„Die schwache Konjunktur hat aktuell stark mit psychologischen Faktoren zu tun“, sagte WIFO-Chef Gabriel Felbermayr bei der Vorstellung der Konjunkturprognose mit IHS-Direktor Holger Bonin. „Die Politik und die Sozialpartner sollten sich bemühen, Sicherheit zu geben“, so Felbermayr. Es fehle „den Haushalten nicht am Geld, sondern an Zuversicht“. Aus Sicht des WIFO-Chefs ist „das Glas systematisch halbvoll, nicht halbleer“. „Wer das Gegenteil behauptet, der hat Wirtschaftsgeschichte nicht verstanden.“
Politikerinnen und Funktionäre hätten die Verantwortung, diesen „Grundoptimismus nach außen tragen“, sagte Felbermayr. Die wirtschaftliche Stimmung in Österreich und Deutschland sei in manchen Quartalen „himmelhochjauchzend“ und dann „wieder zu Tode betrübt“. Diese Gemütsverfassung sei „nicht sehr rational“, weil „die Fundamentaldaten nicht so schlecht“ seien. IHS-Direktor Bonin sagte, das IHS gehe davon aus, dass die Konjunktur und der Konsum in Österreich „früher anspringen“ als vom WIFO erwartet.
„Kleine Zeichen“ statt großes Konjunkturprogramm
Sorgen bereitet Bonin vor allem die schlechte Stimmung der Unternehmen. Ein größeres Konjunkturprogramm sei deswegen aber „nicht notwendig“, die Regierung solle lieber „kleine Zeichen“ setzen, etwa mit Maßnahmen zum Bürokratieabbau und einer befristeten Möglichkeit, Investitionen schneller abzuschreiben.
Die hohen Zinssätze belasten derzeit laut WIFO die Investitionsnachfrage ebenso wie die Nachfrage nach Bauleistungen. Mit der ab Mitte des Jahres erwarteten Lockerung der Geldpolitik inklusive Zinssenkungen durch die Europäische Zentralbank (EZB) sollte die Wirtschaft sowohl im Euro-Raum als auch in Österreich wieder Fahrt aufnehmen. Der reale Konsum soll heuer um 1,2 Prozent (WIFO) bzw. 1,4 Prozent (IHS) steigen und die Exporte sich um 1,2 Prozent bzw. 1,6 Prozent erhöhen.
Arbeitsmarkt weitgehend stabil
Auch auf dem heimischen Arbeitsmarkt hinterlässt die Konjunkturschwäche leichte Spuren. Die Arbeitslosigkeit nimmt seit April 2023 im Jahresvergleich wieder zu. Die Arbeitslosenquote nach nationaler Definition lag im Vorjahr bei 6,4 Prozent und soll laut Prognose im Jahresdurchschnitt 2024 auf 6,7 Prozent (WIFO) bzw. 6,9 Prozent (IHS) steigen und 2025 wieder auf 6,5 bzw. 6,6 Prozent fallen.
Beim Budgetdefizit des Staates gehen die Prognosen von WIFO und IHS deutlich auseinander. Das WIFO rechnet für 2024 mit einem Defizit in Prozent des BIP von minus 2,9 Prozent, das IHS erwartet nur minus 2,2 Prozent. Im Vorjahr lag das Budgetdefizit bei minus 2,4 Prozent.
Kein „Frühlingswinderl“ bei Konjunktur spürbar
Österreichs Wirtschaft wächst heuer aufgrund der schwächelnden Bauwirtschaft und Industrie deutlich weniger als erwartet. „Die schwache Konjunktur hat aktuell stark mit psychologischen Faktoren zu tun“, sagte WIFO-Chef Gabriel Felbermayr bei der Vorstellung der Konjunkturprognose.
Steigende Reallöhne
Nach 7,8 Prozent im vergangenen Jahr sollen die Verbraucherpreise heuer nur noch um 3,8 bzw. 3,5 Prozent steigen. Da die Lohnerhöhungen zuletzt aber nach den Inflationsraten der vergangenen zwölf Monate festgelegt wurden, sorgt das für einen deutlichen Zuwachs der Reallöhne. So sollen die realen Einkommen der heimischen Haushalte laut WIFO heuer um 2,6 Prozent steigen.
FPÖ, SPÖ und NEOS kritisierten angesichts der Prognose die Wirtschaftspolitik der türkis-grünen Regierung und forderten Gegenmaßnahmen sowie Reformen. Die WKÖ drängt auf eine Lohnnebenkostensenkung und einen Bürokratieabbau. Die Arbeiterkammer forderte ein Beschäftigungs- und Qualifizierungspaket in Höhe von 750 Mio. Euro.