Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der AUA
APA/Robert Jäger
AUA

Streik des Bordpersonals hat begonnen

Die wochenlangen Verhandlungen in 17 Runden haben sich nicht ausgezahlt: Das AUA-Bordpersonal hat um Mitternacht den 36-stündigen Ausstand begonnen, die Fluglinie hatte zuvor vorbeugend 400 Flüge am Donnerstag und Freitag gestrichen. Zum einen gab es keinerlei Bewegung in den Verhandlungen, nun brach auch noch ein politischer Streit über die Folgen für den Wirtschaftsstandort aus.

Bereits in der Früh fielen erste Flüge aus: um 6.00 Uhr einer nach Frankfurt und um 6.15 Uhr Flüge nach Leipzig und nach Zagreb. Und es werden noch viele, eben rund 400, folgen. Aus Sicht der Gewerkschaft war eine Einigung im Streit über den Kollektivvertrag für das AUA-Flugpersonal noch bis Mittwochmitternacht möglich. Doch die Fronten waren verhärtet, die Fluggäste zahlen drauf: Rund 52.000 Personen sind von den Flugstreichungen mitten im Osterreiseverkehr betroffen.

Die Austrian Airlines bieten kostenlose Stornos und Umbuchungen an, die Passagiere und Passagierinnen sollten aktiv informiert werden. Der Flughafen Wien stellte zudem eine kostenlose Parkplatzstornierung in Aussicht, bereits abgeflogene Passagiere erhielten die Kosten für die zusätzliche Parkzeit nach Nachweis der Umbuchung vom Flughafen zurück.

Beide Seiten bleiben hart

Der Chef der Gewerkschaft vida, Roman Hebenstreit, sagte gegenüber Ö1, die Situation für die Flugreisenden tue ihm sehr leid, er wolle sich „aufrichtig entschuldigen“. Die AUA aber habe die Belegschaft „in die Maßnahme gezwungen“. Gegenüber den Beschäftigten im deutschen Mutterkonzern herrsche eine „eklatante Ungleichbehandlung“, laut Gewerkschaft verdienten die Lufthansa-Belegschaften bis zu 40 Prozent mehr. Ein Teil des Konzerns werde hingegen „wie der letzte Putzfetzen behandelt“, so Hebenstreit zur APA.

Die Airline hingegen spricht von überzogenen und unrealistischen Forderungen der Gewerkschaft. Man biete 18 Prozent Gehaltserhöhung für zwei Jahre und sogar 28 Prozent für Kopiloten – eine Rechnung, die die Gewerkschaft als Taschenspielertrick kritisiert.

AUA-CEO warnt vor Folgen für Standort

Am Dienstagabend hatte AUA-Chefin Annette Mann in der ZIB2 erneut vor großem Schaden für die Fluggesellschaft gewarnt. Was aktuell gefordert werde, liege weit über der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit einer AUA.

AUA-Chefin Mann: „Können Forderungen nicht einfach so nachgehen“

Vorstandsvorsitzende der Austrian Airlines (AUA), Annette Mann, spricht unter anderem über die Verhandlungsrunden, und warum diese gescheitert sind.

Mann warnte gar, die Lufthansa könne ihre Tochter AUA „neu denken“: Je höher der Abschluss am Ende ausfalle, desto mehr Strecken würden unrentabel werden. „Und dann passiert letztlich das Gleiche, wie es auch einer Lufthansa passiert ist“, so Mann. Auch sie schaffe es wegen hoher Personalkosten nicht mehr, dezentrale Strecken zu fliegen. „Eine Lufthansa fliegt nur noch aus den Hubs München und Frankfurt. Wir müssten dann schauen, wie wir den Hub Wien gegebenenfalls auch mit anderen Konzernairlines bedienen, die eine günstigere Kostenstruktur haben“, sagte Mann. Gebe die AUA den Forderungen der Gewerkschaft nach, „wird die AUA in ihrer jetzigen Form hier keine Zukunft haben“.

