Sitzung des UNO-Sicherheitsrats in New York
APA/AFP/Angela Weiss
UNO zu Gaza

Erste Resolution für „sofortige Waffenruhe“

Der UNO-Sicherheitsrat hat erstmals seit Beginn des Gaza-Krieges eine „sofortige Waffenruhe“ gefordert. Eine entsprechende Resolution wurde am Montag in New York verabschiedet. Das wurde möglich, weil die USA im Gegensatz zu bisherigen Abstimmungen über diese Forderung diesmal kein Veto einlegten, sondern sich der Stimme enthielten.

Die Resolution fordert eine „sofortige Waffenruhe“ für den derzeit von Musliminnen und Muslimen in aller Welt begangenen Fastenmonat Ramadan. Diese solle zu einem „dauerhaften“ Waffenstillstand führen. Zudem verlangt das mächtigste Gremium der Vereinten Nationen die umgehende und bedingungslose Freilassung aller von der islamistischen Terrororganisation Hamas festgehaltenen Geiseln.

Für die Resolution stimmten 14 Mitglieder des Sicherheitsrats, die USA enthielten sich. Washington hatte bisher in derartigen Abstimmungen immer die Position seines Verbündeten Israel eingenommen, das eine sofortige Waffenruhe ablehnt. Dreimal hatten die USA entsprechende Vetos eingelegt, allenfalls forderten US-Vertreter kürzere „Feuerpausen“.

Kehrtwende der USA

Zuletzt hatten die US-Regierung und auch Präsident Joe Biden das israelische Vorgehen im Gazastreifen aber immer offener kritisiert. Besonders die von Israel angekündigte Bodenoffensive in Rafah wird in Washington kritisch gesehen. Dort haben Hunderttausende Binnenflüchtlinge Schutz vor den Kämpfen gesucht.

Stimmenthaltung der US-Vertreterin im UNO-Sicherheitsrat, Linda Thomas-Greenfield
Reuters/Andrew Kelly
Linda Thomas-Greenfield, die US-Botschafterin bei den Vereinten Nationen, enthielt sich bei der Abstimmung

Durch den Beschluss steigt der internationale Druck auf die Konfliktparteien Israel und Hamas weiter. Es ist jedoch fraglich, ob oder inwieweit die Resolution Einfluss auf Entscheidungen der israelischen Regierung von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu oder der Hamas zum weiteren Kriegsverlauf haben wird.

Netanjahu wütend

Netanjahu hatte schon vor der Abstimmung gedroht, dass er die geplante Reise zweier seiner Abgesandten nach Washington kurzfristig absagen werde, sollten die USA die Resolution nicht verhindern. Unmittelbar nach der Abstimmung in New York wurde die Reise auch abgesagt. Der „klare Rückzug“ der USA werde die Kriegsanstrengung gegen die Hamas und für die Befreiung der Geiseln beeinträchtigen. „Das gibt der Hamas die Hoffnung, dass der internationale Druck es ihr erlaubt, einer Waffenruhe auch ohne die Freilassung unserer Verschleppten zuzustimmen“, so Netanjahu.

Die Hamas ihrerseits begrüßte das Votum. Überdies erklärte sie ihre „Bereitschaft, sich an einem sofortigen Gefangenenaustausch zu beteiligen, der zur Freilassung von Gefangenen auf beiden Seiten führt“.

UNO-Sicherheitsrat: Erste Resolution für „sofortige Waffenruhe“

Durch die Enthaltung der USA war am Montag im UNO-Sicherheitsrat erstmals eine Einigung auf eine Resolution möglich. Das Verhältnis zwischen Washington und Jerusalem dürfte sich verschlechtern.

Washington: Reiseabsage „bedauerlich“

Die US-Regierung bezeichnete die Absage der Reise einer israelischen Delegation nach Washington als „etwas überraschend“ und „bedauerlich“. Man gehe davon aus, dass die US-Regierung in den kommenden Tagen auch andere Möglichkeiten haben werde, um mit Israel über Alternativen zu der geplanten Bodenoffensive in Rafah im Gazastreifen zu sprechen, sagte der Sprecher des US-Außenministeriums, Matthew Miller, am Montag in Washington.

