Justizministerin Alma Zadic (Grüne)
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Spionageparagraf

Zadic kündigt Verschärfung an

Vor dem Hintergrund der Spionageaffäre um den ehemaligen Verfassungsschützer Egisto Ott hat Justizministerin Alma Zadic (Grüne) am Donnerstag eine Verschärfung des entsprechenden Gesetzesparagrafen angekündigt. Die ÖVP unterstützt das Ansinnen grundsätzlich, stellt allerdings Forderungen. Der „Falter“ veröffentlichte indes weitere Details zu den Vorwürfen gegen Ott.

Künftig soll Spionage von ausländischen Nachrichtendiensten hierzulande nicht nur dann strafbar sein, wenn sie sich gegen österreichische Interessen richtet, sondern auch, wenn andere Staaten oder internationale Organisationen ausgekundschaftet werden, hieß es aus dem Justizministerium.

Justizministerin Zadic sprach gegenüber dem Ö1-Morgenjournal von „Lücken“, die man schließen müsse. „Wir müssen darauf achten, dass alle Spionageaktivitäten in Österreich strafbar sind, egal gegen wen sie sich richten“, so Zadic weiter. Ein entsprechender Entwurf sei bereits in Ausarbeitung. Sie gehe von einem raschen Beschluss aus. Die aktuellen Nachrichten führten vor Augen, dass „diese strafrechtlichen Lücken geschlossen werden müssen“, so die Ministerin.

Schon länger Kritik an bestehender Regelung

Derzeit bestimmt der Paragraf 256 des Strafgesetzbuchs, dass „wer zum Nachteil der Republik Österreich einen geheimen Nachrichtendienst einrichtet oder betreibt oder einen solchen Nachrichtendienst wie immer unterstützt, mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren zu bestrafen ist“. Diese Regelung steht schon seit Längerem in der Kritik.

In Wien haben zahlreiche internationale Organisationen wie die UNO, die OSZE oder die OPEC ihren Sitz, dazu kommen viele diplomatische Vertretungen. Gleichzeitig gilt Österreich aufgrund der derzeitigen Rechtslage als relativ sicherer „Arbeitsort“ ausländischer Nachrichten- und Geheimdienste.

Strafbar ist derzeit hierzulande nur, wer etwa ein österreichisches Ministerium ausspioniert, nicht dagegen jemand, der das bei der UNO tut. Eine Ausnahme gibt es nur für militärische Nachrichtendienste – diese sind generell verboten. Allerdings definiert sich nicht einmal der russische Inlandsgeheimdienst FSB als ein solcher.

Karner stellt Forderung

Grundsätzliche Zustimmung zu Zadics Vorstoß kam vom Koalitionspartner. Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) hielt gegenüber Ö1 eine „Strafverschärfung“ im Bereich der Spionage für „durchaus notwendig“. Der Innenminister verknüpft die Zustimmung allerdings mit einer Forderung, die die Grünen bisher abgelehnt haben.

Causa Ott: Wien als Hotspot für Spionage

Die Leiterin der ZIB-Investigativredaktion, Ulla Kramar-Schmid, spricht unter anderem über den Fall Egisto Ott und warum Wien ein Hotspot für Spionage ist.

Die Behörden sollen künftig auch Telefonate abhören dürfen, die über Messenger-Dienste geführt werden. Karner forderte einen „internationalen Standard“, wonach auch „moderne Kommunikationsformen von der Polizei nach richterlicher Anordnung überwacht werden können“, so Karner. Von einer Bedingung wollte der Minister aber nicht sprechen: „Nicht junktimieren, aber ein Gesamtpaket, das ist das Ziel“, so Karner.

ÖVP-Generalsekretär Christian Stocker sprach sich in einer Pressekonferenz ebenfalls für eine Verschärfung aus, verwies aber darauf, dass andere europäische Staaten deutlich mehr Möglichkeiten für Ermittlungen hätten. Es sei nun die Aufgabe, eine Lösung für eine Ausweitung der Überwachung zu finden, die auch rechtskonform sei.

