Babler gegen Senkung der Strafmündigkeit

SPÖ-Chef Andreas Babler hat sich in der aktuellen Diskussion über die Jugendkriminalität gegen eine Senkung der Strafmündigkeit ausgesprochen. In der ORF-„Pressestunde“ stellte er gestern zwar fest, dass der „Rechtsstaat nicht wehrhaft genug“ sei, als Gegenmittel forderte er aber mehr Polizistinnen und Polizisten und einen Jugendgerichtshof.

„Wir brauchen eine wehrhafte Republik, die den Rechtsstaat durchsetzen kann“, dazu seien neben mehr Polizei und dem Jugendgerichtshof auch betreute Einrichtungen mit Aufenthaltspflicht für junge Straftäter sowie Präventionsarbeit wichtig.

Kinder einzusperren hätte dagegen nur die Folge, dass diese „auf der schiefen Bahn bleiben“, sagte Babler. Für Männer, die Frauen Gewalt androhen, forderte er Fußfesseln.

„Fehler“ im Integrationsbereich

Im Migrations- und Integrationsbereich sah Babler „Fehler und Aufgabenstellungen“. In den vergangenen Jahren sei aber fast durchgehend die ÖVP für den Bereich verantwortlich gewesen. Es gebe „Problemzonen“, „Parallelgesellschaften“ und „Ghettoisierung“, kritisierte Babler.

Eine Asylobergrenze lehnt er ab, es könne niemand ernsthaft über solche Vorschläge diskutieren, meinte er. Notwendig seien ein „aktives Grenzschutzmanagement“, eine lückenlose Registrierung, geregelte Verfahren und Rückführungsabkommen.

„Bin Gegenmodell zu einem Messias“

Auf die Querschüsse aus der eigenen Partei versuchte Babler gelassen zu reagieren: In einer großen Partei gebe es natürlich Diskussionen, er versuche nach innen zu diskutieren und plädiere auch dafür. „Das wäre noch professioneller ausbaubar“, richtete er seinen Genossen aus.

Über Aussagen wie von der Zweiten Nationalratspräsidentin Doris Bures (SPÖ) in einem „Presse“-Interview, wonach es kein gutes Rezept sei, „einem falschen Messias nachzulaufen“, sei er sogar „froh“, meinte Babler. Denn: „Ich bin ein Gegenmodell eines Messias“, es sei gut, wenn man vom Personenkult wegkomme.

Grundsätzliche Offenheit für Koalition mit ÖVP

In den Umfragen liegt Bablers SPÖ aktuell klar hinter der FPÖ, dennoch findet es der SPÖ-Chef nach wie vor realistisch, bei der Nationalratswahl im September Platz eins zu erreichen. Dass eine Koalition mit der FPÖ ausgeschlossen ist, sei „unverrückbar“, bei allen anderen Parteien sei man „offen“ – auch bei der ÖVP, die Babler zwischenzeitlich ja de facto ausgeschlossen hatte.

Die ÖVP müsse selber nachdenken, wie sie sich neu aufstelle, meinte Babler dazu. Ob die SPÖ-Mitglieder im Fall des Falles über ein Koalitionsabkommen nach der Wahl abstimmen dürfen, ließ Babler offen – da werde die SPÖ zuerst intern diskutieren, ob es notwendig sei.

Weiter Ruf nach kürzerer Arbeitszeit

Die aktuelle Regierungspolitik kritisierte Babler erneut, etwa was die Maßnahmen gegen die Teuerung betrifft. Der SPÖ-Chef pochte auf einen Mietpreisdeckel, eine Gaspreisbremse und ein Aussetzen der Mehrwertsteuer auf Grundnahrungsmittel. Auch an seinen Forderungen nach einer schrittweisen Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohnausgleich und Vermögenssteuern hielt er fest.

Bei seinem jüngst geforderten „Transformationsfonds“ gehe es darum, wie man am besten Maßnahmen gegen die Erderhitzung ergreife, in Form von Investitionen und Staatsbeteiligungen, denn „der freie radikale Markt, der propagiert worden ist“, sei „gescheitert“.

Auf die Frage der Finanzierung verwies Babler allerdings lediglich darauf, dass er lieber investieren wolle, statt Zertifikate zu kaufen und Strafen zu zahlen.

Kickl will Regeln in Jugendgefängnissen verschärfen

FPÖ-Generalsekretär Michael Schnedlitz warf Babler in Reaktion auf die „Pressestunde“ in einer Aussendung vor, „kein Interesse an der Sicherheit unserer Landsleute“ zu haben und die „vielen Opfer von Migrantengewalt“ zu verhöhnen. FPÖ-Chef Herbert Kickl hatte in der „Kronen Zeitung“ (Sonntag-Ausgabe) nachgelegt und gemeint, straffällige Jugendliche „sollen am eigenen Leib erleben, was es heißt, Angst zu haben, was es bedeutet, unter Druck gesetzt zu werden“.

Er wolle die Betriebsregeln in Jugendgefängnissen verschärfen „oder solche Leute, je nach Schweregrad des Verbrechens, in sogenannte Bootcamps stecken, wo sie Disziplin und Unterordnung lernen“, so Kickl.

ÖVP ortet „Belastungsfantasien“

ÖVP-Generalsekretär Christian Stocker attestierte Babler in einer Aussendung „Belastungsfantasien“, mit denen er „die hart arbeitenden Menschen bestrafen“ wolle. Wirtschaftlich wolle Babler Österreich „immer weiter an kommunistische Verhältnisse heranführen“, so Stocker.

Babler lege „ein Verständnis von Wirtschafts- und Standortpolitik an den Tag, das angesichts der jüngsten Konjunkturprognosen von WIFO und IHS besonders bedenklich ist“, kritisierte auch Wirtschaftskammer-Generalsekretär Karlheinz Kopf „Belastungsideen und Verstaatlichungsfantasien“ als „standortpolitische Irrfahrten“.

„Ein Abgesang auf die freie Marktwirtschaft ist ein Abgesang auf den Standort Österreich – die reaktionären Verstaatlichungsfantasien, wie sie der SPÖ-Vorsitzende Andreas Babler heute in der ORF-‚Pressestunde‘ dargelegt hat, wären ein eklatanter Rückschritt für den heimischen Wirtschafts- und Industriestandort“, sagte die Industriellenvereinigung.