Containerschiff und eingestürzte Francis Scott Key Bridge
IMAGO/MediaPunch
Brückeneinsturz

US-Minister sieht Lieferkettenproblem

Die Kollision eines Frachters mit einer Autobahnbrücke in Baltimore im US-Bundesstaat Maryland hat nach Angaben von US-Verkehrsminister Pete Buttigieg wirtschaftliche Folgen. Der Demokrat warnte am Dienstag vor Lieferkettenproblemen. Lob gab es unterdessen für die rasche Reaktion der Schiffscrew, die womöglich Schlimmeres verhindern konnte.

Die Besatzung hatte vor dem Aufprall, der die 2,5 Kilometer lange Brücke weitgehend zum Einsturz brachte, ein Notrufsignal abgesetzt, lokale Behörden hielten daraufhin den Pkw-Verkehr an. „Sie haben letzte Nacht Leben gerettet“, sagte der Gouverneur von Maryland, Wes Moore, am Dienstag. Er bezeichnete die Besatzung als „Helden“. Das etwa 300 Meter lange Schiff habe sich mit „sehr, sehr hoher Geschwindigkeit“ dem Brückenpfeiler genähert.

Stahlkonstruktion stürzte in Fluss

Die Kollision ereignete sich gegen 1.30 Uhr Ortszeit. Mehrere Fahrzeuge stürzten in den Fluss Patapsco. Zuerst stürzte der gerammte Brückenpfeiler ein, dann verzog sich in einer Wellenbewegung die gesamte Stahlkonstruktion und stürzte abschnittsweise in den Fluss.

Baltimore: Ausmaß des Brückeneinsturzes

Videoaufnahmen aus einem Helikopter zeigen das Ausmaß des Brückeneinsturzes in der US-Stadt Baltimore. Die Suche nach Vermissten läuft unterdessen weiter. Die Wassertemperatur liegt nur bei rund neun Grad Celsius. Mindestens sieben Fahrzeuge sind laut den Behörden in den Fluss gestürzt.

Zwei Personen wurden aus dem kalten Wasser geborgen, eine davon befindet sich in kritischem Zustand. Die Suche nach sechs Vermissten wurde am Dienstagabend (Ortszeit) ausgesetzt. Aufgrund der Länge der Zeit, die mit der Suche verbracht worden sei, und der Wassertemperatur „glauben wir zum jetzigen Zeitpunkt nicht, dass wir eine dieser Personen noch lebend finden werden“, sagte Konteradmiral Shannon Gilreath von der Küstenwache. Bei ihnen handelt es sich um Bauarbeiter, die zum Zeitpunkt des Unglücks Schlaglöcher in der Fahrbahn ausbesserten.

Besatzung meldete Probleme mit Strom

Beim Auslaufen aus dem Hafen habe der Antrieb des Schiffes ausgesetzt, berichtete ABC News unter Berufung auf als nicht geheim eingestufte Unterlagen des US-Geheimdienstes. Die Besatzung habe die Behörden in einem Notsignal darüber informiert, dass das Schiff manövrierunfähig sei.

Containerschiff und eingestürzte Francis Scott Key Bridge
Reuters/Nathan Howard
Das Schiff brachte fast die gesamte Brücke zum Einsturz

Auf dem Schiff gab es nach Angaben der Besatzung ein Problem mit dem Strom, wie Moore sagte. Auf Videoaufnahmen ist zu sehen, wie auf dem Frachter etwa zwei Minuten vor dem Zusammenstoß mit dem Brückenpfeiler die Lichter ausgingen.

„Die vorläufige Untersuchung deutet auf einen Unfall hin. Wir haben keine belastbaren Beweise für einen Terroranschlag gefunden“, sagte Moore. Ein Vertreter der Bundespolizei FBI äußerte sich ähnlich. Es gebe keine konkreten oder glaubwürdigen Informationen, die darauf hindeuteten, dass der Vorfall mit Terrorismus in Verbindung steht.

Reederei „entsetzt“

Bei dem Schiff handelt es sich um das Containerschiff „Dali“, das von der Chartergesellschaft Grace Ocean Private betrieben wird und von der dänischen Reederei Maersk gechartert wurde. Die „Dali“ fährt unter der Flagge Singapurs.

Kohl (ORF): Vermisstensuche hat Vorrang

ORF-Korrespondent Christoph Kohl berichtet unter anderem darüber, wie groß die Überlebenschance der Vermissten noch ist. Zudem spricht er über die Auswirkungen auf die Region zu spüren sind, weil die Brücke in Baltimore fehlt.

Der Frachter war auf dem Weg nach Colombo in Sri Lanka vom Hafen in Baltimore erst 30 Minuten vor dem Unfall zu der geplanten 27-tägigen Fahrt aufgebrochen. „Wir sind entsetzt über das, was in Baltimore passiert ist“, teilte Maersk mit.

Alle Besatzungsmitglieder, einschließlich der beiden Kapitäne, seien wohlauf, und es gebe keine Verletzten auf dem Schiff, hieß es in der Erklärung der Reederei. Die Ursache des Zusammenstoßes müsse noch ermittelt werden, die Eigentümer des Schiffs arbeiteten mit den Behörden zusammen. Der Schiffsbetreiber teilte mit, dass bei dem Zusammenstoß keinerlei Schadstoffe in den Fluss gelangt seien. Die „Dali“ war bereits 2016 in einen Unfall im Hafen von Antwerpen in Belgien verwickelt.

Biden sichert rasche Hilfe zu

US-Präsident Joe Biden sprach von einem „schrecklichen Unfall“ und sicherte zu, den wichtigen Hafen an der US-Ostküste so bald wie möglich wieder in Betrieb zu bekommen. Die Brücke werde so schnell wie möglich wiederhergestellt, das werde aber etwas Zeit brauchen, sagte Biden.

Minister sieht Problem für Lieferkette

Laut Verkehrsminister Buttigieg hat der Einsturz auch wirtschaftliche Folgen. Man stelle sich wegen der Bedeutung des dahinter liegenden Hafens schon jetzt auf Lieferkettenprobleme ein, „von denen wir wissen, dass sie kommen werden“, sagte Buttigieg. Diese beträfen dann nicht nur die Region um Baltimore, „sondern die gesamte US-Wirtschaft“. Die zuständige Hafenbehörde hatte den Schiffsverkehr nach dem Vorfall bis auf Weiteres ausgesetzt.

Umschlagplatz für Autotransporte

Baltimore ist der verkehrsreichste US-Hafen für Autotransporte. 2023 wurden dort nach Angaben der Regierung von Maryland knapp 850.000 Autos und leichte Lkws umgeschlagen. Zu den Autofirmen, die über Baltimore In- und Exporte regeln, gehören Toyota, General Motors und Volkswagen. Mehr als 40 Schiffe mussten nach dem Einsturz im Hafen bleiben.

Die eingestürzte Francis-Scott-Key-Brücke in Baltimore
Reuters/Nathan Howard
Die Brücke war Teil der Autobahn Interstate 695 südöstlich des Zentrums von Baltimore

Die Francis-Scott-Key-Brücke führte als Teil der Autobahn Interstate 695 südöstlich des Stadtzentrums von Baltimore über den Patapsco. Sie wurde 1977 in der Industrie- und Hafenstadt an der US-Ostküste eröffnet und im Vorjahr für mehr als zwölf Mio. Überfahrten genutzt.