mehrere Kinder beim Abholen von kostenlosen Essensrationen in Rafah
AP/Fatima Shbair, File
Hunger in Gaza

IGH-Anordnung gegen Israel

Der Internationale Gerichtshof (IGH) hat Israel verpflichtet, gegen den Hunger im Gazastreifen vorzugehen und umgehend die Lieferung von deutlich mehr humanitären Gütern zuzulassen. Es müssten mehr Grenzübergänge für den Transport von Nahrungsmitteln sowie medizinischer Hilfe geöffnet werden, ordnete das höchste Gericht der Vereinten Nationen am Donnerstag in Den Haag an.

Das Gericht entsprach damit einem Antrag Südafrikas im laufenden Völkermordverfahren gegen Israel. Seine Entscheidungen sind bindend. Israel muss nun innerhalb eines Monats dem Gericht berichten, welche Maßnahmen es zur Umsetzung ergreift.

Bereits Ende Jänner hatte das Gericht Sofortmaßnahmen angeordnet und Israel aufgetragen, alles zu tun, um einen Völkermord im Gazastreifen zu verhindern. Angesichts der sich verschlimmernden Lage in dem Kriegsgebiet und einer drohenden Hungersnot hatte Südafrika zusätzliche Maßnahmen verlangt. Dem entsprach das Gericht nun.

„Lebensbedingungen weiter verschlechtert“

Seit der Entscheidung vom 26. Jänner hätten sich die „katastrophalen Lebensbedingungen der Palästinenser im Gazastreifen weiter verschlechtert“, heißt es in der Entscheidung. Die Richterinnen und Richter nennen insbesondere den Hunger. Es bestehe nun nicht mehr nur das Risiko einer Hungersnot, sondern diese habe bereits eingesetzt. Das Gericht zitiert auch einen UNO-Bericht, nach dem schon mindestens 31 Menschen, darunter 27 Kinder, an Unterernährung und Austrocknung gestorben sind.

Verpflichtung zu Kooperation mit UNO

Israel müsse bei der Lieferung der Hilfsgüter eng mit den Vereinten Nationen zusammenarbeiten. Israel verweigert eine Zusammenarbeit mit dem UNO-Flüchtlingshilfswerk für Palästinenser, der UNRWA. Zu den dringend benötigten Hilfsgütern zählen die Richter auch Wasser, Strom, Kleidung sowie Zelte. Israel hatte die Vorhaltungen Südafrikas zurückgewiesen: Die Lieferungen humanitärer Hilfe würden nicht blockiert. Doch dieser Darstellung folgten die Richter nicht.

Das Gericht ermahnte Israel, dafür zu sorgen, dass Soldaten die Rechte der Palästinenserinnen und Palästinenser nicht verletzen, die als Bevölkerungsgruppe unter dem Schutz der Völkermordkonvention stünden. Dazu gehöre auch, die Lieferung dringend benötigter Hilfsgüter zu verhindern.

Massaker der Hamas als Auslöser des Kriegs

Auslöser des Gaza-Kriegs war das beispiellose Massaker mit mehr als 1.200 Toten, das Terroristen der Hamas und anderer palästinensischer Terrorgruppen am 7. Oktober vergangenen Jahres in Israel verübt hatten.

Israel reagierte mit massiven Luftangriffen und einer Bodenoffensive. Angesichts der hohen Zahl ziviler Opfer und der katastrophalen Lage im Gazastreifen steht Israel international immer stärker in der Kritik.

Erst Vorverfahren

Südafrika hatte gegen Israel vor dem IGH eine Klage eingebracht und dem Land die Verletzung der Völkermordkonvention vorgeworfen. Israel hatte die Vorwürfe entschieden zurückgewiesen. Das Hauptverfahren in dieser Sache hat noch nicht begonnen. Zunächst hatte Südafrika Sofortmaßnahmen von dem Gericht verlangt. Und die wurden nun weiter verschärft. Wann das Hauptverfahren beginnen wird, ist unklar.

Das Gericht hat zwar selbst keine Möglichkeit, die Durchsetzung seiner Entscheidungen zu erzwingen. Doch bei einem Verstoß dagegen kann der internationale Druck auf Israel noch weiter zunehmen.

Japan nimmt Zahlungen an UNRWA wieder auf

Japan bereitet unterdessen die Wiederaufnahme der Zahlungen an das UNO-Hilfswerk für palästinensische Flüchtlinge (UNRWA) vor. Japan und die UNRWA würden „die abschließende Koordinierung der notwendigen Maßnahmen zur Wiederaufnahme des japanischen Beitrags vorantreiben“, erklärte das Außenministerium in Tokio am Freitag. Japanischen Medien zufolge sollen die ersten Zahlungen in der ersten April-Hälfte erfolgen.

Japan, einst der sechstgrößte Beitragszahler des UNRWA, setzte im Jänner zusammen mit mehr als einem Dutzend weiterer Länder, darunter Österreich, die Zahlungen an das Hilfswerk aus. Grund waren Vorwürfe gegen das UNRWA, zwölf seiner Mitarbeiter seien in den beispiellosen Angriff der radikalislamischen Hamas auf Israel am 7. Oktober verstrickt gewesen. Die Vereinten Nationen haben eine interne und eine unabhängige Ermittlung wegen der Vorwürfe eingeleitet.