubt dabei speziell texanischen Polizeibeamtinnen und -beamten, Personen festzunehmen, die verdächtigt werden, illegal die Grenze aus Mexiko in die USA überquert zu haben.

Als das Gesetz am Dienstag kurzzeitig gegolten hatte, hatte sich Mexiko geweigert, von Texas abgeschobene Migranten und Migrantinnen aufzunehmen. „Mexiko lehnt kategorisch jede Maßnahme ab, die es staatlichen oder lokalen Behörden erlaubt, Einwanderungskontrollen durchzuführen und Staatsangehörige oder Ausländer auf mexikanischem Territorium festzunehmen und zurückzuschicken“, hieß es vom mexikanischen Außenministerium.

Widerstand von Regierung Biden

Die Regierung von US-Präsident Joe Biden geht vehement gegen das Gesetz vor. Würde es in Kraft treten, käme das einem Paradigmenwechsel gleich. Bisher haben die Gerichte entschieden, dass nur die Bundesregierung die Einwanderungsgesetze der USA durchsetzen kann und nicht einzelne Bundesstaaten. Das Justizministerium hatte argumentiert, dass Texas die Einwanderungsbefugnisse überschreite.

Mit dem Gesetz SB4 dürften texanische Gerichte auch Abschiebungen veranlassen und bei wiederholten Grenzübertritten Gefängnisstrafen von bis zu 20 Jahren verhängen. Bei der Entscheidung des Supreme Court hatten die sechs konservativen Richterinnen und Richter die drei liberalen überstimmt. Die Entscheidung des Höchstgerichts war gefallen, während noch das Berufungsverfahren lief.

Juristisches Kräftemessen

Es gibt zudem laufende Klagen des US-Justizministeriums und mehrerer Menschen- und Bürgerrechtsorganisationen. Menschen- und Bürgerrechtler warnen in diesem Kontext vor Diskriminierung und „Racial Profiling“. Davon spricht man, wenn Menschen aufgrund ihres Erscheinungsbildes oder ethnischer Merkmale von der Polizei kontrolliert werden.

Daniel Morales, außerordentlicher Rechtsprofessor am University of Houston Law Center, sagte, das texanische Gesetz werde „ganz klar ein Chaos in der Durchsetzung sein“. Es würden große Mengen staatlicher Ressourcen für die Umsetzung benötigt.

Der republikanische Gouverneur von Texas, Greg Abbott, hatte das Gesetz bereits im Dezember unterzeichnet. Nach längerem juristischem Tauziehen argumentierte das US-Justizministerium schließlich vor dem Höchstgericht, der Bundesstaat im Süden der USA überschreite mit dem Vorhaben seine Kompetenzen, und erwirkte eine Verzögerung.

Donald Trump an der Grenze in Texas zu Mexiko
Reuters/Go Nakamura
Migration ist eines der zentralen Wahlkampfthemen der Präsidentschaftswahl sowohl für Biden als auch für Donald Trump

Migration im US-Wahlkampf

Die Grenzpolitik ist in den USA ein besonders umstrittenes Thema und für US-Präsident Joe Biden politisch äußerst heikel. Die oppositionellen Republikaner werfen dem Demokraten vor, ungehindert Hunderttausende Ausländer ins Land zu lassen und schüren Ängste vor einer Zunahme von Kriminalität und Drogenproblemen.

Das Weiße Haus wiederum wirft der Republikanischen Partei vor, den Versuch einer parteiübergreifenden Lösung zu sabotieren. Grund ist offenbar die Ablehnung durch Ex-Präsident Donald Trump, der bei der Präsidentschaftswahl im November das Weiße Haus zurückerobern – und dabei die Grenzpolitik im Wahlkampf nutzen – will.

Auf der Flucht vor Armut und Konflikten in ihren Heimatländern kommen täglich Tausende Menschen in die USA. Behörden stehen unter Druck, das Justizsystem kommt bei der Bearbeitung der Asylgesuche kaum hinterher. Es fehlt zudem an Unterbringungsmöglichkeiten und anderen Ressourcen für die Ankömmlinge.

Vorbild für andere Bundesstaaten

Der Weg von Texas gilt in republikanisch geführten Bundesstaaten jedenfalls als Vorbild. In Iowa stimmte das Repräsentantenhaus am Dienstag einem Gesetzesentwurf zu, der auch die Strafverfolgungsbehörden des Bundesstaates ermächtigt, Personen festzunehmen, die sich illegal in den USA aufhalten und denen zuvor die Einreise verweigert wurde. Der Gesetzesentwurf geht nun an die republikanische Gouverneurin Kim Reynolds. Wird er unterzeichnet, würde er im Juli in Kraft treten.