Plakat mit dem WikiLeaks Gründer Julian Assange
Reuters/Hannah Mckay
Assange-Entscheidung vertagt

Londoner Gericht verlangt US-Garantien

WikiLeaks-Gründer Julian Assange hat in seinem Antrag auf Berufung gegen die drohende Auslieferung an die USA noch einmal Aufschub erhalten. Er dürfe nicht unmittelbar ausgeliefert werden, entschied der Londoner High Court am Dienstag. Zwei Richter in London setzten den Anwälten der US-Regierung eine Frist von drei Wochen, um „auf zufriedenstellende Weise“ zu garantieren, dass Assange bei einem Verfahren in den USA unter dem Schutz der Gesetze zur Meinungsfreiheit stehe und dass ihm nicht die Todesstrafe drohe.

Die US-Regierung will dem Australier wegen Spionagevorwürfen den Prozess machen. Ihm drohen nach Angaben seiner Unterstützer bis zu 175 Jahre Haft. Washington wirft ihm vor, mit der Whistleblowerin Chelsea Manning geheimes Material von US-Militäreinsätzen im Irak und in Afghanistan gestohlen, veröffentlicht und damit das Leben von US-Informanten in Gefahr gebracht zu haben. Eine weitere Anhörung wurde für den 20. Mai angesetzt.

Assange sieht sich hingegen wegen seiner journalistischen Tätigkeit strafrechtlich verfolgt. Seine Unterstützer warnen vor einem gefährlichen Präzedenzfall, der schwerwiegende Folgen für den investigativen Journalismus haben könnte.

Stella Assange, Frau des WikiLeaks Gründers Julian Assange
Reuters/Toby Melville
Assanges Frau Stella Assange kämpft seit Jahren für die Freilassung ihres Mannes

Bei einer zweitägigen Anhörung im Februar hatten beide Seiten ihre Argumente dargelegt. Assanges Anwälte führten unter anderem an, der Australier werde aus politischen Gründen verfolgt und dürfe daher nicht ausgeliefert werden. Die Anwälte der US-Justiz verwiesen auf negative Konsequenzen der Veröffentlichung vieler tausend geheimer Dokumente durch WikiLeaks.

Internationale Unterstützung

Hunderte Menschen hatten vor dem Gerichtsgebäude für eine sofortige Freilassung Assanges demonstriert. Auch Journalistenverbände, Menschenrechtsorganisationen und Politiker setzen sich für ihn ein. Nicht zuletzt die australische Regierung drängt inzwischen auf ein Ende der Strafverfolgung.

Eine Auslieferung wäre für die Regierung von Präsident Joe Biden politisch schwierig, insbesondere in einem Wahljahr, schrieb das „Wall Street Journal“. Die demokratische Regierung unter Barack Obama hatte eine Anklage erwogen, sich letztlich aber dagegen entschieden, weil sie befürchtete, dass das als Angriff auf die Pressefreiheit verstanden würde.

Unter der republikanischen Regierung von Donald Trump wurde Assange dann auf Grundlage des Spionagegesetzes von 1917 angeklagt. Es ist der erste Fall, in dem dieses Regelwerk auf die Veröffentlichung von Geheiminformationen angewendet wird. Seither wird er im Hochsicherheitsgefängnis Belmarsh im Osten Londons festgehalten – unter Bedingungen, die der damalige UNO-Sonderberichterstatter über Folter, Nils Melzer, nach einem Besuch als „psychische Folter“ beschrieb.

Ehefrau fürchtet um Assanges Leben

Assange war 2012 in die ecuadorianische Botschaft in London geflohen. Damals wurde ihm in Schweden Vergewaltigung vorgeworfen – ein Verfahren, das später eingestellt wurde. Ecuador gewährte dem Australier politisches Asyl, das er sieben Jahre lang in der Botschaft verbrachte – eine Situation, die er mit dem Leben auf einer Raumstation verglich.

Nach einem Machtwechsel in Quito übergab Ecuador Assange 2019 der britischen Polizei. Seither sitzt er im Gefängnis. „Wenn er ausgeliefert wird, wird er sterben“, befürchtet seine Frau Stella Assange. Seine körperliche und psychische Verfassung sei schlecht, jeder weitere Tag im Gefängnis eine Gefahr für sein Leben. Gutachter beschreiben Assange als depressiv und suizidgefährdet.