Menschen spazieren auf einer Straße in Graz
ORF/Viviane Koth
ORF hat gefragt

Mehrheit zufrieden, aber eher pessimistisch

Wie geht es den Österreicherinnen und Österreichern? Welche Themen beschäftigen sie am meisten, wo liegen für sie die größten Probleme? Mehr als 90.000 Personen haben diese und viele weitere Fragen im Rahmen der ORF-„Dialogoffensive“ auf der Website Orffragt.at beantwortet. Zwei Drittel der Teilnehmenden sind durchaus zufrieden mit ihrer Lebenssituation, die Einschätzung, wie es der Bevölkerung insgesamt geht, und auch der Blick in die Zukunft fallen weit pessimistischer aus.

Drei Wochen, von 14. Februar bis 6. März, waren Menschen in Österreich aufgerufen, an der Onlineumfrage zu aktuellen Themen teilzunehmen. Das Design der Umfrage ergibt, dass sie nicht repräsentativ ist. Das Ergebnis sei „ein wertvolles Stimmungsbild der österreichischen Bevölkerung“, so ORF-Generaldirektor Roland Weißmann. „Um relevantes Programm für alle Menschen in Österreich gestalten zu können, ist es wichtig zu wissen, wie es unserem Publikum geht.“ Mit dem Ergebnis der Umfrage werde sich der ORF nun „intensiv auseinandersetzen“.

Bei der Frage nach der eigenen Lebenssituation zeigen sich die Menschen zu 24 Prozent sehr zufrieden und zu 45 Prozent eher zufrieden, mit geringen Schwankungen nach Geschlecht, Alter und Bundesland. Ganz anders sieht das Ergebnis aus, wenn es um die Einschätzung der Stimmung im Land geht.

Bei der Frage „Wie ist Ihre Einschätzung: Wie zufrieden sind die Menschen in Österreich derzeit im Großen und Ganzen mit ihrer Lebenssituation?“ sagen nur 49 Prozent, dass die Bevölkerung sehr oder eher zufrieden ist. Die Stimmung wird also deutlich gedämpfter eingeschätzt, als sie ist.

Grafik zur Einschätzung der Zufriedenheit mit der Lebenssituation
Grafik: ORF; Quelle: „ORF fragt“, ORF/INTEGRAL

Hohe Zufriedenheit mit Wohnsituation

Bei der eigenen Lebenssituation gibt es die weitaus höchste Zufriedenheit mit der eigenen Wohnsituation (85 Prozent sehr bzw. eher zufrieden). Besonders zufrieden sind hier die über 50-Jährigen (87 Prozent), die geringste Zufriedenheit weisen Menschen aus Wien auf (81 Prozent). Jeweils 75 Prozent sind mit ihrer Arbeits-, Ausbildungs- und Beschäftigungssituation und mit ihrer gesundheitlichen Situation zufrieden.

Die größten regionalen Unterschiede gibt es bei der Zufriedenheit mit dem Verkehrs- und Mobilitätsangebot in der Region. Durchschnittlich sind 64 Prozent sehr oder eher zufrieden, in Wien sind es 86 Prozent, gefolgt von Vorarlberg mit 78 Prozent. Am anderen Ende der Skala rangieren Kärnten (49 Prozent) und das Burgenland (50 Prozent)

20 Prozent kommen "gerade noch so über die Runden“

Mit der eigenen wirtschaftlichen Situation sind zwei Drittel sehr oder eher zufrieden. Das deckt sich auch mit der Frage zur Einschätzung der eigenen finanziellen Situation: 17 Prozent geben an, sich gar nicht einschränken zu müssen, 58 Prozent kommen „im Großen und Ganzen zurecht“. Ältere haben hier leicht höhere Werte. Immerhin 20 Prozent geben an, ökonomisch „gerade noch so über die Runden“ zu kommen, bei fünf Prozent geht es sich „vorne und hinten nicht“ aus.

Ihr Kaufverhalten haben angesichts der Teuerung nur 22 Prozent gar nicht gerändert, drei Viertel meinen, verstärkt Aktionen zu nützen, gut die Hälfte, insgesamt weniger einzukaufen. Billigere Waren kauft nach Eigenangaben rund ein Drittel ein.

Krieg und Inflation als größte Sorgen

Gefragt nach den Themen, die derzeit die größten Sorgen bereiten, stehen kriegerische Handlungen in der Welt auf Platz eins, mehr als drei Viertel der Befragten äußern diese Sorge. Etwas stärker ausgeprägt ist sie bei Frauen und über 50-Jährigen.

