Brennende Crocus City Hall in Moskau
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Tödlicher Angriff auf Konzerthalle

Russland leitet Terrorermittlungen ein

In einer Konzerthalle in der Stadt Krasnogorsk nahe Moskau haben Bewaffnete am Freitag das Feuer eröffnet und laut offiziellen Angaben mindestens 60 Menschen getötet, darunter drei Kinder, und über 140 verletzt. Das offizielle Russland sprach von einem „blutigen terroristischen Attentat“. Die Hintergründe des Vorfalls in der Crocus City Hall sind unklar – Terrorermittlungen wurden eingeleitet. Ob es schon konkrete Verdachtsmomente gibt, ist ebenfalls unklar. Nach den Tätern wird gesucht, die Terrormiliz IS will den Angriff verübt haben.

Bei den Angreifern habe es sich um zwei bis fünf Personen in Tarnkleidung gehandelt, teilte die russische Generalstaatsanwaltschaft mit. Ein Augenzeuge sagte der Nachrichtenagentur Reuters, die Angreifer hätten Sturmgewehre eingesetzt. Die Halle umfasst 6.200 Sitze, sie war für den Auftritt der Rockband Piknik ausverkauft. Der Angriff ereignete sich um 20.30 Uhr Ortszeit (19.30 Uhr MEZ), kurz vor Beginn des Konzerts.

Auch auf nicht verifizierten Aufnahmen sind Männer zu sehen, die wiederholt das Feuer auf Zivilisten und Zivilistinnen eröffnen. Bei den Opfern soll es sich russischen Medien zufolge sowohl um Mitarbeiter als auch um Besucher der Konzerthalle handeln. Der staatlichen russischen Nachrichtenagentur RIA zufolge waren unter den Verletzten auch Kinder. Nach Behördenangaben waren Dutzende Rettungswagen im Einsatz und viele Busse, um Menschen in Sicherheit zu bringen.

Brand auf Fläche von 13.000 Quadratmetern

Laut Behördenangaben wurden nach Schüssen und einem Brand in der Veranstaltungshalle weitere Explosionen gemeldet. Wie es zu dem Großbrand kam, ist noch unklar. Das russische Zivilschutzministerium teilte mit, dass das Gebäude auf einer Fläche von 13.000 Quadratmetern in Flammen stand – in der Nacht auf Samstag konnte das Feuer eingedämmt werden. Russischen Medien zufolge trat jedoch immer noch Rauch aus dem teilweise eingestürzten Dach, Hubschrauber warfen Wasser auf das Gebäude ab.

Einsatzautos vor brennender Crocus City Hall in Moskau
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Unzählige Rettungswagen vor dem brennenden Veranstaltungszentrum

Suche nach Tätern

Laut TASS waren Sondereinheiten der russischen Nationalgarde im Einsatz. Es würden „alle notwendigen Maßnahmen“ eingeleitet, zitierte Interfax den FSB. Der Veranstaltungsort am Rande der russischen Hauptstadt sei evakuiert worden. Nach den Tätern werde gesucht, teilte die Nationalgarde mit.

Die Nachrichtenagentur RIA teilte mit, die Schützen seien vermutlich entkommen. Etwa gleichzeitig teilte ein russischer Abgeordneter mit, die Nationalgarde werde wieder von der Halle abgezogen. Sie habe das Erdgeschoß, die erste Etage und das unterirdische Parkhaus durchsucht.

Schüsse und Feuer in Konzerthalle nahe Moskau

Bei einem Angriff auf eine Veranstaltungshalle in der Region Moskau haben Bewaffnete laut dem russischen Inlandsgeheimdienst FSB 40 Menschen getötet. In der Crocus City Hall in der Stadt Krasnogorsk seien zudem ersten Erkenntnissen zufolge mehr als 100 Menschen verletzt worden.

IS will Angriff verübt haben

Der Hintergrund der Täter ist unklar – am späteren Abend reklamierte die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) den Angriff für sich. Die Gruppe schrieb auf Telegram, IS-Kämpfer hätten „eine große Zusammenkunft (…) am Rande der russischen Hauptstadt Moskau“ angegriffen.

Der Terrorexperte Peter Neumann vom King’s College in London hält das Bekennerschreiben für echt. „Die Bekennernachricht lief über alle offiziellen IS-Kanäle. Ich und meine Kollegen können das 100%ig bestätigen“, schrieb Neumann auf X.

Brennende Crocus City Hall in Moskau
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Die Crocus City Hall in der Stadt Krasnogorsk nahe Moskau nach dem blutigen Angriff

Putin spricht mit Behörden

Russlands Präsident Wladimir Putin hat sich nach Kreml-Angaben „seit der ersten Minute“ über die Geschehnisse informieren lassen. Er sprach den staatlichen Nachrichtenagenturen zufolge am Samstag mit Leitern von Strafverfolgungsbehörden und Rettungsdiensten. Er habe Berichte vom Chef des FSB, des Ermittlungskomitees, der Nationalgarde und mehrerer Minister erhalten, wurde unter Berufung auf den Kreml gemeldet. Er wünschte den Verletzten rasche Genesung und dankte den Ärzten.

Die Chefin des Föderationsrats, des Oberhauses des russischen Parlaments, Valentina Matwijenko, drohte den Drahtziehern mit Vergeltung. „Diejenigen, die hinter diesem fürchterlichen Verbrechen stehen, werden die verdiente und unausweichliche Strafe dafür erhalten“, schrieb sie auf ihrem Telegram-Kanal. Der Staat werde zugleich alles tun, um den Hinterbliebenen zu helfen, kündigte sie an.

