Fluss Mur und Landschaft
ORF.at/Christian Öser
Weltwassertag

Appelle zum Schutz heimischer Gewässer

Obwohl es in Österreich viele Seen, Flüsse, Bäche und weitere Gewässer gibt, ist das Land nicht vor Trockenheit gefeit, wie die vergangenen Jahre gezeigt haben. Am Weltwassertag am Freitag erinnern Wissenschaft und NGOs daran, die Quelle des Lebens zu schützen. Davon hängt nicht nur der Artenschutz ab, sondern auch die Menschheit.

„Ausgetrocknete Seen und verdorrte Felder, wie wir sie schon letztes Jahr sehen konnten, sind nur ein erster Vorgeschmack“, warnte Sebastian Theissing-Matei von Greenpeace Österreich. Im Sommer 2023 sei nicht nur der Zicksee im Burgenland völlig ausgetrocknet, auch habe die Dürre in der Landwirtschaft einen Schaden von 170 Millionen Euro verursacht.

Die Umweltschutzorganisation legte daher einen Fünfpunkteplan gegen Wasserknappheit vor. Gegen den Wassermangel soll ein Melderegister Transparenz beim Verbrauch liefern. Dort sollten dem Greenpeace-Vorschlag zufolge Wasserentnahmen durch Industrie, Landwirtschaft und Wasserversorger vermerkt werden.

Situation am trocken gefallenen St. Andräer Zicksee im burgenländischen Seewinkel, 05. Mai 2023
APA/Hans Klaus Techt
Kein schöner Anblick: Der Zicksee war im Mai 2023 völlig ausgetrocknet

Zudem brauche es, so die NGO, Pläne für von Dürren bedrohte Regionen, wer in Krisenzeiten auf wie viel Wasser zugreifen dürfe, sowie ein Reduktionsziel des Wasserverbrauchs bis 2030. Außerdem wurden ein Förderprogramm gegen Verschwendung sowie eine Bepreisung der Wasserentnahme für Industriebetriebe gefordert.

SPÖ-Antrag auf nachhaltige Wasserwirtschaft

Der Trinkwassersicherungsplan des für Wasser zuständigen Landwirtschaftsministeriums enthalte keine einzige konkrete Maßnahme, die die Lage tatsächlich verbessern würde, kritisierte Greenpeace. Die Industrie als Sektor mit dem größten Wasserverbrauch in Österreich bleibe wie die Landwirtschaft gänzlich unerwähnt. Landwirtschaftsminister Norbert Totschnig (ÖVP) müsse einen Plan vorlegen, der auch Industrie und Landwirtschaft in die Pflicht nehme und die Wasserversorgung in Österreich sichere, forderte Theissing-Matei.

Julia Herr, Vizeklubobfrau der SPÖ, griff den Greenpeace-Vorstoß auf und kündigte einen entsprechenden Antrag im Parlament an, wonach Wasserentnahmen von Landwirtschaft und Industrie in einer Art Melderegister vermerkt werden sollen. Darüber hinaus soll die Bewilligungsdauer von Wasserentnahmen für Bewässerungszwecke von derzeit 25 Jahren auf sechs Jahre reduziert werden, so Herr.

Global 2000 für strengere Grenzwerte bei Trinkwasser

Die Umweltschutzorganisation Global 2000 setzt sich indes anlässlich des Weltwassertags für höhere Trinkwassergrenzwerte für Ewigkeitschemikalien (PFAS) ein. PFAS sind eine Gruppe von mehr als 4.700 vom Menschen hergestellten Chemikalien, die äußerst langlebig sind und sich zunehmend im Menschen und in der Umwelt anreichern. Sie finden sich etwa in Kosmetika, Outdoorkleidung, Einweggeschirr und beschichteten Pfannen.

Bereits Ende 2020 hatte die EU-Kommission in der überarbeiteten EU-Trinkwasserrichtlinie neue Grenzwerte für Ewigkeitschemikalien im Trinkwasser definiert, bei der jedoch die Risikobewertung der EU-Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) von vier weiteren PFAS unberücksichtigt blieb.

Das Ergebnis seien EU-Grenzwerte, die Belastungen mit Chemikalien im Trinkwasser ermöglichen, die die von der EFSA festgelegte „tolerierbare wöchentliche Aufnahmemenge“ von 4,4 Nanogramm pro Kilogramm Körpergewicht um ein Vielfaches überschreiten würden, so Global 2000.

