Rettungskräfte in Deir al-Balah, Gaza
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Luftangriff

Mehrere NGO-Mitarbeiter in Gaza getötet

Bei einem Angriff Israels im Gazastreifen sind sieben Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter einer Hilfsorganisation getötet worden, darunter mehrere aus dem Ausland. Der Angriff dürfte den internationalen Druck auf Israel für eine Feuerpause erhöhen. Auch die USA könnten den tödlichen Angriff zum Anlass nehmen, ihre Warnungen vor einer israelischen Bodenoperation in der südlichen Grenzstadt Rafah zu verschärfen.

Die NGO World Central Kitchen (WCK) habe „mehrere unserer Schwestern und Brüder verloren“, erklärte deren Leiter Jose Andres am Montag auf X (Twitter). Nach Angaben des von der Hamas kontrollierten Gesundheitsministeriums waren vier der Opfer Ausländer.

Unter den Todesopfern befinden sich laut WCK neben einem getöteten Palästinenser NGO-Mitarbeiter aus Australien, Polen, Großbritannien, Kanada und den USA. Die Mitarbeiter fuhren laut WCK in einem Konvoi von zwei gepanzerten Fahrzeugen, die mit einem WCK-Logo gekennzeichnet waren und einem weiteren Fahrzeug. Obwohl die Fahrtroute mit der israelischen Armee koordiniert worden sei, sei der Konvoi angegriffen worden, als dieser das Lagerhaus in Dir al-Balach, einer Stadt im Zentrum des Gazastreifens, verließ.

WCK: „Das ist unverzeihlich“

In einer Erklärung der Organisation hieß es, die Helfer seien getötet worden, „während sie arbeiteten, um unsere humanitäre Arbeit der Lieferung von Lebensmitteln nach Gaza zu unterstützen“. Das sei nicht nur ein Angriff auf WCK, sondern „ein Angriff auf humanitäre Organisationen, die unter schwierigsten Umständen arbeiten, dort, wo Essen als Kriegswaffe eingesetzt wird“, so WCK-Chef Erin Gore. Das sei „unverzeihlich“.

Israels Armee sprach von einem tragischen Ereignis und kündigte eine Untersuchung auf höchster Ebene an.

Starkoch: „Wahlloses Töten“ stoppen

Auch WCK-Gründer Andres – ein in den USA lebender spanischer Starkoch – übte Kritik. Er forderte die israelische Regierung auf, das „wahllose Töten“ zu stoppen. „Sie muss aufhören, humanitäre Hilfe einzuschränken, aufhören, Zivilisten und Helfer zu töten, und aufhören, Lebensmittel als Waffe einzusetzen.“ WCK kündigte an, die Arbeit vorerst auszusetzen.

World Central Kitchen betreibt im Gazastreifen zusammen mit örtlichen Partnern Gemeinschaftsküchen, die Mahlzeiten für die palästinensische Bevölkerung zubereiten. Derzeit beteiligt sich die Organisation auch an Hilfslieferungen, die seit März von Zypern aus über das Meer in das Kriegsgebiet gelangen.

Australien: „Hätte niemals passieren dürfen“

„Das ist eine Tragödie, die niemals hätte passieren dürfen“, sagte der australische Premier Anthony Albanese laut australischen Medien. Seine Regierung habe Israels Regierung wegen des Vorfalls, der „außerhalb aller vernünftigen Umstände“ geschehen sei, direkt kontaktiert.

Das Außenministerium in Canberra habe auch den israelischen Botschafter um einen Anruf gebeten. „Menschen, die humanitäre Hilfe leisten, und Zivilisten müssen geschützt werden“, betonte der Regierungschef.

Treffen zu Rafah-Offensive in kommenden Tagen

Vertreter der US-Regierung und von Israels Führung wollen voraussichtlich kommende Woche bei einem Treffen über Israels geplante Bodenoffensive in der Stadt Rafah im Gazastreifen beraten. Nach einer Videokonferenz veröffentlichte das Weiße Haus am Montag eine gemeinsame Stellungnahme, in der ein persönliches Treffen in der kommenden Woche in Aussicht gestellt wurde. Das Weiße Haus zeigte sich später zuversichtlich, dass Israel die Bedenken der USA berücksichtigen werde.

Die US-Seite habe während der Videokonferenz – die „konstruktiv“ verlaufen sei – ihre „Bedenken über verschiedene Vorgehensweisen in Rafah“ geäußert, hieß es in der Erklärung des Weißen Hauses. „Die israelische Seite erklärte sich bereit, diese Bedenken zu berücksichtigen“ und weitere Gespräche zu führen.

Los der Binnenflüchtlinge als offene Frage

Hochrangige Vertreter beider Regierungen hatten per Videoschaltung über die von Israel geplante Bodenoffensive in Rafah beraten. In der gemeinsamen Erklärung hieß es, beide Seiten verfolgten das Ziel, die islamistische Hamas in Rafah im Süden des Gazastreifens zu besiegen. Die US-Regierung hält eine großangelegte Bodenoffensive in Rafah wegen der Hunderttausenden palästinensischen Zivilisten, die dort Schutz vor den Kämpfen gesucht haben, für falsch und möchte Israel Alternativen aufzeigen.

Allerdings haben die USA Israel eine Bodenoffensive nicht verboten. Grundbedingung aus Sicht Washingtons ist aber, dass zuvor die Zivilbevölkerung in Sicherheit gebracht wird. Es würde aber wohl auch vielen Hamas-Kämpfern und Führungskadern die Flucht – im Pulk mit der Zivilbevölkerung – ermöglichen. Unklar ist bisher aber vor allem, wohin die vielen Menschen gebracht werden und wie sie versorgt werden sollen.