Der amtierende Bürgermeister von Istanbul, Ekrem Imamoglu
APA/AFP/Yasin Akgul
Trend bei Türkei-Wahlen

Opposition in Istanbul und Ankara voran

Bei den Kommunalwahlen in der Türkei zeichnen sich für die Partei von Präsident Recep Tayyip Erdogan schmerzhafte Niederlagen ab. Laut vorläufigen inoffiziellen Ergebnissen führen in Istanbul und Ankara die Kandidaten der oppositionellen CHP vor jenen der AKP.

Nach Auszählung von knapp 40 Prozent der Stimmen kam der Bürgermeister von Istanbul, Ekrem Imamoglu, auf rund 50 Prozent, während sein von Präsident Recep Tayyip Erdogan unterstützter Hauptrivale Murat Kurum bei 41,3 Prozent lag. Das berichtet die türkische Nachrichtenagentur Anadolu. „Das gegenwärtige Bild freut uns sehr“, sagte Imamoglu. Er gilt als möglicher Herausforderer Erdogans bei der nächsten Präsidentenwahl.

In der Hauptstadt Ankara erklärte sich der Amtsinhaber und CHP-Kandidat Mansur Yavas auf Basis erster Auszählungsergebnisse bereits zum Wahlsieger. Die Wahlen gelten als wichtiger Stimmungstest. Mit ersten offiziellen Ergebnissen wurde am späteren Abend gerechnet.

Inoffizielle Ergebnisse zeigten Anadolu zufolge, dass Erdogans AKP in den fünf bevölkerungsreichsten Städten, darunter Istanbul und Ankara, auf eine Niederlage zusteuerte. Demnach dürfte die AKP im Vergleich zu den Kommunalwahlen 2019 auch landesweit Stimmen verloren haben. 2019 hatte die AKP 44 Prozent der Stimmen erreicht, nach Auszählung von rund einem Drittel der Stimmen lag sie Sonntagabend mit 37 Prozent hinter der CHP mit 39 Prozent.

61 Mio. Menschen zur Wahl aufgerufen

Rund 61 Millionen Menschen in 81 Provinzen waren dazu aufgerufen, Bürgermeister, Gemeinderäte und andere Kommunalpolitiker zu wählen. Rund zehn Monate nach der Wiederwahl Erdogans wurde insbesondere mit Spannung erwartet, ob es der AKP gelingen wird, die Metropolen Istanbul und Hauptstadt Ankara zurückzugewinnen.

Der amtierende Bürgermeister von Ankara, Mansur Yavas
IMAGO/SOPA Images/Tunahan Turhan
Mansur Yavas bei der Stimmabgabe

Erdogans Aufstieg begann in Istanbul

Imamoglu hatte 2019 die Wahl in Istanbul gegen die AKP für sich entschieden. Die AKP ließ die Wahl damals annullieren. In der zweiten Runde gewann Imamoglu mit noch größerem Abstand – der Erfolg gilt als schwerster Rückschlag in Erdogans politischer Karriere. Auch in Ankara und Izmir konnten Kandidaten der CHP die Wahl für sich entscheiden.

In Istanbul hatte einst auch Erdogans politischer Aufstieg seinen Anfang genommen, als er 1994 zum Bürgermeister gewählt wurde. Erdogan sagte am Sonntag bei seiner Stimmabgabe, er hoffe, die Wahl nun werde den Beginn einer „neuen Ära“ markieren. 20 Prozent aller Stimmen werden in Istanbul abgegeben.

Die landesweite Wahl findet unter schwierigen Vorzeichen statt: Viele Menschen haben mit der hohen Inflation zu kämpfen, steigende Lebensmittelpreise und Mieten machen ihnen das Leben schwer. Viele junge Menschen würden einer Umfrage zufolge am liebsten das Land verlassen. Die Opposition, die bei der Parlaments- und Präsidentenwahl 2023 noch im Bündnis antrat, gilt als zerstritten und tritt nicht mehr geschlossen an.

Tote bei Zwischenfällen

Im Südosten des Landes überschatteten tödliche Zwischenfälle die Abstimmung. Bei gewalttätigen Auseinandersetzungen wurden zwei Menschen getötet. In der Kurdenmetropole Diyarbakir wie auch in der Provinz Siirt seien Streitigkeiten rund um die Wahl eskaliert, berichtete die Nachrichtenagentur Anadolu. In Diyarbakir wurden dabei auch elf Menschen verletzt, in Siirt vier.

Bei den Auseinandersetzungen seien die Beteiligten mit Schusswaffen, Steinen und Stöcken aufeinander losgegangen. Die prokurdische Partei DEM (vormals HDP), die im Südosten große Unterstützung hat, teilte auf Anfrage mit, den Vorfall in Diyarbakir zu prüfen.