Schriftzug „European Elections“ vor dem EU-Parlament in Brüssel
APA/AFP/Kenzo Tribouillard
EU-Wahl

Chance auf „relativ hohe“ Beteiligung

Knapp zwei Monate vor der Europawahl liegt die Zustimmung zur EU-Mitgliedschaft in Österreichs Bevölkerung auf stabil hohem Niveau. Das zeigt eine am Donnerstag veröffentlichte Umfrage der Österreichischen Gesellschaft für Europapolitik (ÖGfE). Zudem stehen die Chancen auf eine „relativ hohe“ Wahlbeteiligung gut, so ÖGfE-Geschäftsführer Paul Schmidt.

Im Auftrag der ÖGfE wurden österreichweit 1.000 Personen befragt. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer waren zwischen 16 und 80 Jahren alt, die Umfrage ist nach ÖGfE-Angaben für Alter, Geschlecht, Region und Bildung repräsentativ. 54 Prozent der Befragten gaben an, „sicher“ an der Europawahl am 9. Juni ihre Stimme abgeben zu wollen. Ein weiteres Viertel erklärte, „eher“ teilzunehmen. Fünf Prozent schlossen eine Teilnahme aus, acht Prozent werden nach eigenen Angaben „eher nicht“ dem Wahlaufruf folgen.

„Von der Wahlbereitschaft zur Wahlbeteiligung ist es noch ein weiter Weg“, schränkt Schmidt gegenüber ORF.at ein. Die aktuellen Daten bestätigen laut dem ÖGfE-Geschäftsführer aber einen Trend, der seit Herbst Bestand hat: Bei Umfragen im September und im Jänner sagten 51 Prozent der Befragten, sicher an der Wahl teilzunehmen. Für etwas weniger als ein Drittel war die Teilnahme „eher“ vorstellbar.

Faktor FPÖ

Bei der EU-Wahl 2019 lag die Beteiligung bei 59,77 Prozent. Damals waren deutlich mehr Menschen in die Wahllokale geströmt als 2014 (45,39 Prozent). Zuzuschreiben war die Zunahme Schmidt zufolge dem damals allgegenwärtigen Thema Klimaschutz. „Die Jungen haben ältere Generationen motiviert, ihre Stimme abzugeben“, so Schmidt.

Der Fokus auf das Klimathema erkläre auch das starke Abschneiden der Grünen, die vor fünf Jahren auf über 14 Prozent kamen. Platz eins holte damals die ÖVP (knapp 34,6 Prozent), dahinter reihten sich SPÖ mit circa 24 Prozent und FPÖ mit etwas über 17 Prozent ein. Auf NEOS entfielen knapp über 8,4 Prozent der Stimmen.

Ein ähnlich starkes Einzelthema ist heuer nicht in Sicht. Dafür könnte Schmidt zufolge in Sachen Wahlbeteiligung ein anderer Faktor tragend werden. „Die Bereitschaft der FPÖ-Wählerinnen und -Wähler zur Stimmabgabe scheint heuer höher zu sein als vor fünf Jahren“, sagt er. In Umfragen liegen die Freiheitlichen aktuell auf Platz eins.

EU-Wahl kann Innenpolitik „nicht egal sein“

Ob die FPÖ ihre Wählerinnen und Wähler letztlich so stark mobilisieren könne, werde sich zwar erst bei der Wahl zeigen. Die starken Umfrageergebnisse der FPÖ „könnten aber die anderen Parteien motivieren, mehr zu laufen, um ein mögliches Debakel zu vermeiden“, so Schmidt – was wiederum einen positiven Effekt auf die Wahlbeteiligung haben könnte.

Knapp zwei von drei Befragten nannten als Wahlmotiv, jener Partei den Rücken stärken zu wollen, die sie auch bei der Nationalratswahl wählen würden. Für Schmidt macht dieses Ergebnis deutlich, „dass es der Innenpolitik nicht egal sein kann, wie die Europawahlen ausgehen“.

Zustimmung zu EU-Mitgliedschaft stabil

Stabil auf hohem Niveau bewegt sich die Zustimmung der Bevölkerung zur EU-Mitgliedschaft, 65 Prozent der Befragten befürworten diese. Die Zahl der Personen, die für einen EU-Austritt sind, sank auf 23 Prozent – das ist der niedrigste Wert seit zwei Jahren.

„Eine sich abflachende Inflationsentwicklung, rückläufige Migrationszahlen ebenso wie der Auftakt zu einer intensiveren Europadebatte zeigen erste Wirkung“, sagt Schmidt zu den Umfrageergebnissen. In den nächsten zwei Monaten werde die öffentliche Auseinandersetzung in Europa weiter an Fahrt aufnehmen, was die Wahlbeteiligung stärken könnte.

Berücksichtige man alle 70 Umfragen seit 1995, liegt die Zahl der Befürworterinnen und Befürworter der österreichischen EU-Mitgliedschaft laut ÖGfE im Durchschnitt bei 70 Prozent. 22 Prozent präferierten den Abschied von Brüssel.

Mehrheit für Direktwahl

Dass das EU-Parlament von den Menschen in den Mitgliedsländern direkt gewählt wird, ist acht von zehn Befragten sehr oder eher wichtig. „Ich gehe zur Wahl, weil ich von meinem demokratischen Recht zu wählen immer Gebrauch machen möchte“ – dieses Motiv wird von insgesamt 95 Prozent jener, die „sicher“ oder „eher“ an den Europawahlen teilnehmen werden, als „sehr wichtig“ (75 Prozent) bzw. „wichtig“ (20 Prozent) genannt.

An zweiter Stelle der Wahlmotivation steht laut Umfrage der Wunsch, dass Österreich in der EU gut vertreten ist (86 Prozent „sehr/eher wichtig“). 74 Prozent wollen wählen, weil sie glauben, dass „das Europäische Parlament eine wichtige Institution in der EU ist“. Dass die Teilnahme an demokratischen Prozessen in Österreich „in hohem Maße geschätzt“ werde, sei „ermutigend“, so Schmidt.

Digitaler Wahlkartenantrag

Wer bei der EU-Wahl am 9. Juni die Stimme ortsunabhängig oder per Briefwahl abgeben möchte, muss im Vorfeld der Wahl eine Wahlkarte beantragen. Seit Mittwoch ist die Beantragung auch digital möglich, über die Handy-App Digitales Amt oder online über das Webportal oesterreich.gv.at, jeweils in Verbindung mit der ID Austria. Auch über das Portal wahlkartenantrag.at kann ein Antrag gestellt werden, sofern die Heimatgemeinde an diesem Service teilnimmt.

Neben der digitalen Antragstellung bleibt die Möglichkeit zur Beantragung über die Gemeinde weiterhin bestehen. Diese kann persönlich, schriftlich, per Postweg oder E-Mail erfolgen. Eine Wahlkarte ist sowohl für die Wahl mit einer Wahlkarte in einem „fremden“ Wahllokal (abseits des eigenen Wahllokals in der Heimatgemeinde) als auch für die Briefwahl nötig. Die Frist für die Onlinebeantragung endet in der Nacht von 4. auf 5. Juni.