Leuchtender Schalter eines Verteilersteckers
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Strom und Gas

VfGH bestätigt Recht auf Grundversorgung

Der Verfassungsgerichtshof (VfGH) hat nach einer Prüfung die bundesgesetzlichen Bestimmungen zur Grundversorgung mit Strom und Erdgas bestätigt. Nicht mit den Grundsätzen der Grundversorgung vereinbar ist laut VfGH die Regelung im Niederösterreichischen Elektrizitätswesengesetz – sie ist laut einer Aussendung vom Dienstag „mit sofortiger Wirkung“ aufgehoben.

Anlass des im Herbst eingeleiteten Gesetzesprüfungsverfahrens bildeten den VfGH-Angaben zufolge Anträge bzw. Beschwerden von Energieversorgungsunternehmen sowie des Bezirksgerichts für Handelssachen Wien.

Die Grundversorgung verpflichtet Energieunternehmen dazu, Haushalte und Unternehmen mit Energie zu beliefern. Sie soll sicherstellen, dass in Österreich jede und jeder Zugang zu Strom und Gas hat. Laut VfGH bieten die Regeln jedoch mehrere Interpretationsmöglichkeiten. Es geht um die Frage, zu welchen Tarifen die Versorgung gewährleistet wird.

Auf die Grundversorgung können sich Konsumentinnen und Konsumenten gegenüber ihren Versorgern etwa berufen, wenn sie in Zahlungsrückstände geraten oder ihnen die Abschaltung ihrer Einrichtungen droht. Der Preis dafür darf grundsätzlich nicht höher sein als jener Tarif, der für einen Gutteil der Verbraucher bzw. Kunden des jeweiligen Unternehmens üblich ist.

„Bedenken konnten zerstreut werden“

Bei den nun geprüften Bestimmungen des Elektrizitätswirtschafts- und ‑organisationsgesetzes 2010 (ElWOG 2010) und des Gaswirtschaftsgesetzes 2011 (GWG 2011) habe es zunächst durchaus verfassungsrechtliche Bedenken gegeben, wie der VfGH in der Aussendung einräumte.

Man sei im Oktober 2023 „vorläufig davon ausgegangen, dass diese Bestimmungen vor dem Hintergrund des Unionsrechts unterschiedlich ausgelegt werden können und je nach Auslegung zu einem unverhältnismäßigen Eingriff in Grundrechte der betroffenen Energieversorgungsunternehmen führen könnten“. Diese Bedenken seien im nun erfolgten Gesetzesprüfungsverfahren jedoch wieder zerstreut worden.

Regelung in NÖ aufgehoben

Sehr wohl einen Verstoß gegen die Grundsätze der Grundversorgung gibt es den Höchstrichtern zufolge auf Landesebene in Niederösterreich, konkret im Niederöstereichischen Elektrizitätswesengesetz (NÖ ElWG) 2005. Die Rede ist von einer „verfassungswidrigen Bestimmung“ – und diese „tritt mit sofortiger Wirkung außer Kraft“.

Einige Konsumenten hatten von ihrem Stromversorgungsunternehmen verlangt, mit Strom zum Tarif der Grundversorgung beliefert zu werden. „Das Unternehmen lehnte die Grundversorgung aber ab, weil bereits ein aufrechter Stromliefervertrag bestehe oder ein Vertrag angeboten worden sei“, so das Höchstgericht.

Das betroffene Stromversorgungsunternehmen berief sich laut VfGH auf Paragraf 45 Absatz 6 NÖ ElWG 2005. Darin wird festgehalten, „dass die Grundversorgung mit Strom vom Energieversorgungsunternehmen u. a. dann gekündigt werden darf, wenn es dem Haushaltskunden möglich ist, einen Stromliefervertrag mit einem anderen Stromversorgungsunternehmen außerhalb der Grundversorgung abzuschließen“.

VSV erwartet Auswirkungen auf andere Bundesländer

Der VfGH teile die Bedenken des Bezirksgerichts für Handelssachen Wien, dass diese landesgesetzliche Regelung gegen die Bundesvorgaben, konkret Paragraf 77 ElWOG 2010, verstößt. „Wäre es einem Stromversorgungsunternehmen gestattet, einen Haushaltskunden auf die Möglichkeit eines Vertragsabschlusses mit einem anderen Unternehmen zu verweisen, würde die Tarifobergrenze der Grundversorgung (wie sie § 77 Abs. 2 ElWOG 2010 als Grundsatz vorgibt) unterlaufen werden. Diese Tarifobergrenze ist nämlich für das andere Unternehmen nicht bindend.“

Das Höchstgericht hielt dazu fest: „Damit verstößt die landesgesetzlich eingeräumte Kündigungsmöglichkeit gegen das im ElWOG 2010 verankerte Recht auf Grundversorgung zu wettbewerbsfähigen und diskriminierungsfreien Preisen. Der VfGH hat daher § 45 Abs. 6 Satz 2 NÖ ElWG 2005 als grundsatzgesetz- und damit verfassungswidrig aufgehoben.“

Der Verbraucherschutzverein (VSV) erwartet Auswirkungen auf die Landesgesetze in Wien, dem Burgenland, Kärnten und Salzburg. „Die Lieferanten in diesen Bundesländern hatten die Grundversorgung mit dem Argument abgelehnt, stattdessen den Kunden Neukundentarife anzubieten, womit die Versorgung sichergestellt sei und daher kein Recht auf Grundversorgung bestehe“, teilte VSV-Obfrau Daniela Holzinger per Aussendung mit.

Gegenüber dem ORF Niederösterreich hielt Holzinger aber auch fest, dass der Wechsel in den Grundtarif momentan nicht ratsam sei. Derzeit sinken die Energiepreise an den Börsen, es ist also zu erwarten, dass auch die Stromtarife wieder günstiger werden, so Holziger. Da aber viele Menschen trotzdem in ihren bestehenden Verträgen bleiben, ist der Grundversorgungstarif aktuell nicht die günstigste Variante – mehr dazu in noe.ORF.at.