Experte: „Entschieden wird in Frankfurt“

Der Luftfahrtexperte Kurt Hofmann sagte dazu im Ö1-Mittagsjournal am Mittwoch, längerfristig sei es durchaus denkbar, dass bei der AUA Strecken reduziert werden. „Die Lufthansa sitzt am längeren Ast, weil entschieden wird schließlich in Frankfurt, wie die weitere Zukunft der AUA aussehen soll“, so Hofmann.

Er könne die Argumente beider Seiten nachvollziehen: Die AUA-Mitarbeiter und -Mitarbeiterinnen hätten in der Zeit der Restrukturierung Gehaltseinbußen hinnehmen müssen. Doch die AUA, die jahrelang Verluste gemacht habe, könne nach nur einem guten Jahr keine großen Sprünge machen. Die Forderungen der Gewerkschaft seien „viel zu hoch“.

SPÖ und FPÖ sehen Schuld bei Regierung

Die Warnung Manns, der österreichische Standort könne leiden, ließ auch die Politik aufhorchen. Die SPÖ sah darin die Folgen „der geballten wirtschaftspolitischen Inkompetenz“ der ÖVP. Es habe bedingungslose Millionenzuschüsse auf Kosten der Steuerzahler gegeben, „die dann mit fetten Managerboni und Drohungen mit Arbeitsplatzabbau ‚bedankt‘ werden", so SPÖ-Finanzsprecher Kai Jan Krainer. „Statt einer staatlichen Beteiligung, wie es Deutschland gemacht hat, wurde eine angebliche zehnjährige Standortgarantie versprochen. Offenbar hat aber nicht einmal das gestimmt, wenn jetzt das Management damit droht, den Standort Wien zu schwächen und Flüge aus und nach Schwechat zu streichen bzw. mit anderen Airlines zu ersetzen.“

Auch die FPÖ kritisierte die ÖVP, aber auch die Grünen. Die Regierung habe bei der AUA-Rettung in der Pandemie „jede Vernunft beiseitegeschoben“ und kein Mitspracherecht eingefordert, so FPÖ-Verkehrssprecher Christian Hafenecker. Der „mögliche Kahlschlag bei der AUA“ sei die nächste Hiobsbotschaft. Die Regierung habe viel Geld einbezahlt, aber weder Job- noch Standortgarantien bekommen. „Das könnte sich jetzt angesichts der verhärteten Fronten bei den Kollektivvertragsverhandlungen rächen“, so Hafenecker.

Wirtschaft und Industrie sehen Blockadehaltung

Die Industriellenvereinigung (IV) hingegen sprang der AUA und den Arbeitgebervertretern zur Seite. Es sei ein „bedenklicher Punkt“ erreicht, die Gewerkschaft sei nicht kompromissbereit. Diese verharre auf „utopischen und völlig unrealistischen Standpunkten“, so die IV. Auch die Berufsgruppe Luftfahrt in der Wirtschaftskammer (WKO) sah das ähnlich: Betriebsrat und Gewerkschaft hätten „nur unerfüllbare Maximalforderungen gestellt, auf denen sie um jeden Preis beharrten, egal wie hoch der Schaden ist“, so Spartenobmann und Flughafenchef Günther Ofner.

Den Schaden im Zuge der aktuellen KV-Verhandlungsrunden beziffert die AUA infolge der bisherigen Flugausfälle mit 24 Mio. Euro. Vida-Chef Hebenstreit sah am Mittwoch aber keine Entspannung, im Gegenteil. „Wir erleben da gerade eine Streikkultur, die deutsche Manager dabei sind, nach Österreich zu tragen.“ Künftig müsse man sich auch hierzulande auf „härtere, längere und intensivere Auseinandersetzungen“ einstellen. Zieht sich der Streit länger hin, könnten damit auch Streiks in der Sommerreisezeit drohen.