Fahnen vor dem NATO Hauptquartier in Brüssel
AP/Virginia Mayo
NATO

„Mission Ukraine“ soll mehr Hilfe bringen

Die NATO-Staaten wollen die militärische Unterstützung für die Ukraine auf neue Beine stellen. Mehr, schneller und verlässlicher soll diese künftig sein, das ist in den Worten von NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg das Ziel. Die Außenminister und Außenministerinnen der 32 Mitglieder der westlichen Verteidigungsallianz beraten darüber am Mittwoch und Donnerstag in Brüssel. Gefeiert wird auch ein bisschen – der 75er: Die Allianz besteht seit 4. April 1949.

„Wir brauchen mehr Geld, wir brauchen neues Geld und wir brauchen es für viele Jahre“, sagte NATO-Generalsekretär Stoltenberg zu Beginn des aktuellen Ministertreffens in Brüssel. Über die genauen Rahmenbedingungen werde man jetzt diskutieren. Die Lage in der Ukraine sei ernst, stellte Stoltenberg sofort klar, Russland stoße vor, versuche, den Krieg zu gewinnen und den Westen vorzuführen.

Stoltenberg schlägt Hilfsgelder von 100 Mrd. Euro über fünf Jahre vor. Der Finanzierungsrahmen soll die Planbarkeit im Krieg erhöhen, von der Beschaffung, Lieferung und Einsetzbarkeit von Rüstungsgütern und Munition bis zur Ausbildung ukrainischer Soldaten. Die Ukraine soll nicht wie teilweise bisher von Woche zu Woche auf Versprechungen und Hoffen angewiesen sein.

NATO-Generalsekretär für Beitritt der Ukraine

Die Ukraine soll Mitglied der NATO werden – dafür hat sich am Mittwoch NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg ausgesprochen. Dafür muss das Land jedoch zunächst den Krieg gegen Russland gewinnen. Das sollen 100 Milliarden Euro für die Ukraine ermöglichen, die auf dem NATO-Treffen in Brüssel am Mittwoch in den kommenden fünf Jahren auf den Weg gebracht werden sollen.

Aus Ramstein wird NATO – Militärhilfe aus einer Hand

Ein weiterer Vorschlag geht dahin, die militärische Hilfe künftig unter dem Dach der NATO zu organisieren. Das bis jetzt bestehende Ramstein-Format, das die NATO-Staaten und andere Unterstützerländer außerhalb des Militärbündnisses mehr oder weniger regelmäßig auf dem US-Luftwaffenstützpunkt Ramstein in Deutschland zusammengebracht hat, würde abgelöst.

Was manche für das Verschieben einer Grenze halten, die die NATO bisher von einer direkten Kriegsbeteiligung entfernt gehalten hat, ist für andere nur eine konsequente Entwicklung in einem von Russland brutal geführten Krieg.

Zerstörtes Wohnhaus in der Ukraine
AP/Vadim Ghirda
Eines von unzähligen zerstörten Wohnhäusern in der Ukraine

Die ersten Reaktionen auf die Vorschläge sind eine Mischung aus Zustimmung und Abwarten. Die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock meinte, es sei „klar, dass wir weitere Zahlungen leisten müssen“. Aber sie halte es „nicht für sinnvoll“, mit Zahlen in dieser Größenordnung „zu jonglieren“. Die belgische Außenministerin Hadja Lahbib äußerte sich ebenfalls zurückhaltend. Die Vertreter Polens und der baltischen Länder unterstützten Stoltenberg. Die Regierung in Moskau sah indes sämtliche Kanäle zum Dialog mit der NATO auf einem kritischen Nullniveau angekommen.

Kein NATO-Treffen ohne Gedanken an Donald Trump

Hinter dem Vorstoß für einen neuen 100-Milliarden-Fonds steckt auch die Hoffnung einer besseren Planbarkeit des Krieges, seines Verlaufs und – im Weiteren – auch der Zukunft des Bündnisses. Der NATO-Generalsekretär ließ heute keinen Zweifel aufkommen, dass er die Ukraine als künftiges Mitglied sehe. Das sei „nur mehr eine Frage des wann“, sagte Stoltenberg. Infrage kommt eine Mitgliedschaft allerdings erst nach Kriegsende. US-Außenminister Anthony Blinken hat das gerade wiederholt.

In jedem Fall braucht die Ukraine Unterstützung, und da kommen Diplomaten Donald Trump und Zweifel an der Berechenbarkeit der Zukunft in den Sinn. Trump könnte die Präsidentenwahl in den USA gewinnen und alles infrage stellen, was nicht niet- und nagelfest sei. Ein gut dotierter und so aufgeteilter Fonds, dass sich nicht sofort eine gehässige Diskussion über eine Überstrapazierung des US-Haushaltes aufdrängt, wäre hilfreich. Blinken rief die europäischen Verbündeten heute vorsorglich zu einer größeren finanziellen Beteiligung auf.

Treffen der NATO Außenminister in Brüssel
APA/AFP/Kenzo Tribouillard
In Brüssel wird über die Zukunft diskutiert, in Washington entschieden

Entscheidung fällt beim NATO-Gipfel im Sommer

Das Treffen in Brüssel dient allerdings nur einer ersten Diskussion. Die Entscheidung soll im Juli in Washington fallen, wenn die führenden Politiker und Politikerinnen zusammenkommen. Bis dahin sollte auch geklärt sein, wer Stoltenberg als Generalsekretär der NATO nachfolgt. Favorit ist Mark Rutte, der Ministerpräsident der Niederlande, er hat aber nicht alle Regierungen hinter sich. Ungarn, genauer Viktor Orban, hat Vorbehalte.

Schaidreiter (ORF): „Motivationshilfe für Ukraine“

Das Beitrittsversprechen von NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg sei in erster Linie als Motivationshilfe für die Ukraine zu verstehen, denn solange der Krieg dauere, könne die Ukraine in dieser Form nicht NATO-Mitglied werden, erläutert ORF-Korrespondentin Raffaela Schaidreiter in Brüssel.

In Washington soll das 75-jährige Bestehen der westlichen Militärallianz dann auch mit Pomp und Trara gefeiert werden. Aus zwölf Mitgliedern sind seit 1949 32 geworden. Die Herausforderungen sind trotzdem enorm. In Europa wird Krieg geführt, Russland steht auf der anderen Seite und könnte den Krieg gewinnen, weil die USA und Europa bei der Unterstützung der Ukraine immer wieder zögern.