Die US-Regierung sei bereit, Israel Pläne vorzulegen, von denen sie glaube, dass Israel „sein legitimes Ziel, nämlich die Niederlage der Hamas“, erreichen würde. Das solle aber auf eine Art und Weise geschehen, „die der Zivilbevölkerung keinen unangemessenen Schaden zufügt und Israels allgemeine Sicherheit nicht schwächt“, sagte Miller.

Die USA hatten bereits zuvor dem Vorwurf widersprochen, eine Kehrtwende vollzogen zu haben, es handle sich nicht um einen „Politikwechsel“. Die USA hätten sich der Stimme enthalten, weil sie zwar eine Waffenruhe unterstützten, die Resolution aber keine Verurteilung der Hamas enthalte, so der Sprecher des Nationalen Sicherheitsrats, John Kirby.

Die UNO-Botschafterin bei den Vereinten Nationen, Linda Thomas-Greenfield, bekräftigte zudem, dass die am Montag von dem UNO-Gremium beschlossene Waffenruhe nur dann umgesetzt werden könne, wenn die Hamas mit der Freilassung der von ihr festgehaltenen Geiseln beginne. Das sei „der einzige Weg, um eine Waffenruhe sicherzustellen“, sagte sie.

Völkerrechtlich bindend

Der nunmehr akzeptierte Resolutionstext war von nicht ständigen Mitgliedern des UNO-Gremiums eingebracht worden. Eine erste geplante Abstimmung am Samstag dazu war kurzfristig verschoben worden, um mehr Zeit für Verhandlungen zu gewinnen.

Eine Resolution im Weltsicherheitsrat braucht die Stimmen von mindestens neun der 15 Mitgliedsstaaten. Zudem darf es kein Veto der ständigen Mitglieder USA, Russland, China, Frankreich oder Großbritannien geben. Beschlüsse des Sicherheitsrats sind völkerrechtlich bindend. Wenn ein betroffener Staat sie ignoriert, kann das Gremium Sanktionen verhängen – was im Falle Israels wegen der Vetomacht der USA nicht als wahrscheinlich gesehen wird.

Die humanitäre Lage in dem Palästinensergebiet ist nach rund sechs Monaten Krieg katastrophal. Laut dem UNO-Welternährungsprogramm (WFP) befinden sich die dort lebenden 2,4 Millionen Palästinenser am Rande einer Hungersnot.

US-Regierung: Keine Verstöße Israels gegen humanitäres Völkerrecht

Einen Verstoß gegen das humanitäre Völkerrecht vonseiten Israels habe es US-Angaben zufolge im Gazastreifen bisher nicht gegeben. „Wir haben keine Verstöße gegen das humanitäre Völkerrecht festgestellt, weder bei der Kriegsführung noch bei der Bereitstellung humanitärer Hilfe“, sagte der Sprecher des US-Außenministeriums, Matthew Miller, am Montag. Die Regierung werde dem Kongress bis zum 8. Mai einen entsprechenden Bericht in Übereinstimmung mit der als National Security Memorandum-20 (NSM-20) bekannten Richtlinie vorlegen.

Nach zunehmenden Bedenken wegen Israels Militäreinsatz im Gazastreifen infolge des Großangriffs der radikalislamischen Hamas hatte die Regierung von Präsident Joe Biden im vergangenen Monat eine Richtlinie erlassen, wonach Länder, die US-Militärhilfe erhalten, „glaubwürdige und verlässliche“ Zusicherungen zur Wahrung des Völkerrechts geben müssen.

Wie das Außenministerium bestätigte, legten neben Israel sechs weitere Länder am Sonntag vor Ablauf einer Frist entsprechende Zusicherungen vor. Dazu gehören Kolumbien, Irak, Kenia, Nigeria, Somalia und die Ukraine. „In jedem Fall wurden diese Zusicherungen von einem glaubwürdigen hochrangigen Vertreter der Partnerregierung abgegeben“, sagte Außenamtssprecher Miller.