Alle Großveranstaltungen in Moskau abgesagt

Das Moskauer Bürgermeisteramt sprach in einer Erklärung von einer riesigen Tragödie, es sprach den Opfern seine Anteilnahme aus. „Die gesamte Weltgemeinschaft muss dieses verabscheuungswürdige Verbrechen verurteilen“, teilte Ministeriumssprecherin Maria Sacharowa via Telegram mit. Moskaus Bürgermeister Sergej Sobjanin sagte alle Großveranstaltungen am Wochenende ab. TASS zufolge werden die Sicherheitsvorkehrungen an den Flughäfen und Bahnhöfen der Hauptstadt verstärkt.

USA warnten vor möglichem Anschlag

Spekulationen über einen möglichen Terroranschlag in Moskau waren seit dem 7. März kursiert. Damals hatte die US-Botschaft eine diesbezügliche Warnung ausgesprochen, die am 8. März unter anderem auch vom österreichischen Außenministerium übernommen worden war.

Putin hatte seinerseits am Dienstag „provokative Erklärungen einer Reihe von offiziellen westlichen Strukturen“ über einen möglichen Terroranschlag in Russland heftig angeprangert. „All das erinnert an offene Erpressung und die Absicht, Angst zu verbreiten und unsere Gesellschaft zu destabilisieren“, hatte er ausgerechnet vor den Spitzen des für Terrorbekämpfung verantwortlichen FSB erklärt.

Experte warnt vor Falschnachrichten

Terrorexperte Neumann warnte auch vor Falschnachrichten, die auf russischen Telegram-Kanälen kursierten mit der Behauptung, die IS-Mitteilung sei gefälscht. Es gebe „bereits massenweise Fake-News – vermutlich, um das Narrativ zu spinnen, die Ukraine sei für den Anschlag verantwortlich“, schrieb Neumann.

USA: „Derzeit keine Anzeichen“ für Verwicklung Kiews

Die USA mahnten in einer ersten Reaktion, keinen Zusammenhang mit der Ukraine herzustellen. „Es gibt keine Hinweise darauf, dass die Ukraine oder Ukrainer mit den Schüssen zu tun hatten“, sagte der Kommunikationsdirektor des Nationalen Sicherheitsrats der USA, John Kirby, in Washington. Man könne noch nicht viel zu den Details mitteilen, rate aber zu diesem frühen Zeitpunkt eindringlich von der Annahme ab, dass es eine Verbindung zur Ukraine gebe. „Die Bilder sind einfach schrecklich“, betonte Kirby.

Das russische Außenministerium kritisierte später, dass die USA sehr schnell die Ukraine als möglichen Drahtzieher entlastet haben. Es werfe Fragen auf, wenn die USA bereits solche Schlussfolgerungen zögen, während die Tragödie noch im Gang sei. „Wenn die USA oder ein anderes Land verlässliche Fakten hat, sollten sie diese der russischen Seite zukommen lassen“, hieß es. Wenn es solche Fakten nicht gebe, hätten weder das Weiße Haus noch sonst jemand das Recht, vorab eine Absolution zu erteilen.

Kiew: Haben absolut nichts mit Angriff zu tun

Zuvor hatte auch Kiew reagiert: Man habe „absolut nichts“ mit dem Schusswaffenangriff zu tun. „Lassen Sie uns klarstellen, dass die Ukraine absolut nichts mit diesen Ereignissen zu tun hat“, schrieb der Berater des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj, Mychailo Podoljak, via Telegram. „Die Ukraine hat niemals terroristische Kriegsmethoden angewandt“, fügte Podoljak hinzu. Für die Ukraine sei es „wichtig, effektive Kampfhandlungen, offensive Aktionen vorzunehmen, um die reguläre russische Armee zu zerstören“ und die vor rund zwei Jahren begonnene Invasion zu beenden.

„Legion Freiheit Russlands“ bestritt Beteiligung

Die „Legion Freiheit Russlands“, eine in der Ukraine ansässige Gruppe kremlfeindlicher russischer Kämpfer, die regelmäßig bewaffnete Vorstöße in russische Grenzregionen unternimmt, bestritt ebenfalls jegliche Beteiligung an dem Angriff auf eine Konzerthalle in einem Vorort von Moskau. „Wir betonen, dass die Legion nicht gegen russische Zivilisten kämpft“, erklärte die Gruppe auf Telegram und beschuldigte das „Terrorregime“ von Kreml-Chef Wladimir Putin, diese „blutige Provokation“ sowie die „Berichterstattung in den Medien“ darüber „vorbereitet“ zu haben.

Die Witwe des verstorbenen russischen Oppositionsführers Alexej Nawalny, Julia Nawalnaja, sprach den Familien der Opfer ihre Anteilnahme aus. Nawalnaja lebt im Exil. Ihr Mann, einst scharfer Kritiker des russischen Präsidenten Putin, war erst vor wenigen Wochen in einem russischen Straflager gestorben.

EU „schockiert und entsetzt“

Die EU reagierte bestürzt auf den Anschlag. Angesichts der Berichte über einen Terroranschlag sei man schockiert und entsetzt, teilte ein Sprecher des EU-Außenbeauftragten Josep Borrell auf X mit. „Die EU verurteilt jegliche Angriffe gegen Zivilisten. Unsere Gedanken sind bei allen betroffenen russischen Bürgern.“

Auch UNO-Generalsekretär Antonio Guterres verurteilte den Angriff. Den betroffenen Familien und den Menschen in Russland sowie der Regierung sprach der UNO-Chef sein „tiefes Beileid“ aus, wie es in einer Mitteilung hieß. Den Verletzten wünschte Guterres eine rasche Genesung. Auch der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen verurteilte den „abscheulichen und feigen Terroranschlag“.