Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) und Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP)
APA/Helmut Fohringer
BVT-Spionageverdacht

Nationaler Sicherheitsrat tagt am 9. April

Nach der Festnahme des früheren Verfassungsschützers Egisto Ott wegen Spionageverdachts beruft Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) für den 9. April den Nationalen Sicherheitsrat (NSR) ein. Die Grünen hatten am Freitag das Zusammentreten des Gremiums gefordert – dafür reicht das Verlangen einer Parlamentsfraktion. Gegen Ott wurde unterdessen die U-Haft verhängt. Laut Medienberichten soll er ein Teilgeständnis abgelegt haben.

„Es stehen Vorwürfe der Spionage gegen Egisto Ott, ehemaliger Mitarbeiter im BVT, im Raum“, schrieb Nehammer am Montag in einer Aussendung. „Diese Vorwürfe sind schwerwiegend. Zum einen müssen diese Vorwürfe nun von der Justiz aufgeklärt werden. Zum anderen bedarf es einer Beurteilung und Klärung der Sicherheitslage der Republik. Wir müssen verhindern, dass russische Spionagenetzwerke unser Land bedrohen, indem sie politische Parteien oder Netzwerke unterwandern oder instrumentalisieren.“

Der NSR sei jenes Gremium, in dem diese Fragen diskutiert werden könnten. NEOS fordert davor noch die Einberufung des Geheimdienstausschusses. Sicherheitssprecherin Stephanie Krisper kündigte in einer Aussendung außerdem zwei parlamentarische Anfragen an den Innenminister und den Außenminister an.

U-Haft über Ott verhängt

Das Wiener Landesgericht für Strafsachen hat unterdessen am Montag die U-Haft über Ott verhängt. Das gab Gerichtssprecherin Christina Salzborn auf APA-Anfrage bekannt. „Als Haftgründe wurden Verdunkelungsgefahr und Tatbegehungsgefahr angenommen“, sagte Salzborn. Der am Freitag ebenfalls festgenommene Ex-Schwiegersohn Otts wurde dagegen mangels dringenden Tatverdachts auf freien Fuß gesetzt. Die „Kronen Zeitung“ berichtete am Dienstag, Ott habe ein Teilgeständnis abgelegt.

Causa Ott: Nationaler Sicherheitsrat einberufen

Nach der Festnahme des früheren Verfassungsschützers Egisto Ott wegen Spionageverdachts beruft Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) für den 9. April den Nationalen Sicherheitsrat (NSR) ein. Die Grünen hatten am Freitag das Zusammentreten des Gremiums gefordert – dafür reicht das Verlangen einer Parlamentsfraktion. Gegen Ott wurde unterdessen die U-Haft verhängt.

Ott hat laut Salzborn bei seiner Befragung durch den Richter sämtliche gegen ihn gerichteten Vorwürfe bestritten. Gegen seine Inhaftierung legte er allerdings keine Rechtsmittel ein, der U-Haft-Beschluss ist somit rechtswirksam. Gegen den Ex-Verfassungsschützer wird seit 2017 von der Anklagebehörde unter anderem wegen Amtsmissbrauchs, geheimen Nachrichtendiensts zum Nachteil Österreichs und Verletzung des Amtsgeheimnisses ermittelt. Es gilt die Unschuldsvermutung.

Wie am Wochenende bekanntwurde, dürfte es bei der Festnahme Otts am Karfreitag und einer an seinem Kärntner Wohnsitz durchgeführten Hausdurchsuchung zunächst recht turbulent zugegangen sein. Erst als Otts ausdrücklichem Wunsch entsprochen und jeder einzelne Schritt der Sicherstellung genau protokolliert wurde, soll er „kooperiert“ haben. Nach seiner Überstellung in die Justizanstalt Josefstadt am Karsamstag soll Ott nach Informationen der APA eine Art „Hungerstreik“ angetreten haben.

Offenbar im Dienste von Marsalek und Russland

Der Festnahme vorangegangen waren jüngste Informationen, denen zufolge Ott Handyinhalte von Spitzenbeamten an russische Spione übergeben haben soll. Ott war Mitarbeiter des mittlerweile aufgelösten Bundesamts für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT). Zuletzt war er im Zusammenhang mit dem flüchtigen Ex-Wirecard-Vorstand Jan Marsalek in die Schlagzeilen geraten, dem er beim Aufbau einer Spionagezelle für Russland innerhalb des BVT behilflich gewesen sein soll.

Ott soll – gemeinsam mit dem ehemaligen BVT-Abteilungsleiter Martin Weiss – für Marsalek bzw. Russland Informationen beschafft haben, wobei er auf seine früheren Tätigkeiten als Verfassungsschützer und Polizeiattache zurückgreifen konnte. Dem deutschen Nachrichtenmagazin „Spiegel“ zufolge soll es sich um Informationen über in Europa lebende Journalisten und einen kasachischen Oppositionspolitiker gehandelt haben.

Zur Festnahme geführt hatten Hinweise aus Großbritannien, Ott habe im Sommer 2022 die gespiegelten Inhalte von Smartphones dreier (Ex-)Spitzenbeamter aus dem Innenministerium an russische Geheimdienste – mutmaßlich an den Inlandsgeheimdienst FSB – übermittelt. Bei den gestohlenen Smartphones soll es sich um die Geräte von Michael Kloibmüller, der jahrelang Kabinettschef im Innenministerium war, des nunmehrigen Bundespolizeidirektors Michael Takacs sowie von Gernot Maier, Direktor des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl, handeln.

Kanuausflug mit Folgen

Die drei Handys waren 2017 „Opfer“ eines Unfalls geworden. Bei einem Ausflug des Innenministeriums war ein Kanu gekentert, die Smartphones fielen ins Wasser. Daraufhin wurde ein IT-Techniker des Verfassungsschutzes gebeten, die Diensthandys zu reparieren.

Die Geräte landeten in weiterer Folge bei Ott. Ott soll schon im Herbst 2019 erfolglos versucht haben, sie auswerten zu lassen, sie wieder zurückbekommen und schließlich in der Wohnung seines Ex-Schwiegersohns dem russischen Geheimdienst bereitgelegt haben. Am 12. August 2022 – knapp zwei Monate nach der Übergabe der Geräte – soll dann an derselben Adresse ein von Marsalek entsandter Kurier eine nicht näher bekannte Menge an Bargeld überbracht haben – offenbar die Gegenleistung für die dem russischen Geheimdienst überlassenen Handys.

Chats aus dem Smartphone von Kloibmüller gelangten auch an die Staatsanwaltschaft und an Medien. Sie führten wegen des Verdachts der Postenkorruption zu Ermittlungen gegen Kloibmüller und Ex-Innenminister Wolfgang Sobotka, heute Nationalratspräsident, wobei das Verfahren gegen Letzteren bereits eingestellt wurde.