Inflation und steigende Preise sorgen genau zwei Drittel, fehlender Zusammenhalt in der Gesellschaft 62 Prozent, gefolgt von dem zunehmenden Aufgehen der Schere zwischen Arm und Reich (61 Prozent). Bei den abgefragten Themen bereitet der Arbeitsmarkt bzw. Arbeitsbedingungen die wenigsten Sorgen (23 Prozent), die Digitalisierung (30 Prozent) und die Energieversorgung (33 Prozent).

Drei Viertel sehen Klimawandel als großes Problem

Der Klimawandel bereitet 56 Prozent Sorgen. In einer anderen Frage sehen mehr als drei Viertel den Klimawandel als ernstzunehmendes Problem, noch höher ist die Zustimmung bei Frauen, bei unter 29-Jährigen und Menschen aus Wien. 22 Prozent sehen hingegen keine wirkliche Bedrohung und finden die Auswirkungen in der Öffentlichkeit übertrieben. 55 Prozent sehen sich selbst durch Umweltveränderungen und Wetterextreme sehr oder eher betroffen, 47 Prozent glauben, dass die Region, in der sie leben, betroffen ist.

„ORF1 Spezial: Wie geht’s Österreich? ORF fragt“

Mariella Gittler präsentiert vor dem Hintergrund der exklusiv präsentierten Ergebnisse der großen ORF-Umfrage „ORF fragt“ Reportagen, Faktenchecks und Service-Talks zu den großen Themen, die das Land beschäftigen.

Eher pessimistischer Blick in die Zukunft

Eher gedämpft schauen die Befragten in die Zukunft: 57 Prozent zeigen sich pessimistisch, 43 Prozent sehen eher optimistisch in die Zukunft. Sorgen bereitet auch das Pensionssystem: In den Altersgruppen 14 bis 29 und 30 bis 46 gaben je rund 70 Prozent an, dass sie im Alter mit ihrer voraussichtlichen Pension wohl nicht gut auskommen werden. Bei der jüngeren Gruppe machen sich 44 Prozent Sorgen, den Anforderungen zukünftiger Entwicklungen auf dem Arbeitsmarkt nicht gewachsen zu sein. Bei den 30- bis 49-Jährigen sind es 35 Prozent.

Die Teilnehmenden zeichnen auch ein eher dunkles Bild von der Entwicklung der Gesellschaft. Der Zusammenhalt habe in letzter Zeit deutlich abgenommen, immer mehr würden nur auf sich schauen, geben 85 Prozent an. Vier Fünftel glauben, dass Diskussionen in der Öffentlichkeit respektloser als früher geführt werden.

87 Prozent glauben, dass es der Mehrheit der Österreicherinnen und Österreicher eher schwerfällt, Fake News und Falschinformationen im Internet zu erkennen. Fast 70 Prozent meinen, Social Media habe vor allem negative Auswirkungen auf den gesellschaftlichen Zusammenhalt. Mehr als zwei Drittel glauben, dass die Kriminalität in Österreich in den vergangenen Jahren zugenommen habe. Dennoch sehen fast 90 Prozent Österreich als eher sicheres Land im Vergleich zu anderen Ländern.

Was man sich vom ORF wünscht

Bei der Frage, welche Formate und Nachrichtenangebote man sich vom ORF wünscht, dominieren Dokumentationen und Reportagen mit 62 Prozent, ausführliche Berichterstattung und Analysen folgen mit 48 Prozent. Für Kurzinformationen plädieren 42 Prozent, Interviews und Diskussionssendungen mit kontroversen Standpunkten kommen auf 39 Prozent, Themenschwerpunkte auf 37 Prozent. Infos in sozialen Netzwerken wünschen sich 16 Prozent, nicht ganz überraschend sind es vor allem Junge, die das wollen.

Nachdem die Umfrage für alle Interessierten offen war und daher keine Stichprobe nach dem Abbild der Zusammensetzung Österreichs möglich war, sind die Ergebnisse trotz der großen Zahl der Befragten nicht repräsentativ für die gesamte österreichische Bevölkerung. Die Daten wurden nach soziodemografischen Merkmalen – etwa Alter und Region – proportional zur tatsächlichen Verteilung in der österreichischen Bevölkerung gewichtet.

Andere für eine Stichprobe relevante Daten wie Bildungsabschlüsse und wirtschaftliche Situation der Teilnehmenden wurden nicht erhoben. Die Auswertung der Daten erfolgte durch das Markt- und Meinungsforschungsinstitut Integral.