Grüne: Maximal 2,5 Hektar Flächenverbrauch täglich

Österreich setzte die EU-Richtlinie laut Global 2000 ohne weitere Korrektur um, anders als etwa Deutschland, Dänemark und Schweden, die noch strengere Grenzwerte festlegten. Global 2000 forderte daher von Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne) eine Überarbeitung der Trinkwasserverordnung, um sichere Grenzwerte nach dem Vorbild anderer europäischer Mitgliedsstaaten festzulegen.

Astrid Rössler, Umweltsprecherin der Grünen, äußerte sich zum Weltwassertag in puncto Bodenschutzstrategie. Sie sprach sich in einer Aussendung für einen verbindlichen Zielwert von maximal 2,5 Hektar Flächenverbrauch täglich aus. „Denn nur ein gesunder Boden, sichert unsere unterirdischen Trinkwasserreservoirs langfristig ab. Da braucht es ein engagiertes Handeln der Bundesländer zum Schutz der menschlichen Lebensgrundlage Wasser“, so Rössler.

Warnung vor Verlust der Artenvielfalt

Die Universität für Bodenkultur (BOKU) in Wien machte in einer Aussendung mit alarmierenden Zahlen darauf aufmerksam, wie wichtig der Schutz der aquatischen Lebensräume in Österreich ist. Sie seien wesentlich stärker bedroht als terrestrische, jedoch werde der Verlust der Artenvielfalt unter der Wasseroberfläche oft weniger wahrgenommen.

Europäische Flusskrebs (Astacus astacus)
Peter Pfeiffer
Der Flusskrebs ist ein nur noch selten gesehenes Tier in Österreich

„Mehr als 50 Prozent der österreichischen Fließgewässer erfüllen nicht die Kriterien für einen guten ökologischen Zustand gemäß der EU-Wasserrahmenrichtlinie, und sogar 85 Prozent der Auen sind heute verschwunden. Auch der Großteil der Moore – ganze 94 Prozent – befindet sich in einem bedenklichen Zustand“, so Stefan Schmutz vom Institut für Hydrobiologie und Gewässermanagement der BOKU.

In einer Studie wurde kürzlich aufgezeigt, wie es um die Fauna und Flora in Flüssen und Seen in Österreich steht: So liegt der Gefährdungsgrad der Süßwasserbewohner in Österreich bei den Flusskrebsen bei 100 Prozent, bei uferbewohnender Fauna, etwa Spinnen und Kurzflügelkäfern, liegt bei 60 bis 90 Prozent, es folgen Großmuscheln (73 Prozent), Fische (62 Prozent), Amphibien (60 Prozent) und Wasserpflanzen (50 Prozent).

BOKU: Wasserkraftwerke für Gefährdung verantwortlich

Bei den Ursachen für die Gefährdung wurden besonders die Nutzung von Wasserkraft mit über 5.000 Anlagen sowie die Regulierung von Flüssen genannt. Gleichzeit ist Österreich energietechnisch von der Wasserkraft abhängig: Rund 60 Prozent der heimischen Stromerzeugung würden durch Wasserkraft gedeckt, so die österreichische Energiewirtschaft.

Die Auswirkungen von Urbanisierung, Schifffahrt, Trinkwassergewinnung und Bewässerung auf die Artenvielfalt sind laut BOKU etwas weniger ausgeprägt. Doch durch die Klimakrise wird eine Zunahme dieser Effekte erwartet. „Ein vorrangiges Ziel besteht daher darin, die verbliebenen intakten, frei fließenden Abschnitte der Gewässer zu erhalten, von denen nur noch acht Prozent existieren“, so Schmutz. Auch Revitalisierungsprojekte sollten durchgeführt werden. Nur so könnten bedrohte Arten überleben.

Umweltdachverband: Erneuerbaren-Ausbau beschleunigen

In diese Richtung stieß auch der Umweltdachverband. Er appellierte an die Bundesregierung, bei der Ende letzten Jahres verabschiedeten „Renewable Energy Directive“ (RED III) auf nationaler Ebene nachzuschärfen, um die heimischen Gewässer zu schützen. Denn durch die überarbeitete Richtlinie sollen Genehmigungsverfahren für den Ausbau von Erneuerbaren weiter beschleunigt werden, etwa durch den Wegfall von Umwelt- und Naturverträglichkeitsprüfungen.

„So begrüßenswert die Novelle in Bezug auf Solar- und Photovoltaikanlagen oder Wärmepumpen ist, so desaströs sind die Folgen für Fließgewässer, Landschaften und gefährdete Arten“, so Franz Maier, Präsident des Umweltdachverbands. Denn in Österreich seien nur noch 14 Prozent der Flüsse ökologisch intakt, längere freie Fließstrecken seien kaum noch vorhanden.