Inseratenaffäre: Daten aus Kanzleramt entsiegelt

Die Ermittlungen zur ÖVP-Inseratenaffäre sind um eine Facette reicher: Die umfangreichen Datensätze aus dem Bundeskanzleramt wurden bis auf wenige Dateien vollständig entsiegelt und der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) übergeben. Das teilte das Landesgericht für Strafsachen Wien gestern gegenüber ORF.at mit. Die WKStA bestätigte die Entsiegelung.

Seit 19. März habe man erstmals Zugriff auf die sichergestellten Daten aus dem Bundeskanzleramt, sagte eine Sprecherin der Korruptionsstaatsanwaltschaft zu ORF.at. Man könne jetzt mit der Auswertung beginnen. Konkret geht es um E-Mail-Postfächer von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die unter der Ära von Sebastian Kurz (ÖVP) in den Kommunikationsabteilungen tätig waren.

Lange Vorgeschichte mit Hürden

Das Tauziehen um die Daten hat eine lange Vorgeschichte. Seit 2021 ermittelt die WKStA in der Inseraten- und Umfrageaffäre. Der Vorwurf lautet, dass mit Steuergeld aus ÖVP-geführten Ministerien Umfragen bezahlt und in Medien platziert worden seien. Im August 2022 ordnete die WKStA eine Sicherstellung der Daten aus dem Bundeskanzleramt an.

Doch die Republik legte gegen die Sicherstellungsanordnung Rechtsmittel ein. Sie sei zu unbestimmt, so die Argumentation der zugezogenen Finanzprokuratur. Das Landesgericht und später das Oberlandesgericht Wien sahen das aber anders. Die Anordnung sei rechtens, die WKStA dürfe die Daten auswerten. Allerdings war das nur ein Etappensieg.

Denn aus Sorge, dass sich in den sichergestellten E-Mails besonders geschützte Informationen befinden könnten („Staatsgeheimnisse“), ließ das Bundeskanzleramt die sichergestellten Datenträger versiegeln. Man wolle die Ermittlungen nicht blockieren, sagte Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) kürzlich, der Widerspruch sei auf Anraten der Finanzprokuratur erfolgt.

Fünf Dateien bleiben versiegelt

Wie das Landesgericht für Strafsachen Wien mitteilte, musste das Bundeskanzleramt intern prüfen, welche Daten tatsächlich einen besonderen Schutz genießen. Unter Einbindung der betroffenen Mitarbeiter bzw. Mitarbeiterinnen seien aber lediglich fünf Dateien identifiziert worden, die für eine Versiegelung infrage kommen.

Das Gericht habe diese fünf Dateien anschließend gesichtet und überprüft, ob nachrichtendienstliche Informationen darauf enthalten sind. Man sei der Argumentation des Kanzleramts gefolgt und habe sie am 14. März als geschützt eingestuft, sagte Gerichtssprecherin Christina Salzborn. Die restlichen Dateien wurden der WKStA übermittelt, 20 Monate nach der Sicherstellungsanordnung.

Was genau sich in den fünf Dateien befindet, ist nicht herauszufinden. Die WKStA darf sie jedenfalls nicht auswerten. Gegen diesen richterlichen Beschluss könnte die Staatsanwaltschaft zwar noch vorgehen. Allerdings betonte eine Sprecherin, dass man auf Rechtsmittel verzichten werde.