Opposition für Verschärfung

Vertreterinnen und Vertreter der Oppositionsparteien äußerten sich gegenüber Ö1 ebenfalls positiv. SPÖ-Justizsprecherin Selma Yildirim sprach sich für eine Erweiterung des Paragrafen 256 aus. Für den FPÖ-Abgeordneten Harald Stefan ist auch ein höheres Strafmaß vorstellbar.

Spionagecausa schlägt Wellen

Der ehemalige Verfassungsschützer Egisto Ott soll für Russland spioniert haben. Das geht aus der Anordnung zur Festnahme von Ott durch die Staatsanwaltschaft hervor.

NEOS-Mandatarin Stefanie Krisper verwies darauf, dass sogar Spionage gegen die Interessen von Österreichs EU-Nachbarländern nicht strafbar sei; das müsse sich ändern. „Selbstverständlich“ brauche es eine Verschärfung des Strafrechts, sagte auch NEOS-Chefin Beate Meinl-Reisinger. Für die nächste Nationalratssitzung kündigte Meinl-Reisinger entsprechende Anträge ihrer Partei an.

Festnahmeanordnung öffentlich geworden

Der „Falter“ berichtete Mittwochabend indes über neue Details zu den Vorwürfen gegen Ott, den mittlerweile festgenommenen Ex-Agenten des Bundesamts für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT). Laut Haftbefehl habe dieser „systematisch nicht für die Öffentlichkeit bestimmte geheime Tatsachen und Erkenntnisse sowie personenbezogene Daten aus polizeilichen Datenbanken zum Zweck der Übermittlung an (das ehemalige Wirecard-Vorstandsmitglied, Anm.) Jan Marsalek und an unbekannte Vertreter der russischen Behörden gesammelt“.

Unter dem Vorwand, Extremisten zu beobachten, habe Ott in Wahrheit im Auftrag Russlands Regimegegner ausspioniert, die in Europa Schutz suchten, so die Staatsanwaltschaft. In der 86-seitigen Festnahmeanordnung wird laut „Falter“ das Beispiel eines ehemaligen FSB-Agenten genannt, der mit seiner Familie aus Russland geflüchtet war und in Montenegro Asyl erhalten hatte. Für die Jagd nach dem Ex-Agenten habe Ott „wissentlich seine hoheitliche Befugnis (missbraucht)“, so die Staatsanwaltschaft laut „Falter“.

Auf Otts Handy wurde laut dem Magazin die Formel für das Nervengift Nowitschok gefunden. Ebenfalls entdeckt worden sei eine „Fehleranalyse und Verbesserungsvorschläge“, wie man eine „reibungslose Abwicklung von Attentaten“ auf Kritikerinnen und Kritiker des russischen Präsidenten Wladimir Putin „gewährleisten könne“, etwa beim „Tiergartenmord“ in Berlin, bei dem die Attentäter festgenommen wurden. Ott habe sich damit gerechtfertigt, dass das „nur Spielereien“ gewesen seien, so der „Falter“.

Ex-BVT-Chef weist Vorwürfe zurück

Der vormalige BVT-Leiter Peter Gridling wies Vorwürfe im Zusammenhang mit der mutmaßlichen Spionagetätigkeit seines ehemaligen Mitarbeiters Ott zurück. Gridling betonte Mittwochabend in der ZIB2, dass man schon bei den ersten Verdachtsmomenten reagiert habe.

Gridling: Frühe Reaktion im Fall Ott

Der vormalige Leiter des Bundesamts für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT), Peter Gridling, weist Vorwürfe in der Causa Egisto Ott zurück. Man habe bereits bei den ersten Verdachtsmomenten reagiert, damals sei das Substrat aber noch „sehr dünn“ gewesen.

Damals, 2017, sei das Substrat aber noch „sehr dünn“ gewesen. Immerhin habe es Belege gegeben, dass Ott klassifizierte Dokumente auf seinen privaten Account überspielt habe. Damit sei eine neuerliche Sicherheitsprüfung möglich gewesen, in deren Folge Ott nicht mehr für das BVT tätig habe sein können. Das bedeute, dass man im ersten belastbaren Moment Konsequenzen gezogen und Ott entfernt habe, so Gridling in der ZIB2.